Bewertung

Review: #2.02 Rhaenyra die Grausame

Foto: Matt Smith, House of the Dragon - Copyright: 2023 Home Box Office, Inc. All rights reserved.
Matt Smith, House of the Dragon
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Das Schlimmste was Eltern sich vorstellen können, ist es ein Kind zu verlieren und in "House of the Dragon" wird dies mit einer beunruhigenden Geschwindigkeit zur Regelmäßigkeit. In Staffel 1 musste sich Viserys von seinem nur wenige Tage alten Sohn verabschieden, dann mussten Corlys und Rhaenys den Verlust von Laena und Laenor verschmerzen. Rhaenyra verlor sowohl ihr ungeborenes Baby als auch ihren Sohn Lucerys und nun betrauern Aegon und Helaena den Tod von Jaehaerys. Es ist daher kaum verwunderlich, dass dies eine sehr düstere Episode ist. In allen Augen sieht man Trauer und Wut und niemand weiß so wirklich, wie er mit diesem Gefühlschaos umgehen soll. Es ist erstaunlich und erschreckend zugleich, wie unfähig die Targaryens sind, sich liebevoll und tröstend in die Arme zu nehmen und sich ihrer gegenseitigen Liebe zu versichern. Das ist ein Problem, das seine Wurzel im Serienauftakt hat und diese Unsicherheit zieht sich durch die Generationen wie ein roter Faden. Seinen Anfang nimmt alles mit Viserys, der weder seinem Bruder, noch seiner Tochter zu verstehen geben konnte – oder wollte – wie viel die beiden ihm bedeuten. Verwundern tut es mich daher nicht, dass die beiden ihre Unsicherheit ihr gesamtes Leben über mit sich tragen und dass sie diese schlussendlich auch auf ihre eigene Beziehung projizieren. Rhaenyra zweifelt an Daemons Loyalität und jener wiederum kann nicht nachvollziehen, warum seine Frau ihn immer in Frage stellt, auch wenn er – in seinen Maßstäben – alles nur erdenklich getan hat und tut, um ihr beizustehen. Der Streit der beiden ist eine ungemein emotionale Szene, die mich sehr bedrückt zurückgelassen hat, besonders da die Serie so aufgebaut ist, dass man von der ersten Sekunde an diesem Paar hängt. Ja, die Beziehung der beiden war immer ein Auf und Ab, doch unter den Umständen und dem sich anbahnenden Krieg habe ich große Angst, dass wir nie wieder mit ansehen werden, wie sich diese beiden Figuren noch einmal glücklich in die Augen sehen.

Eine weitere Trennung gibt es in Königsmund, wo Otto aus Aegons Diensten entlassen wird. Ich glaube, dass es niemanden gibt, der sich selbst als Otto-Fan der ersten Stunde bezeichnen würde. Er ist in meinen Augen eine Figur, die dazu erschaffen wurde, um mit ihr anzuecken, weshalb ich es umso unglaublicher finde, dass "House of the Dragon"; mich nun dazu bringt, bei Ottos Worten an Aegon zustimmend mit dem Kopf zu nicken. Wir erleben hier ein weiteres Feuerwerk der Gefühle, das so einige Parallelen zu Tywin und Joffrey aus "Game of Thrones" aufweist. Schauspielerisch war es eine brillante Leistung von Rhys Ifans und vor allem Tom Glynn-Carney hat in dieser Episode so richtig abgeliefert. Im Staffelauftakt freute er sich noch wie ein Kind darüber, seinen Sohn mit zum kleinen Rat zu nehmen, nun weiß er nicht, wohin mit seiner Trauer. Es ist grauenvoll, dass er sich weder an der Schulter seiner Gemahlin und Schwester ausweinen kann, noch das Alicent ihn in seinem Kummer in den Armen hält. Für Aegon ist diese Episode wirklich ein Tiefschlag, da er sowohl seinen Sohn und Thronerben verliert, als auch die Gewissheit darüber, dass sein Vater ihn auf dem Thron sehen wollte. Das macht diese ohnehin schon unberechenbare Figur noch ungreifbarer und ich bin gespannt darüber, welchen Weg sich die Trauer und Wut Aegons in den nächsten Episoden bahnen werden.

Von Trauer gehen wir nun über zu Schuldgefühlen. Während ihre Kinder um Jaehaerys weinen, ist Alicent eher schockiert und das gar nicht so sehr über den Tod ihres Enkels, sondern über die Rolle, die sie darin spielt. Hätte sie nicht ein Stelldichein mit Kriston gehabt, hätte jener vielleicht die Tür des Prinzen bewacht und wäre sie nicht mit Kriston im Bett gewesen, hätte Helaena sie nicht in flagranti erwischt. Ist es dieses Schamgefühl, das Alicent davon abhält, ihre Kinder ordentlich zu trösten? Es ist auf jeden Fall verstörend, dass sie sich lieber wieder auf ihren Liebhaber einlässt, anstatt ihren von Kummer zerfressenen Sohn zu trösten und diese Schwachstelle in der Familie könnte ihr noch zum Verhängnis werden.

Von der schwachen Seite sehen wir auch Aemond, der in den Armen der Prostituierten zerbrechlich und zart dargestellt wird und zu allem Überfluss dann auch noch Skrupel über den Tod von Lucerys äußert. Dies ist ein eigenartiges Bild. Zwar hat man bisher einiges dafür getan, Aemond als DEN Widersacher Daemons aufzubauen, doch im entscheidenden Moment – wie dem Tod von Lucerys – war es dann doch ein Unfall und keine böswillige Absicht, weshalb Aemond eigentlich nicht der schreckliche Mensch ist, als den man ihn darstellen möchte. Der große Kontrast, der mit dieser Szene daher erschaffen werden sollte, stimmt daher nicht so ganz.

Passender ist wiederum die immer tiefer werdende Kluft zwischen den Schwarzen und den Grünen, die durch jeden Tod scharfkantiger wird. Es war in der letzten Staffel furchtbar, als Lucerys von Vhagar zerfetzt wurde und es ist jetzt genau so furchtbar, den winzigen Körper von Jaehaerys mit angenähtem Kopf zu sehen. Auch das Ende dieser Episode macht die Kluft wieder etwas größer, als man Arryk und Erryk bis in den Tod kämpfen lässt. Die Brüder, die sich gleichen wie ein Ei dem anderen und die nichts zu unterscheiden scheint, bis auf die äußerst prekäre Loyalität zu den Grünen bzw. Schwarzen werden nun so weit getrieben, dass sie sich trotz aller Liebe an die Gurgel gehen. Dass es auch in den nächsten Episoden blutig weitergehen wird, scheint somit sicher, besonders auch unter dem Aspekt, dass Kriston von nun an als Aegons Hand dient. Diese Figur, die von Selbsthass zerfressen scheint, trachtet Rhaenyra mit jeder Faser ihres Körpers nach dem Leben. Erinnern wir uns daran, wie glücklich Kriston für kurze Zeit mit Rhaenyra als ihr Liebhaber war und wie sehr er sich daran störte, ihr geheimer Liebhaber zu bleiben, so finde ich es unverständlich, weshalb er sich bei Alicent nun genau zu der Hure degradieren lässt, die er für Rhaenrya nie sein wollte. Diese Tatsache macht seine Figur wahnsinnig unsympathisch und ich bin gespannt, ob es der Serie so wie bei Otto zu einem gewissen Zeitpunkt gelingen wird, die Stimmung der Zuschauer in die gegenteilige Richtung zu lenken.

Kurze Eindrücke

  • Zwar weiß ich als Buchkenner, worauf die Geschichte in Hinblick auf ein paar der neu eingeführten Nebencharaktere hinauslaufen wird, doch für den Moment habe ich weder Interesse an Addam und Alyn von Hull, noch an Hugh oder an Cregan Stark aus dem Staffelauftakt. Viel lieber sollte sich die Serie auf die bereits bekannten Nebencharaktere wie Jacaerys, Baela, Rhaena und Helaena konzentrieren. Mit ihnen sind wir schon ein wenig vertraut und wenn die Figuren hier weiter sterben wie die Fliegen, müssen sich die Autoren noch einige Mühe geben, damit wir von den kommenden Toden auch wirklich ergriffen sein werden.
  • So intensiv der Wortwechsel zwischen Rhaenyra und Daemon auch war, die Szene, in der Daemon bei der Verkündung des Attentats in Königsmund wissend lächelt, war einfach urkomisch. Die Blicke, die er still in die Runde warf und die erst von Rhaenys und dann von Rhaenyra aufgefangen wurden, waren wunderbar.
  • Interessant, dass Alicents dritter Sohn Daeron nun doch noch plötzlich Erwähnung findet.
  • Worauf sollte uns die intime Szene zwischen Rhaenys und Corlys aufmerksam machen?
  • Schon merkwürdig, dass bei dem Angriff auf Rhaenyra Magd und Wache zu ihrem Schutz bereit sind, während bei den Grünen niemand da ist und hilft, als Attentäter in die Gemächer der Familie vordringen.

Fazit

Eine emotional ergreifende Episode, die viele dunkle Emotionen wie Ängste, Selbstzweifel, Wut und Trauer in den Vordergrund rückt und einige Charaktere brillieren lässt. So kann es gern weitergehen, besonders wenn es weiterhin gelingt, durch ein paar heitere Momente die düstere Familiengeschichte aufzulockern.

Marie Müller - myFanbase

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