Bewertung

Review: #1.01 Die Erben des Drachen

Foto: Milly Alcock, House of the Dragon - Copyright: Courtesy of HBO
Milly Alcock, House of the Dragon
© Courtesy of HBO

Hier ist es nun, das sehnlich erwartete Spin-Off zur HBO-Erfolgsserie "Game of Thrones". Das Warten hat ein Ende, denn viel Zeit ist zwischen Ankündigung der Serie und der tatsächlichen Veröffentlichung vergangen. Und während die Jahre ins Land strichen, schwankte meine Meinung hin und her, ob es "House of the Dragon" schaffen würden, an die Mutterserie heranzureichen. Wenn ich auf "Game of Thrones" zurückblicke, dann habe ich die wunderbaren, abenteuerlichen und herzzerreißenden Geschichten der ersten Jahre genauso stark vor Augen, wie die übereilten, undurchdachten und reißerischen Momente der letzten Jahre. Daher bin ich mit einer gewissen vorfreudigen Befangenheit an "House of the Dragon" herangegangen, denn ich habe die Ursprungsgeschichte trotz allem geliebt, dennoch ist die Hoffnung, dass auch das Spin-Off so zu fesseln weiß, recht fragil.

Während man sich bei der Pilotfolge von "Game of Thrones" einfach treiben ließ, so ahnt man bei "House of the Dragon" bereits, was einen erwartet und man sitzt die gesamte Zeit über angespannt vor dem Bildschirm, um bloß kein Detail zu verpassen. Denn mit der mystischen und schwermütigen Stimmung weiß #1.01 The Heirs of the Dragon durchaus zu fesseln. Wir begeben uns mehr als ein Jahrhundert in die Vergangenheit von "Game of Thrones", in eine Zeit, als das Haus Targaryen auf dem Höhepunkt seiner Macht war. Die Familie beherrschte ganz Westeros und ritt auf den Rücken der Drachen mit einer Selbstverständlichkeit wie normale Ritter auf den Rücken ihrer Pferde. Die Imposanz der Targaryens wird von der ersten Minute an zur Schau gestellt, man umgibt sie mit einer spannenden Anziehungskraft, wodurch man diese legendäre Familie unbedingt näher ergründen möchte.

Die Geschichte beruht auf George R. R. Martins Werk "Feuer und Blut", das allerdings schon viele Jahre vor der Handlung von "House of the Dragon" einsetzt. Als ich als Buchleser erfuhr, dass man quasi mitten im Buch in die Familienchronologie der Targaryens einsteigen wird, war ich ein wenig verwundert und zunächst nicht angetan. Denn anders als im Buch startet man nicht mit den Erzählungen über Aegon I., dem Eroberer von Westeros, sondern man setzt erst über 100 Jahre und vier Könige später ein. Im Zentrum von "House of the Dragon" steht König Viserys I., der keinen männlichen Nachfolger hat und selbst nicht durch Erbrecht, sondern durch eine Wahl auf dem eisernen Thron gelandet ist. Auf den zweiten Blick ist die Wahl, in der ersten Staffel von "House of the Dragon" diesen Teil der Geschichte zu erzählen, dann eine vortreffliche Idee. Denn anders als mit der Handlung rund um Aegon I., bei dem man weiß, dass er Westeros erfolgreich erobern wird, bringt man über die hier erzählte Zeit nicht so viel Vorwissen mit.

Im Verlauf der ersten Episode wird klar, worum sich die Serie drehen wird und es macht einen großen Nervenkitzel aus, darüber zu spekulieren, wie sich Viserys' Entscheidung bezüglich seiner Thronfolge auf das Reich und seine Familie auswirken wird. Man sieht sofort viele Möglichkeiten, wo es zu Konflikten kommen kann und diese Vielzahl an kleinen Ideen, die einem eine nach der anderen in den Sinn kommen, bewirken innerhalb kürzester Zeit, dass man sich nach der nächsten Episode sehnt.

Die Auftaktfolge reißt die kommenden Geschehnisse kurz an und zeichnet dabei gekonnt ein grobes Bild der einzelnen Figuren. Es hat mir sehr gut gefallen, wie die prägnantesten Charakterzüge der zentralen Personen angerissen wurden, da man es mit wenig Aufwand geschafft hat, uns einen einprägsamen Eindruck von ihnen zu vermitteln. Dabei wussten einige Figuren durchaus zu überraschen und boten gleich mehrere Facetten an, die sie umso interessanter wirken ließen. Ich denke dabei zum Beispiel an Viserys, der erst wie ein gutmütiger König wirkte, dann wie ein grausamer Ehemann, schließlich wie ein nachtragender Bruder und ein liebender Vater. Genau so überrascht war ich von den Hohenturms, die im ersten Moment sehr fürsorglich erschienen und dann gerissen ihre eigenen Ziele in den Vordergrund rückten. Diese Vielschichtigkeit macht die Geschichte umso spannender, da man mehr über die Figuren, ihre Pläne und die Dinge, die sie tun würden, um ihre Ziele zu erreichen, erfahren möchte. Ebenfalls fasziniert war ich von der Dynamik zwischen Rhaenyra Targaryen und Daemon Targaryen.

"Game of Thrones" wusste durch bildgewaltige Szenen zu überzeugen und "House of the Dragon" beweist sofort, dass man plant, hier in die Fußstapfen der Mutterserie zu treten. Denn neben den eindrucksvollen Drachen setzt man auch gleich im Piloten auf blutige Szenen, die in Erinnerung bleiben. Der Mix aus Turnier und Geburt war beeindruckend und abschreckend zugleich, wodurch man sich ganz kribbelig fühlt und emotional zwischen Ekel, Begeisterung, Angst und Euphorie hin und her gerissen ist.

Ich habe mich vor Serienbeginn gefragt, ob "House of the Dragon" nur etwas für "Game of Thrones"-Kenner ist, oder ob man hier auch als Neuling gut einsteigen kann. Es ist auf keinen Fall hinderlich, die Mutterserie gesehen zu haben, man neigt allerdings dazu, Vergleiche anzustellen und zu grübeln, ob "House of the Dragon" an den Vorgänger heranreichen kann – wobei man die Höhepunkte der Mutterserie vor Augen hat. Konzentriert man sich jedoch nur auf das Hier und Jetzt, erkennt man, dass die Serie auch wunderbar ohne Vorwissen funktioniert und dass das ewige Gegenüberstellen eher das Sehvergnügen trübt. Hinweise auf die Mutterserie gibt es tatsächlich nur an einer Stelle ganz konkret und selbst hier ist es nur eine verschwommene Vision, die nicht viel mit dem aktuellen Geschehen zu tun hat. Daher finde ich, dass man wunderbar als "Laie" in "House of the Dragon" einsteigen kann. Es gibt nur eine Kleinigkeit, die ich vermisst habe, und das ist das Intro. Ich bin gespannt, ob man in der zweiten Episoden nachlegen wird.

Fazit

"House of the Dragon" muss in große Fußstapfen treten und schlägt sich in seiner Auftaktepisode sehr wacker. Man bietet uns Zuschauern interessante Figuren, bildgewaltige Anblicke und Raum zum Spekulieren. Zusammengenommen hat die Serie alles, um erfolgreich durchstarten zu können und ich bin äußerst gespannt darauf, wie sich Handlung und Figuren in den kommenden Episoden entwickeln werden.

Marie Müller - myFanbase

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