Bewertung

Review: #17.01 Eine neue Welt

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Mit #17.01 All Tomorrow's Parties startet "Grey's Anatomy - Die jungen Ärzte" in eine Staffel, die wohl mehr denn je von der Realität beeinflusst werden wird. Es ist das Leben, das Geschichten schreibt, im wahrsten Sinne des Wortes. "Grey's Anatomy" ist die erste Serie, von der ich in dieser Season neue Folgen gesehen habe und durch Vorberichte wusste ich auch schon, dass die Corona-Pandemie einen Schwerpunkt bilden wird. Trotzdem war es ungewohnt, diese Bilder zu sehen. Auf der einen Seite bin ich inzwischen so an den neuen Alltag mit Maske und Abstand gewöhnt, dass ich mich beim Anschauen von Filmen und Serien eher umgekehrt für einem Moment wundere, wieso alle so nah beisammenstehen. Andererseits ist es auch ein merkwürdiges Gefühl, dass die Pandemie nun auch ihren Weg in die fiktionalen Welten gefunden hat. Fast schon ein wenig surreal, wenn man bedenkt, dass es normalerweise immer die typischen "Grey's Anatomy"-Katastrophenfolgen waren, in denen es zu einem großen Unglück, einer Schießerei oder was auch immer kam und man jetzt in diesem Fall eben genau diese Ausnahmesituation selbst erlebt.

Ausnahmezustand

Die Serie hat schon verschiedene Thematiken des echten Lebens aufgegriffen und überzeugend erzählt. Hier macht die Pandemie keine Ausnahme. Ähnlich wie bei einer Pilotfolge werden wir zusammen mit Richard durch das neue Grey + Sloan Memorial Hospital geführt, das einmal in seiner Struktur komplett umgekrempelt wurde, um sich den aktuellen Umständen anzupassen. Die Chirurgen werden überall eingeteilt, Fachgebiete treten in den Hintergrund, die Aufnahme und der Wartebereich werden nach draußen verlagert und das Krankenhaus größtenteils abgeriegelt. Dabei ist es wohl hauptsächlich Baileys Organisationstalent zu verdanken, dass nicht alles im Chaos versinkt. Denn Chaos, davon gibt es mehr als genug. Hier konnten sich die Writer einfach an dem bedienen, was wir im Laufe der letzten Monate durch die Nachrichten mitbekommen haben: Fehlendes Schutzmaterial für das Krankenhauspersonal, falsche Bestellungen, Ärzte und Pfleger, die am absoluten Limit sind. Dies zeigt die Serie recht schonungslos auf. Der kleine Zeitsprung war gut gewählt, denn so konnte sich schon so etwas wie eine erste Routine etablieren, man bekommt die Vorgänge im Krankenhaus zu sehen und vor allem auch Charaktere, die nun schon länger mit COVID zu tun haben und dementsprechend dadurch geprägt sind. Die Charaktere sind am Rande ihrer Belastungsgrenze und so sehen wir mit Levi, Meredith und Koracick bereits einige, die am Verzweifeln sind.

"It's genius." – "Yeah, I am one, how did you forget that?"

Richard ist zurück und bereit, wieder als Arzt durchzustarten – der Mann ist aber auch einfach unverwüstlich. Mir soll's recht sein, was ist denn "Grey's Anatomy" ohne Richard Webber? So bekommt er erst einmal die VIP-Tour mit Bailey. Anfangs dachte ich noch, ihre deutlichen Worte bezüglich der neuen Regelungen im Krankenhaus wären Richards Tendenz geschuldet, sich gerne mal über neue Regeln hinwegzusetzen. Das hat man ja beispielsweise bei der Aktion mit der Mutter gemerkt, die er zu ihrem Sohn geschmuggelt hat (menschlich absolut verständlich, aber vom Sicherheitskonzept her leider nicht). Am Ende stellt sich aber heraus, dass die Sorge um ihn aus ihr spricht. Immerhin hat er gerade erneut eine Erkrankung überstanden und gehört nicht nur zu einer Risikogruppe. Doch das hält Richard, der das Krankenhaus seine einzige funktionierende Beziehung nennt, nicht auf. Recht passend, wenn man sein Leben betrachtet. Es war doch immer die Medizin, die seine Beziehungen auf die ein oder andere Art und Weise in die Brüche gehen ließ.

"All we're asking you to do is fight as hard for yourself as you do everybody else."

Eine der großen Storylines der letzten Staffel war Andrews bipolare Störung. Durch einige Flashbacks sehen wir, wie es damals weiterging und gleichzeitig auch, wo Andrew gerade steht. Sein großer Zusammenbruch stand in enger Verbindung mit seiner Patientin Cindy, deren Handlungsstrang nun auch wieder aufgegriffen wurde. Denn obwohl ihm damals keiner geglaubt hat, hatte Andrew recht und Cindy wurde entführt. Die Geschichte, die sie erzählt, kennt man. Ein junges Mädchen, das von einem angeblichen Fotografen wegen einer möglichen Modelkarriere angesprochen wird. Immerhin hat diese hier ein Happy End und Cindy bzw. Erins Familie kann gefunden werden. Doch dieser kleine Sieg allein kann Andrew nicht helfen, was wieder unglaublich ergreifend von Giacomo Gianniotti dargestellt wurde, der es problemlos schafft, dass man schrecklich mit Andrew mitfühlen muss. Die Intervention, die für ihn gestartet wurde, hat aber gezeigt, dass er nicht allein ist. Carina ist für ihn da, was hoffentlich auch bedeutet, dass wir sie öfters zu sehen bekommen werden. Merediths Rolle in dem Ganzen ist nach wie vor ein wenig undurchsichtig. Auch sie steht Andrew zur Seite, aber ob nun als Freundin oder als eine Freundin – das bleibt offen. Und auch Richard und Bailey ist daran gelegen, Andrew nicht zu verlieren, ist er doch ein vielversprechender Arzt. Ihr Handeln hat Wirkung gezeigt, denn im Heute scheint es Andrew um einiges besser zu gehen. Er kann wieder arbeiten, hat seine geregelten Abläufe und Menschen, die ihn im Auge behalten. Er ist wohl auf dem richtigen Weg, was mich sehr für ihn freut.

Jo & Jackson

Jo und Jackson haben mir mit ihrem kurzen Flashback einen ordentlichen Schrecken eingejagt. Eine Kussszene? Woher kommt das denn bitte auf einmal? Zum Glück wurde das Ganze noch recht harmlos aufgelöst. Etwas merkwürdig war die Geschichte aber schon. Okay, Jo möchte einen Neuanfang und endlich mit ihrer Vergangenheit abschließen. Dass sie das mit jemandem tun möchte, dem sie vertraut, macht auch noch Sinn. Aber ein spontaner One-Night-Stand mit Jackson? Noch dazu vorher geplant, wie bei einem Meeting? Es wäre etwas anderes gewesen, hätten die beiden sich auf einen Drink getroffen und wären am Schluss gemeinsam im Bett gelandet. So war das aber einfach nur komisch und erzwungen. Die Szene bei Jackson zuhause war so peinlich, dass es schon fast wieder lustig war – wohl auch der Hauptzweck der ganzen Storyline. Immerhin haben die beiden die ganze Sache aus der Welt geschafft, ohne größere Folgen. Trotzdem war das Ganze einfach nur unnötig und ich werde es sofort vergessen. Die Serie hoffentlich auch.

Randnotizen:

  • Durch den vermehrten Einsatz von Videocalls kann man jetzt wunderbar Winston als Maggies Love Interest einführen, ohne dass es komisch wirkt. Ein kleiner Vorteil der Distanzregelungen. Die beiden gefallen mir richtig gut zusammen.
  • Wir haben Harriett mal wieder zu sehen bekommen!
  • Wieder wird Levi recht brüsk von Nico abgewiesen. Hoffentlich wird diese Geschichte bald mal aufgelöst – entweder, indem die beiden endgültig getrennte Wege gehen, oder zueinander finden. So ist es einfach nur fies für Levi und nervig für uns.

Fazit

Während man bereits einen kleinen Einblick in einige der Haupthandlungsstränge bekommen hat, wird der Großteil der Episode dafür verwendet, die neue Struktur der Serie mit ihrem Fokus auf dem Pandemiegeschehen einzuführen. Gerade bei einer Krankenhausserie kommt man wohl fast nicht darum herum, Corona zum Schwerpunkt zu machen. Gleichzeitig bin ich gespannt, ob man es schafft, auch noch altbewährte Patientenfälle und die Vielfalt der verschiedenen Fachgebiete und chirurgischen Eingriffe unterzubringen, die man bisher gewöhnt war. Denn die leere OP-Tafel war schon tragisch anzusehen. Vielleicht ist aber gerade auch das die Gelegenheit, den Charakteren und ihren Beziehungen wieder eine größere Plattform zu bieten. In der letzten Staffel gab es da ja einige Krisenherde. Auf jeden Fall bin ich gespannt auf diese neue Version der Serie.

Denise D. -myFanbase

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