Bewertung

Review: #2.08 Die Königin, die stets eine war

Foto: House of the Dragon - Copyright: Ollie Upton/HBO
House of the Dragon
© Ollie Upton/HBO

Wir haben das Ende der zweiten Staffel von "House of the Dragon" erreicht und es ist nicht das, was ich erwartet hatte. Die Stärke der Episode liegt in den sorgsam und liebevoll ausgearbeiteten Dialogen, doch diese können leider nicht darüber hinwegtäuschen, dass nur wenig der in Bewegung gesetzten Geschichten wirklich ins Rollen gekommen ist.

"You are not the player but a piece on the board."

Genau wie im Staffelauftakt startet auch #2.08 Die Königin, die stets eine war mit einem ungewöhnlichen Anblick, denn wir werfen keinen Blick auf die Targaryens und ihre Drachen, sondern auf einen ihrer Vasallen. Es sind durchaus amüsante Szenen, die uns hier mit Tyland Lannister und der Tricharie zuteilwerden, doch es sind leider nicht die, die man in einem Finale gern sehen möchte. Gleich drei Mal müssen wir die Unsicherheiten und das Unwohlsein Tylands mit ansehen, einem Charakter, an dem das Interesse, wenn überhaupt vorhanden, mittelmäßig ist. Warum also verwendet man so unverhältnismäßig und ungewohnt viel Zeit auf ihn? Ich vermag es nicht zu sagen und es ärgert mich besonders deshalb so sehr, weil die zweite Staffel des "Game of Thrones"-Spinoffs ein paar zu viele Episoden aufwies, in denen man sich zurücklehnte, anstatt die Handlung voranzubringen. Weder sind die Verhandlungen mit der Triarchie in der Romanvorlage so stark ausgeschmückt, als dass sie wirklich in Erinnerung geblieben wären, noch werden wir in naher Zukunft etwas davon haben, weshalb man diese Szenen gern in #2.07 Die Rote Saat hätte verschieben oder erst in Staffel 3 hätte aufgreifen können.

Etwas milder stimmt dann der anschließende Anblick von Aemond, der nun als Heimsuchung über Westeros dahinfliegt. Diese undurchsichtige Figur fühlt sich spürbar in die Enge getrieben und es ist interessant mit anzusehen, wie Aemond auf diese neue Entwicklung reagiert. Dieser Zustand ist ihm vollkommen neu, denn seitdem er als Kind einen Drachen bestiegen hat, ging es für ihn nur noch bergauf. Er wurde zum Reiter des größten noch lebenden Drachens, er stieg vom zweiten Sohn des Königs zum Bruder des Königs und anschließend zu dessen Erben auf und nun regiert er das Königsreich als Prinzregent. Sich plötzlich einer Übermacht an Drachen gegenüberzusehen und nicht deutlich auf der Seite der Sieger zu stehen, scheint Aemond furchtbare Angst einzujagen und ich hoffe, dass wir in Staffel 3 mehr davon sehen werden, wie er mit diesem Druck umgeht. Sehr interessant war auf jeden Fall, dass er sich an Helaena wandte, die einzige Drachenreiterin, die ihm vielleicht beistehen könnte. Doch die Natur der beiden Figuren könnte nicht gegensätzlicher sein. Es war beeindruckend, dass die ruhige Helaena sich weder von den Handgreiflichkeiten ihres Bruders unterkriegen ließ, noch dass sie im Gespräch unter vier Augen Furcht vor dem Mann hatte, der ihren Bruder und Gemahl auf einem Drachen attackiert hat. Helaena, von der wir nur sehr wenig zu sehen bekommen, hat eine unglaubliche Stärke in sich. In diesem Zusammenhang hat mir gut gefallen, wie man Helaenas Prophezeiungen mit dem Zustand verknüpft, in dem Daemon sich seit seinem Aufenthalt in Harrenhal befindet. Zwar heiße ich es noch immer nicht gut, dass man Daemon die gesamte Staffel über vor sich her dümpeln ließ, aber die Brücke, die nun zwischen ihm und Helaena geschlagen wurde, war sehr schön durchdacht.

Bleiben wir beim Thema und wenden uns dem einzigen Handlungsstrang zu, der in dieser Episode zufriedenstellend beendet werden konnte, nämlich der Frage, ob Daemon noch hinter Rhaenyra steht. Was man dieser Episode zugutehalten muss, ist die Schnelligkeit, mit der auf verschiedene Entwicklungen reagiert werden kann und so belauscht Simon Kraft ein Gespräch zwischen Daemon und Alfred Broome, sendet dann einen Brief an Rhaenyra und diese taucht noch in der gleichen Episode in Harrenhal auf. Wenn man bedenkt, dass Alfred drei Episoden braucht, um Harrenhal zu erreichen, ist es eine Erleichterung, dass wir dieses Mal nicht so lange auf eine Reaktion warten mussten, besonders da die Frage nach Daemons Loyalität bereits seit #2.02 Rhaenyra the Cruel über uns hängt wie eine Gewitterwolke. Es war ein wahrlich nervenaufreibender Moment, als Rhaenyra und Daemon sich nach so langer Zeit wieder gegenüberstanden und die Anspannung war in den Gesichtern aller Anwesenden zu sehen. Genau so enorm war die Erleichterung, als Daemon vor seiner Königin und Ehefrau das Knie beugte. Ich wüsste nur zu gern, was ihn schlussendlich zu dieser Entscheidung bewogen hat und was der Blick in die Zukunft ihm bedeutete.

Während ich der festen Überzeugung bin, dass nun nichts und niemand mehr einen Keil zwischen Rhaenyra und Daemon treiben kann, lässt das Gebaren von Ulf Weiß viele Fragen darüber offen, inwieweit man den neuen Drachenreitern trauen kann. Zwar sind Ulf, Hugo Hammer und Addam von Holk auf Umwegen mit den Targaryens verwandt, doch es gibt keine starken Bande, die sie wirklich und wahrhaftig zu treuen und ergebenen Verbündeten machen. Die drei Samen rückt man in dieser Episode alle in ein ganz unterschiedliches Licht. Während Rhaenyra schnell Addam auswählt, um sie nach Harrenhal zu begleiten – was ich als Zeichen dafür deute, dass sie ihm am meisten vertraut – tut Ulf alles, um sich bei der königlichen Familie unbeliebt zu machen, unterdessen bleibt Hugo vorerst ein unbeschriebenes Blatt. Man lenkt die Gedanken der Zuschauer damit in ziemlich eindeutige Richtungen, was so früh in der Geschichte etwas schade ist. Dennoch werden wir noch sehr lange warten müssen, bis die Loyalität der Samen auf die Probe gestellt wird, denn mit Staffel drei dürfen wir wohl frühestens 2026 rechnen.

Wie bereits erwähnt, lebt diese Episode von eindrücklichen Dialogen. Zu diesem zählt auch der zwischen Alyn von Holk und Corlys Velaryon. Wir haben Corlys bisher als Mann kennengelernt, dem sein eigener Ruf und das Erbe, das er hinterlässt, über allem steht. Jahrzehnte lang verbrachte er auf der See und erlebte zahlreiche Abenteuer, die in die Analen der Geschichte eingehen werden. Doch mit dem Untergang seines nach ihm benannten Schiffes, dem Tod seiner Kinder, dem Tod seines Erben und schlussendlich dem seiner Frau steht Corlys an diesem Punkt der Geschichte ganz allein da. Stets ging es für ihn darum, seinen Namen in der Ewigkeit festzuhalten, doch nach all den Schicksalsschlägen scheint er langsam zu erkennen, dass es auch anderes gibt als den eigenen Ruhm. Einen ersten Schritt in Richtung Anerkennung anderer tut er, indem er sein neues Schiff zu Ehren seiner Frau benennt und nun will er auch für seine unehelichen Kinder sorgen. Was für ihn eine nett gemeinte Geste ist, kommt auf der Seite von Alyn allerdings ganz anders an und man kann dieser noch recht unbekannten Figur nur dazu gratulieren, wie stark er Corlys entgegengetreten ist. Es war eine Unterhaltung voller Verbitterung, Schmerz und unterdrückter Wut, die man diesem stillen Charakter gar nicht zugetraut hätte. Das macht Alyn umso interessanter und gern würde ich sehen, welche Wirkung Alyns Worte in Corlys auslösen.

Worte wissen auch Gwayne Hohenturm zu berühren und so endet die Kollision zwischen ihm und Kriston Kraut ganz anders, als man zu Beginn der Szene gedacht hätte. Kriston beschönigt nichts, drückt nicht auf die Tränendrüse oder sonst etwas. Es ist eine graue Szene und die wohl beste, die Kriston uns in dieser Staffel gegeben hat. Die Figur, die man nach dem Ende der Affäre mit Rhaenyra so zu verachten gelernt hat, versucht nicht, die Zuschauer auf ihre Seiten zu ziehen, doch Kriston gewährt uns einen kleinen Blick in seine Seele, der ihn auf einen Schlag viel weicher erscheinen lässt. Mit einem Gefühl von Trauer und Mitleid verabschiedet man sich in dieser Staffel von ihm und hofft irgendwie, dass er in Staffel 3 vielleicht doch noch einmal neuen Lebensmut schöpfen wird. Denn auch, wenn die Serie nichts dafür tut, dass man Kriston mag, so habe ich mir nach seinen Worten an Gwayne dann doch gewünscht, Kriston noch einmal so lächeln zu sehen, wie er es zu Beginn der Serie konnte.

"History will paint you a villain."

Das Gespräch, mit dem man wohl am wenigsten gerechnet hat, ist das zwischen Alicent und Rhaenyra. Es ist in dieser Staffel bereits das zweite Mal, dass die beiden im Geheimen aufeinandertreffen und beide Male geht Rhaenyra gestärkt aus der Situation hervor. Es waren schöne Worte, die Drehbuchautorin Sara Hess hier gefunden hat, doch ich bin mir nicht sicher, was Alicent nun plötzlich dazu bewegt hat, diesen Schritt auf Rhaenyra zuzugehen und weshalb sie der Ansicht ist, dass ihr Plan funktionieren könnte. Für Alicent stand die Familie und besonders ihre Kinder stets an erster Stelle und das scheint sich nicht geändert zu haben. Dennoch ist sie nun bereit, das Leben ihres ältesten Sohnes – und vielleicht auch das ihrer anderen Kinder, denn wer geht davon aus, dass Rhaenyra ihre anderen Halbgeschwister begnadigt und dann ungeschoren damit davonkommt, wenn sie Aegon tötet – zu opfern, um den Frieden nach Westeros zurückzubringen. Ich kann mir einfach nicht vorstellen, dass sie wirklich dazu bereit wäre, diesen Schritt zu tun und es sieht als, als würde sie auch nicht die Gelegenheit dazu bekommen, da Aegon und Larys Kraft Königsmund bereits hinter sich lassen. Diese finale Entwicklung Alicents kann mich leider nicht im Geringsten überzeugen, da sie nicht zu der Figur passt, die wir kennengelernt haben.

An diesem Punkt hat man das Gefühl, dass man die Episode nun mit der Eroberung Königsmunds beenden muss, um Staffel 2 auf glorreiche und atemberaubende Weise zu einem Ende zu bringen. Die Spannung steigert sich also, als wir die Macht der Grünen anschwellen sehen, da das Herr der Hohenturms, das unterstützt von Daeron und seinem Drachen Tessarion, vordringt. Zudem marschieren die Männer aus dem Westen unter dem Kommando Jason Lannisters und die Triarchie setzt mit Tyland Lannister ebenfalls ihre Segel. Auf der anderen Seite stehen die Schwarzen, wo Daemon in Harrenhal die Rüstung anlegt und wo die Winterwölfe endlich aus dem Norden gekommen sind und die Zwillinge passieren. Es sind imposante Anblicke, die auf einen finalen Showdown hoffen lassen und dann passiert…. Nichts. Abspann. Ende.

Wie schon in #2.06 Das gemeine Volk ist der Anblick der Credits ein enormer Dämpfer, doch er passt ganz gut zu dem Gefühl, dass die zweite Staffel von "House of the Dragon" hier und da mit sich brachte. Nach einer zweijährigen Wartepause waren die Ansprüche an diese Staffel hoch und so überrascht es nicht, dass sie nicht erreicht werden konnte. Genauso hoch waren die Erwartungen an das Finale, mit dem Gedanken daran, wie viele Jahre bis zum Auftakt von Staffel 3 vergehen werden. Und so trösten diese Aufnahmen voller Androhung der bildgewaltigen Erwartungen leider nicht darüber hinweg, dass das Staffelfinale keine besonders eindrückliche Episode ist.

Kurze Eindrücke

  • Als wir Alfred Broome zuletzt gesehen haben, fand ich den Rückhalt, der er Rhaenyra gab, wirklich beeindruckend. Umso entsetzter bin ich von den Worten, die er nun an Daemon gerichtet hat. Eigentlich hätte jemand seinen Kopf einfordern müssen.
  • Rhaena Targaryen hat nun also den Drachen gefunden. Leider wurde dieser Handlungsstrang sehr in die Länge gezogen und kam dann noch nicht einmal zu einem richtigen Ende.
  • Was hat es mit dem eingesperrten Otto Hohenturm auf sich?
  • In der Romanvorlage hat Aegon einen zweiten Sohn, wodurch er weiterhin die Möglichkeit hat, das Fortbestehen seiner Linie zu sichern. Dass man diese Figur in der Serie unterschlagen hat, lässt Aegon besonders im Gespräch mit Larys nun sehr schwach wirken. Welchen Aussichten hat ein König, der keine Erben hat und auch keine weiteren zeugen kann und warum sollte er um den Thronanspruch kämpfen? Nur für die glorreichen Worte, mit denen Larys Aegon überschüttet hat?
  • Jacaerysˈ Worte an Ulf waren durchaus beeindruckend.

Fazit

Reichen gut gewählte Worte aus, um eine grandiose Episode abzuliefern? Leider lautet die Antwort 'nein'. Das ist äußerst schade, doch in diesem Moment schmerzt es besonders deshalb, weil diese wortgewaltige und tatenlose Episode das Staffelfinale von "House of the Dragon" war. Man möchte der Episode nicht absprechen, dass sie durch tiefgründige Gespräche überzeugen konnte, doch von einem Finale erhofft man sich nun einmal mehr, vor allem dann, wenn im Verlauf der Staffel so viele Hebel in Bewegung gesetzt wurden und wenn man am Ende noch immer darauf wartet, dass auch nur eine der initiierten Handlungen Früchte trägt. So verabschieden wir uns nun in eine sehr lange Wartepause, während der man darauf hoffen wird, dass Staffel drei die vielen kleinen und großen Dinge, auf die man uns warten lässt, endlich zeigen wird.

Marie Müller - myFanbase

Die Serie "House of the Dragon" ansehen:


Vorherige Review:
#2.07 Die Rote Saat
Alle Reviews

Diskussion zu dieser Episode

Du kannst hier mit anderen Fans von "House of the Dragon" über die Folge #2.08 Die Königin, die stets eine war diskutieren.