Bewertung

Review: #8.01 180 Tage

Foto: Claire Danes, Homeland - Copyright: Twentieth Century Fox Home Entertainment
Claire Danes, Homeland
© Twentieth Century Fox Home Entertainment

Auf geht es in die letzte Staffel von "Homeland" und da man frühzeitig wusste, dass diese Staffel die letzte sein wird, sind die Erwartungen hoch, dass die überwiegende starke und spannende Serie nicht nur auch eine richtig gute letzte Staffel auf die Bildschirme zaubert, sondern auch insgesamt einen zufrieden stellenden Abschluss der Serie liefern wird. Der Anfang für diese beiden Vorhaben ist mit dem Auftakt erst mal gemacht.

Saul

Der äußere Rahmen dieser Staffel scheint von Saul Berenson gestaltet zu werden, denn er führt die Friedensverhandlungen im Nahen Osten und versucht Afghanistan, die Taliban und Pakistan so zusammen zu bringen, dass sich die Amerikaner unter Berücksichtigung all ihrer Interessen in aller Ruhe aus Afghanistan zurückziehen können. Wie so oft hat "Homeland" also ein brandaktuelles Thema genutzt und dabei auch gleich die eigene Vergangenheit benutzt und einige Bezüge zu den Ereignissen aus Staffel 4 hergestellt. Ich mag es sehr, wenn man den Autoren anmerkt, dass sie selbst auch noch wissen, was sie vor Jahren für Geschichten erzählt haben und eine konsequente und inhaltlich nachvollziehbare Fortschreibung der Storylines umsetzen. Wobei man als Zuschauer nicht darauf angewiesen ist, noch alles von damals zu wissen. Es hilft nur ungemein, um die Komplexität der Problematik zu verstehen. Insbesondere Dialoge wie die zwischen Saul und Tasneem Qureshi machen das deutlich. Ansonsten ist Saul natürlich wieder voll in seinem Element. Er hat ein klares Ziel, bekommt offenbar die Freiheiten, dieses Ziel umzusetzen, weil er zum Beispiel den Taliban mal eben Guantanamo-Gefangene anbietet, damit diese am Verhandlungstisch bleiben und dann braucht er natürlich mal wieder Carrie Mathison und kennt da letztlich auch kein Pardon. Er braucht sie, er holt sie und er lässt sie machen, egal, ob sie schon in der Lage ist, das durchzustehen. Die Mission ist wichtiger. Das Verhältnis von Saul und Carrie war schon immer sehr seltsam. Das Emotionale war immer zweitrangig, der Auftrag steht über allem. Ich bin gespannt, ob sich an dieser Dynamik diese Staffel noch was ändern wird.

Carrie

Carrie wurde am Ende der letzten Staffel ziemlich zerstört aus der russischen Gefangenschaft geholt, was nach einem Zeitsprung aber immer noch Auswirkungen hat. Natürlich erholt man sich von einer solchen Grenzerfahrung nicht mal nach ein paar Wochen. Carries Krankheit hat ja zu deutlich schwierigeren Bedingungen geführt. Wirklich spannend ist dabei jetzt der Perspektivwechsel für Carrie, denn nun ist sie es, die aus der Gefangenschaft heimkehrt und von ein paar Personen unter Verdacht steht, geheime Informationen weitergegeben zu haben. Wo Carrie in Staffel 1 noch diejenige war, die Nicholas Brody des Seitenwechsels verdächtigte, ist sie es nun, der man nicht traut. Neu dabei ist, dass auch Carrie sich nicht mehr vertrauen kann, weil sie in den sechs Monaten auch krankheitsbedingt im absoluten Ausnahmezustand gewesen ist. Während sie sich zunächst noch amüsiert darin zeigt, verdächtigt zu werden, sorgen kleinere Erfahrungen während dieser Episode, dass sie sich tatsächlich selbst in Frage stellt. Das wurde in dieser Episode wunderbar aufgezeigt und Stufe für Stufe aufgebaut, sodass das Ende, das Aufeinandertreffen mit Yevgeny Gromov, das absolute Highlight darstellt. Wie er sie so lässig anzwinkert, lässt einem richtig schaudern.

Ansonsten ist Carrie in Kabul natürlich gleich wieder in ihrem Element. Sie trifft sich via Geheimbotschaften mit ihren alten Vertrauten, zieht relativ furchtlos durch das Krisengebiet und kann auch in den engsten Momenten relativ souverän eine Lösung finden. Wobei es sehr einfach dargestellt wurde, dass die Suche nach ihr doch schnell wieder eingestellt wurde. Auch die zeitliche Dimension ihrer Reaktivierung muss man einfach so hinnehmen, damit der Zeitraum der Verhandlungen eingehalten werden kann. Ganz realistisch ist es aber nicht, dass Saul mal schnell von der Konferenz nach Deutschland reist, sie sofort mitnimmt und Carrie dann auch noch sofort einsatzbereit ist. Aber die Zeit drängt nun mal. Carrie muss jedenfalls feststellen, dass ihr tolle, streng geheimer Kontakt vor fünf Monaten ermordet wurde. Hat sie also doch was verraten in der Gefangenschaft? Claire Danes schafft es natürlich wieder, die innere Zerrissenheit von Carrie glaubwürdig und intensiv darzustellen. Das trägt die Episode und eventuell auch einen großen Teil der Staffel. Allerdings bleibt schon noch abzuwarten, welche inhaltlichen Richtungen noch eingeschlagen werden. Nur Verhandlungen werden zwölf Episoden nicht zufriedenstellend füllen.

Max

Der dritte im Bunde ist Max Piotrowski, der in dieser Episode eine eigene Storyline hat. Und diese ist unerwartet aktiv. Max wird nämlich zu einer US-Einheit geschickt, um im Feindesgebiet die Funküberwachung wiederherzustellen. Die Soldaten sind natürlich eher amüsiert ob des Nerds und fragen sich vor allem, warum sie für ihn ihre Leben aufs Spiel setzen sollen. Das ist total nachvollziehbar, da man den Soldaten nicht mitteilt, worum es überhaupt geht. Fehlende Transparenz war schon immer ein Schwachpunkt, doch Max behebt den Fehler aus dem Affekt heraus und klärt die Soldaten auf. Dass ihn das schlimmste Erlebnis seines Lebens hier noch mal so umtreibt, nämlich das Massaker in der Botschaft aus Staffel 4, welches er im Gegensatz zu vielen anderen überlebte, sein Leben aber grundlegend veränderte, verschaffte ihm ordentlich Respekt bei der Crew. Natürlich ist Max dann auch erfolgreich und bis auf ein bisschen dramaturgische Spannung, die in keinerlei Konsequenz endet, gibt die Storyline dann auch nicht viel her, aber Max im Einsatz mit seiner Motivation war schon ein wichtiges Element. Inwieweit diese Storyline aber noch weiter trägt, wird sich zeigen. Wird es weitere Probleme mit der Übertragung geben? Gefühlt könnte Max jetzt einfach wieder abreisen und an einem sicheren Ort weiterarbeiten. Doch dafür haben seine Szenen doch sehr viel Bedeutung und vor allem Zeit bekommen.

Fazit

Man kann insgesamt von einem gelungen Einstieg sprechen, der insbesondere die drei Dauerbrenner der Serie im Fokus hat, die Bezüge zu früheren Staffeln herstellt und insbesondere in Person von Carrie einen spannenden Ansatz wählt, der schon zeigt, dass man einen runden Abschluss der Serie anstrebt. Das kann also gut werden. Im Verlaufe der Staffel werden hoffentlich auch noch weitere offene Fragen geklärt werden (zum Beispiel was ist mit Franny Mathison, wie geht es ihr, nachdem Carrie doch nicht zurückgekehrt war? Welche Rolle spielt die ehemalige Präsidentin Elizabeth Keane noch? usw.). Kurzum: das Setting ist gesetzt, die Problematik ist klar, jetzt kann es richtig losgehen.

Emil Groth - myFanbase

Die Serie "Homeland" ansehen:


Vorherige Review:
#7.01 Im freien Fall
Alle Reviews

Diskussion zu dieser Episode

Du kannst hier mit anderen Fans von "Homeland" über die Folge #8.01 180 Tage diskutieren.