Review: #4.07 Seltsame Attraktoren
Ja, auch ein myFanbase-Autor kann irren.
Oder um es konkreter auszudrücken: Auch ich kann mich mal irren. Zumindest was "Heroes" anbelangt. Sagte ich in der letzten Review noch hoffnungsvoll "Vielleicht ist #4.06 Tabula Rasa ja tatsächlich die Episode, die die Serie wieder rausholen kann aus der Unterdurchschnittlichkeit" (letzter Absatz), so wird mit #4.07 Seltsame Attraktoren ganz eindeutig klar, dass diese Aussage reichlich naiv und ein ziemlicher Quatsch war. Denn mal wieder liefert "Heroes" nur (unter)durchschnittliche Kost und bietet eine derart breite Palette an Absurditäten, dass man als Zuschauer um den altbekannten "Das kann doch nicht wahr sein!" Ruf einfach nicht rumkommt.
"That is the second Parkman I've made scream today."
Schon zu Beginn kann man nicht anders, als mit einer Mischung aus Entsetzen und Lachanfall auf den Bildschirm zu starren. Sylar-Sex-Szene? DKDNWS! Und dann auch noch in Matts Fantasie. Und mit Matts Frau! Diese Idee ist einfach zu grotesk. Grotesk ist überhaupt das Schlagwort für die Storyline rund um Matt, Sylar und die Flasche Whisky. Letzteres dürfte Drehbuchautor Juan Carlos Coto geleert haben, während er sich diese Geschichte für Matt ausgedacht hat. Auch wenn es konsequent ist, dass Sylar sich nun endgültig die Kontrolle über Matts Körper holt, so hätte man dies einfach anders einfädeln müssen. So weiß man gar nicht, wohin man die Augen verdrehen soll.
Das erste Problem ist Janice. Sie verfällt wieder in ihre altbekannte Rolle der sorgenden Ehefrau, die ihren Mann für verrückt hält, und ist so prinzipiell wieder auf dem Entwicklungsstand von Staffel 1. Dass sie ihrem telepathisch begabten Mann nicht glauben kann, dass jemand anderer seinen Körper kontrolliert, zeigt einfach nur, dass Janice genau keinen Schritt vorwärts gemacht hat. Das zweite Problem ist das Gesamtkonzept an sich: Wir sehen dabei zu, wie sich ein Hauptcharakter betrinkt, damit er den Geist eines anderen Hauptcharakters aus seinem Kopf bekommen kann, nachdem letzterer den Körper des ersteren übernommen und mit dessen Frau geschlafen hat, um seinen eigenen Körper zurück zu erpressen, der momentan auf einem Karneval mit einer anderen Identität herumläuft.
DKDNWS. Habe ich diesen letzten Satz wirklich gerade geschrieben? Das ist das Abgedrehteste, was Season 4 bislang geboten hat und das will einiges heißen in einer Staffel, in der ein Krankenpfleger einen trainierten Kung-Fu-Champion in die Flucht schlägt, und ein japanischer Büroarbeiter 47 Kopien seines Allerwertesten erstellt.
"Come on, don't tell me you're freaked out now. Look! See? Nothing. Just more lameness."
Fließender Übergang zur DKDNWS-trächtigsten Story dieser Episode: Claire, Gretchen und die Psi-Alpha-Chi-Schwesternschaft. Nach dem Quotenkuss müssen die beiden Zimmergenossinnen nun natürlich ihre Gefühle ausdiskutieren und welcher Ort eignet sich da besser, als ein muffiger Schlachthof?
Nichts, aber auch gar nichts in dieser Storyline macht irgendwie Sinn. Man muss sich zunächst einmal fragen, wieso Claire denn unbedingt in eine Schwesternschaft aufgenommen werden will, die ihre Kandidatinnen in einen Kofferraum schließt, durch ein verlassenes Schlachthaus jagt und mit Kunstblut vollspritzt. Hinzu kommt, dass die Psi-Alpha-Chi-Schwestern anscheinend keinen großen Wert auf die Intelligenz ihrer Mitglieder legen (Olivia und Ashley? Ein Albtraum.). Gretchen glänzt weiterhin in ihrer Rolle als unwahrscheinlich unsympathische Anhängerin Claires und rutscht dank Bemerkungen wie "Six or seven [boyfriends]. That's not a lot, right?" auf meiner Liste der unausstehlichsten Charaktere immer weiter nach oben.
Schlussendlich kann diese Story nur einen einzigen Fortschritt bezwecken, nämlich der, dass Claire nun über Rebeccas Fähigkeiten und ihre Absichten Bescheid weiß. Ob es tragisch ist, dass Olivia und Ashley gesehen haben, wie Claire von einer Eisenstange aufgespießt wird, werden wir sehen. Die beiden scheinen jedenfalls doof genug zu sein, um diesen Unfall als weiteren Kunstbluteffekt abzutun.
"Did he have to be invisible? Do you ever think we could just live, Noah? Out in the open?" - "After today, no."
Doch diese Episode hatte auch einen guten Part. Einen ziemlich guten sogar. Noah ist weiterhin auf seinem Wiedergutmachungstrip und versucht, Jeremy zu helfen, doch diese Geschichte nimmt leider kein Happy-End. Ganz im Gegenteil, das tragische Ende von Jeremy Greer wird so wirksam inszeniert, dass es einen bleibenden Eindruck hinterlässt. Am Beispiel von Jeremy zeigt diese Geschichte hervorragend, wie Angst und Engstirnigkeit zu Unverständnis und Hass führen können – und bietet damit seit langem endlich mal wieder eine Story, die es sich zu erzählen wirklich lohnt.
Mark L. Young ist auch in seiner zweiten Episode ein absoluter Bonus. Seine Darstellung des Jeremy ist überwältigend und extrem überzeugend. Sein Gespräch mit Tracy bietet einen der besten Momente der Folge und legt nicht nur die verzweifelte Situation Jeremys dar, sondern profiliert auch Tracy. Wir werden daran zurückerinnert, dass auch Tracy zu Beginn in eine tiefe Krise geriet, nachdem sie den Reporter umgebracht hatte, und sich fast von einer Brücke stürzte. Nach ihrer mörderischen Racheaktion – und einem ziemlich schlechten Volume – ist sie nun wieder an einem Wendepunkt angelangt und wird nach Jeremys Tod direkt in die Arme von Samuel getrieben.
Samuel taucht auch diesmal aus dem Nichts auf. Er ist wie immer enigmatisch, undurchschaubar, großartig. Er zeigt Tracy den Karneval und legt ihr ans Herz, Jeremy zu ihnen zu schicken und auch selbst seiner Familie beizutreten. "What would you do? Give him a false name, a false life? This is a boy who can work miracles. Why should he be invisible?" sagt Samuel zu Tracy und so wie Robert Knepper diese Zeilen abliefert, ist es klar, dass Tracy zu zweifeln beginnt. Wieso sich verstecken? Wieso unsichtbar sein? Wird Tracy nun also das neue Familienmitglied des Karnevals?
"Forbidden fruit. My favorite kind."
Mit dem phänomenalen Ende wird dann letztlich klar, dass diese Folge einen wirklich guten Handlungsstrang hatte: Noah, Tracy, Jeremy und Samuel – das hat enorm gut funktioniert. Doch die lahme Story im Hause Parkman sowie die unterirdisch schlechte Geschichte um Claire und Gretchen ziehen #4.07 Seltsame Attraktoren gehörig nach unten. Mal wieder landet die Serie also im bekannten Durchschnitt. Und ich werde ab jetzt aufhören, von Neuanfängen und Hoffnung zu reden. Denn da habe ich mich gehörig geirrt.
Maria Gruber - myFanbase
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Informationen zur Episode
Englischer Titel: Strange AttractorsErstausstrahlung (US): 26.10.2009
Erstausstrahlung (DE): 13.10.2010
Regie: Tucker Gates
Drehbuch: Juan Carlos Coto
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