Bewertung

Review: #10.07 Nervenkitzel

Die Serie "Grey's Anatomy" geht nicht unbedingt verschwenderisch mit Halloween um. Bis dato gab es erst eine Folge, die den gruseligsten Feiertag der Welt in den Fokus rückte: #4.05 Asche zu Asche. Nun, sechs Jahre später, ist es endlich mal wieder soweit und "Grey's Anatomy" widmet sich eine ganze Episode lang dem auch außerhalb der USA beliebten Halloween-Fest. Da die Fans so lange darauf warten mussten, bekommen sie auch durchaus etwas geboten, vom Zombie-esken Patienten, der Gesichter verspeist und sich nicht totschießen lässt, über ein unschuldiges Mädchen, das beinahe zu Tode erschreckt wird, bis hin zu Maden-zerfressenen Gliedmaßen. Neben den schaurigen Fällen setzen sich die bekannten Entwicklungen fort und haben mitunter auch eine erschreckende Note.

(Un)Locker

Für viele Fans besteht der größte Horror dieser Folge darin, Arizona und Leah zusammen im Bett zu sehen. An diese Paarung, an die vor dieser Staffel garantiert niemand gedacht hat, muss man sich erst einmal gewöhnen. Vor allem fragt man sich, wo das hinführen soll. Leah versucht krampfhaft, den Eindruck zu erwecken, dass sie die Romanze locker sieht, während sie in Wahrheit ja eher der Typ Klammeraffe ist, der die ganze Hand umschlingt, wenn man ihr den kleinen Finger reicht. Arizona wiederum sendet widersprüchliche Signale aus. Sie will einerseits, dass sich Leah nicht zu sehr in die Sache hineinsteigert, aber ganz so locker, wie Leah sich gibt, muss sie Arizonas Ansicht nach dann doch nicht sein. Kann aus dieser seltsamen, unerwarteten und undurchsichtigen Liaison wirklich etwas Ernsthaftes werden?

Leah ist bisher nicht gerade als die Sympathieträgerin schlechthin in Erscheinung getreten. Zu Beginn der neunten Staffel war sie auf die Rolle des Gruppen-Miststücks festgelegt und wirkte zumeist missgünstig und feindselig. Später konnte sie sich in einigen Momenten bewähren und andeuten, dass sie vielschichtiger ist, als es zunächst schien, aber eine richtige Verbindung hat man als Zuschauer noch nicht zu ihr. Man hält es zwar nicht mehr für undenkbar, sie irgendwann zu mögen, tut es aber eigentlich noch nicht. Was Arizona betrifft, würde man sich doch eher wünschen, dass sie ihre Wutprobleme wegen ihrer Beinamputation in den Griff bekommt und ihren Ehebruch aufarbeitet, statt sich mit einer jüngeren Kollegin einzulassen, die offensichtlich emotional alles andere als stabil und reif ist. Bevor ich mich jedoch a lá Leah zu sehr auf dieses Thema schmeiße, warte ich lieber noch die nächsten Episoden ab.

Enttäuscht

Eigentlich hatte ich nach dem Finale der neunten Staffel gehofft, dass für Dr. Bailey wieder eine bessere Zeit anbricht und sie nicht mehr so viel Negativität verbreitet, doch damit habe ich mich leider geirrt. Als Webbers behandelnde Ärztin wirkt sie völlig gestresst und verspannt. Sie würde die Assistenzärzte am liebsten nicht einmal in seine Nähe lassen und sieht dabei nicht, wie wichtig es für Webber ist, den jungen Ärzten wenigstens als "Übungspatient" etwas beibringen zu können. Von Webber war ich zuletzt ja auch nicht unbedingt begeistert, doch er entschuldigt sich nun wenigstens bei Meredith für seine harten Worte von vor ein paar Wochen und zeigt wieder, dass in ihm immer noch der Papa-Bär steckt, der den Jüngeren mit Rat und Tat zur Seite steht und sie fördert. Von Baileys besten Eigenschaften - ihrer liebevollen Strenge, ihrem Gespür für die richtigen Worte, ihrem Sinn für Gerechtigkeit und ihrem trockenen Humor -, sieht man hingegen viel zu wenig.

Ihre Reaktion auf Bens Geständnis, seine chirurgische Assistenzarztstelle geschmissen zu haben, ist besonders hart. Man kann Verständnis dafür haben, dass sie erst einmal geschockt über diese völlig unerwartete Neuigkeit ist, aber ihre verletzenden und ablehnenden Worte hat Ben wirklich nicht verdient. Er hat sich immer so wunderbar um Bailey bemüht und stets mit viel Geduld und Verständnis darauf reagiert, dass sie oft ihren Beruf über ihr Privatleben stellt. Nun stellt er umgekehrt sein Privatleben über seinen Beruf und bekommt von ihr nicht die gleiche Unterstützung zurück. Das finde ich sehr schade. Ist es für Bailey wirklich so problematisch, dass ihr Mann lieber bei seiner Familie sein will, als ein hochklassiger Chirurg zu werden? Empfindet sie ihn als Versager? Diesen Eindruck kann man tatsächlich gewinnen.

Entzweit

Noch schmerzvoller als Baileys und Bens Probleme oder Arizonas und Callies im Scherben liegende Ehe ist für mich die Entzweiung von Meredith und Cristina. Die Freundschaft der beiden war immer eine Säule der Serie, ein Licht auch in den trüben Phasen, die "Grey's Anatomy" so manches Mal hatte. Es gab freilich auch in der Vergangenheit schon Konflikte zwischen den beiden, die sich über mehrere Folgen hingezogen haben, aber diesmal fühlt es sich ernster und endgültiger an, nicht zuletzt aufgrund von Sandra Ohs bekanntem Entschluss, die Serie nach der zehnten Staffel zu verlassen. Man wird das Gefühl nicht los, dass bereits der Abgesang auf die einstigen Twisted Sisters begonnen hat. Ich würde mich in diesem Punkt natürlich gerne irren.

Den Grund für die Entzweiung von Meredith und Cristina kann man nicht als aus der Luft gegriffen bezeichnen. Meredith ist verheiratet und Mutter zweier Kinder, während Cristina sich zugunsten ihrer Karriere klar gegen Kinder entschieden und deswegen auch ihre Ehe mit Owen beendet hat. Die beiden Frauen stehen an sehr gegensätzlichen Punkten und sehen, wenn sie die andere betrachten, das Leben, gegen das sie sich entschieden haben. Cristina sieht bei Meredith, wie es ist eine eigene Familie zu haben, und Meredith beobachtet bei Cristina, was es heißt, ohne Kompromisse auf das Ziel konzentriert zu sein, eine der besten Chirurginnen der Welt zu werden. Andererseits hatten Meredith und Cristina diese Probleme nach Zolas Adoption noch nicht. Vielmehr konnten sie sich da ganz gut arrangieren, mit Meredith als Mutter und Cristina als cooler Patentante. Ändert ein zweites Kind wirklich so viel? Oder hat es etwas damit zu tun, dass Meredith nun ein Kind geboren hat? Man kann nur hoffen, dass, wie auch immer es zwischen Meredith und Cristina in den kommenden Folgen weitergeht, wir eine würdevolle und plausible Entwicklung dieser wunderbaren Freundschaft, die Fernsehgeschichte geschrieben hat, erleben.

Maret Hosemann - myFanbase

Die Serie "Grey's Anatomy - Die jungen Ärzte" ansehen:


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