Bewertung

Review: #3.19 Wurzel des Bösen

Foto: Adrian Pasdar, Heroes - Copyright: 2010 Universal Pictures
Adrian Pasdar, Heroes
© 2010 Universal Pictures

Der englische Titel dieser Episode lässt den geneigten "Heroes"-Zuschauer ja schon von vornherein hoffen, dass man sich auf etwas Tolles gefasst machen kann. #3.19 Wurzel des Bösen (Shades of Gray), das verspricht Entwicklungen rund um die zwei besten Charaktere der Show, nämlich Sylar (aka Gabriel Gray) und Noah Bennet (aka Mr. "I'm comfortable with morally gray"). Tatsächlich entpuppt sich die Folge als eine der bislang besten der dritten Staffel und ist alles andere als grau und öde: Sie ist packend, innovativ und unterhaltsam, und es hat nicht mehr viel gefehlt, um sie gar in den 9er-Punktebereich zu heben.

"Son kills his father? Epic battle?"

Die zentrale Storyline dreht sich, ganz wie der Titel verspricht, um Sylar und Samson Gray. Doch alle, die mit einem epischen Kampf zwischen zwei Superhelden gerechnet haben, bei denen Elektroblitze durch die Luft schießen und Atompilze in den Himmel steigen, die haben sich getäuscht. Epischer Kampf? Pustekuchen. Daddy Gray hat nämlich Krebs und ist ein pathetischer, alter Kettenraucher, der daheim rumsitzt, Tiere ausstopft und darauf wartet, endlich zu sterben.

Die äußeren Bedingungen stimmen alle hundertprozentig: Das Set ist außerordentlich. Die zerfallene Hütte, die ausgestopften Tiere, die Plastikabdeckungen – ein unglaublich atmosphärischer und düsterer Ort. Genauso außerordentlich ist John Glover, der die anspruchsvolle Rolle des Daddy Gray perfekt spielt. Der geschniegelte Multi-Millionär Lionel Luthor aus "Smallville" ist nirgends zu entdecken, stattdessen verkörpert Glover den zynischen alten Mann wahnsinnig überzeugend und sein Zusammenspiel mit Zachary Quinto ist gigantisch: Hier treffen zwei hochtalentierte Schauspieler in einem aufregenden Szenario zusammen.

Es war sehr geschickt, die Erwartungen, die wahrscheinlich die meisten Zuschauer an dieses Treffen hatten, komplett über Bord zu werfen. Dass Daddy Gray Krebs hat, macht die Geschichte nämlich um Einiges interessanter. Sylars Entscheidung ist plötzlich viel schwieriger: Lässt er Daddy krepieren oder tötet er ihn? Nun muss er sich mit seinem Vater erstmal auseinandersetzen und dabei wird klar, dass Daddy Gray mindestens genauso unbarmherzig ist wie Sylar. Doch während in Sylar noch das Bedürfnis nach menschlichem Kontakt schlummert, hat Daddy Gray jegliche Hoffnung an das Gute im Menschen – und an das Leben selbst – schon aufgegeben. Er sieht keine Herausforderung mehr in seiner Existenz. Und genau hier trifft er in Sylar einen Nerv: Daddy Gray weiß, dass es seinem Sohn genauso geht, dass er seine Kräfte nutzen, dass er mächtig sein will. Sylars Fassade beginnt zu bröckeln. Man sieht, wie er zu hadern beginnt.

Die große Wende kommt, als Sylar sich plötzlich mit dem Messer schneidet. Es ist sehr interessant, dass Sylar seinem Vater zeigt, wie er sich heilen kann. Nun bekommt er endlich dessen ungeteilte Aufmerksamkeit. Daddy Gray ist entgeistert. Sylar ist gewohnt sarkastisch. Doch zack! erwacht in Daddy Gray wieder der Lebenswille und zack! pinnt er seinen Sohn an die Wand. Doch Achtung Samson, man sollte Sylar nie unterschätzen. Dieser macht kurzen Prozess und lässt Daddy Gray schließlich in seinem Kabuff zurück. Was nimmt Sylar nun aus dieser Begegnung mit? Als er die Baracke verlässt, zeigt er fast schon so etwas wie Bedauern. Was wird er nun tun? Bedeutet dies womöglich einen Wendepunkt für die Figur? Wird Sylar wieder zu alter Größe aufsteigen?

"Bureaucracy, oversight, rules of conduct? None of it applies in my world."

In New York wird der Kampf zwischen Nathan und Danko endlich mal richtig interessant. Danko treibt Nathan immer mehr in die Enge und weiß seine Trümpfe auszuspielen, während Nathan zusehends Probleme hat, sich zu behaupten. Zwischen den Fronten steht Hornbrille, der mal Danko und mal Nathan hilft, und seinem Motto morally gray dabei wirklich alle Ehre macht – denn eigentlich verfolgt HRG nur seine eigenen Interessen und will endlich der Kopf der Operation sein.

Hornbrille fädelt es geschickt ein, Danko auf Angelas Spur zu bringen und damit erstmal weg von Nathan. Und hiermit kommen wir zur mit Abstand besten Szene der gesamten Folge:

Angela und ihre geklauten Socken!

Oh wie herrlich! Oh wie genial! DANKE liebe Serienmacher für diesen Moment. Dies ist einfach eine tolle Hommage an Fans wie mich, die sich seit dem Piloten gefragt haben, wie Sockendiebstahl in das eh schon komplexe Profil der Petrelli-Matriarchin passen soll (mehr dazu hier, hier, hier und hier). Und wie Cristine Rose sich an ihre Kaschmirsocken schmiegt, allein das ist schon zu göttlich.

Und nun Vorhang auf für die beste Sequenz dieser Episode: Angela, Danko und die Austern. Bereits mit Quinto und Glover treffen diesmal allerfeinste Schauspieler aufeinander, und nun haben auch noch Cristine Rose und Zeljko Ivanek ein Rendezvous. Dank ihrer makellosen Darbietung und dem großartigen Dialog ist es ein Genuss, den beiden zuzusehen. Angela hat einfach eine phänomenale Präsenz, die sogar den sonst so kontrollierten und skrupellosen Danko in die Knie zwingt. Er hat keine Chance gegen die Socken klauende und Austern schlürfende Mrs. Petrelli. Sie spielt mit Dankos Psyche, packt ihn an seiner verletzlichsten Stelle und lässt ihm keine Chance. Absolut klasse.

Doch Danko ist natürlich auch nicht ganz so einfach zu beseitigen. Nathans Überheblichkeit und Unerfahrenheit führen dazu, dass er Danko unterschätzt und er schließlich zack! von Danko aus dem Fenster geschubst wird. Eine unerwartete und daher gelungene Wendung, die den einstigen Jäger nun auch zum Gejagten macht.

"What kind of hero are you?"

Neben den zwei wirklich tollen Hauptstorylines kann sich der Nebenplot rund um Claire und Doyle leider nicht behaupten. Die Große Heldenfrage Des Tages wird dem Zuschauer mit dem Holzhammer präsentiert und Claires Selbstfindungssuche ist nur wenig spannend. Da kann auch David H. Lawrence nicht viel reißen, obwohl er seinen Charakter erneut sehr facettenreich darstellt und zum Schluss ein richtig schön fieses Grinsen aufsetzt.

Für ein paar lustige Momente sorgte Claires Auftreten im Comicladen. Man ist sich nicht zu schade, Claire mal wieder ein bisschen klischeehaft-blond zu zeigen und ihr Cheerleader-Barbie-Image aufzupolieren, und es zündet. Dass alle Nerds im Comicladen auf Claire stehen und sie deshalb eingestellt wird, verleitet den Zuschauer durchaus zum Schmunzeln.

Doch dann: Drei Minuten vor Schluss. Ein kollektives "Neeeeiiiin!" geht durch die Zuschauerränge. Nach so einer guten Folge, müssen Hiro und Ando da wirklich noch auftauchen? Scheint so. Die beiden machen Bekanntschaft mit Matt Parkman Jr. und wieder ist ein kollektives "Neeeeiiiin!" zu hören. Heißt das, wir müssen uns wieder Matts Frau Janice antun?

Bevor man weiter darüber nachdenken kann, schwenkt die Kamera auch schon um. Eine geniale Endcoda beginnt. Mohinders Voiceover, die in Zeitlupe abgespielten Szenen, die großartige Kameraführung – der Endeindruck bestätigt das, was sich während der gesamten Laufzeit schon andeutete: Diese Folge war richtig gut. "Heroes" bewegt sich wieder in die richtige Richtung. "Heroes" macht Spaß. Und nach langer Zeit kann ich endlich wieder sagen: Ich freue mich auf die nächste Episode.

Maria Gruber - myFanbase

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