Bewertung

Review: #2.07 Die Rote Saat

Foto: Emma D'Arcy, House of the Dragon - Copyright: Theo Whiteman/HBO
Emma D'Arcy, House of the Dragon
© Theo Whiteman/HBO

Die zweite Hälfte der zweiten Staffel von "House of the Dragon" war bisher nicht sonderlich mitreißend, doch mit dieser Episode reißt man das Ruder herum. Es waren nicht, wie in den letzten Episoden, nur einzelne Szenen, die das Blut endlich einmal wieder in Wallung bringen konnten, denn dieses Mal ist es bereits der erste Moment, der die Spannung in die Höhe schnellen lässt und die fesselnde Erzählweise kann bis zum Schluss gehalten werden.

Vom Ende der vorangegangenen Episode war ich stark enttäuscht, da man #2.06 Smallfolk so abrupt und spannungsarm beendete, dass man nur den Kopf schütteln konnte. Doch all das, was dem Ende der letzten Episode fehlte, kann nun der Auftakt von #2.07 The Red Sowing bieten. Der erste Anblick, den man uns bietet, ist die schnaubende Rhaenyra Targaryen mit ihrem Drachen Syrax, die sich Seerauch und dessen neugewonnenem Drachenreiter Addam gegenübersieht. Es ist eine Szene, bei der man den Atem anhält. Einerseits freut man sich, dass Seerauch und Addam sich gefunden haben, andererseits grübelt man, wie Rhaenyra auf diese unerwartete Verbindung reagieren wird. Ein Prickeln durchfährt einen beim Anblick der beiden Drachenreiter und die Unsicherheit darüber, in welche Richtung sich das Gespräch entwickeln wird, wird noch dadurch verstärkt, dass ein Lächeln um Addams Mundwinkel spielt, das sich nicht recht deuten lässt. Ist er stolz darüber, dass Seerauch ihn erwählt hat? Imponiert es ihm, dass die Königin zu ihm gekommen ist? Es ist eine wunderbar intensive Szene, der im Verlauf der Episode noch zwei weitere folgen werden.

Der nächste Drache, dem wir begegnen, ist Vermithor, der zuletzt von Jaehaerys I. Targaryen geritten wurde. Er ist ein beeindruckender und riesiger Drache und die Szene, in der Rhaenyra ihn furchtlos ruft und durch ihre bloße Anwesenheit zu beruhigen weiß, rufen augenblicklich eine Gänsehaut hervor. Die Anspannung wird gleich darauf von Schrecken abgelöst, als Vermithor die potentiellen Drachenreiter als unwürdig erachtet und ein Großteil von ihnen den Tod findet. Der Anblick von Blut und Feuer in den Höhlen von Drachenstein ist erschreckend, doch nicht weniger spannend und gekrönt wird die Szene durch Hugo Hammer, der sich Vermithor unerschrocken in den Weg stellt und den Drachen somit unterwerfen kann. Wunderbar dramatisch finden diese beiden ihren Weg zu einander.

Zuletzt haben wir da noch Ulf Weiß, der seinen Drachen auf ganz andere Weise bezwingt. Es ist weder glorreich wie bei Hugo noch episch, wie bei Addam, sondern eher ein etwas dusseliger Zufall. Man nutzt diese lockere Stimmung anschließend, um Ulf noch etwas albern über Königsmund kreisen zu lassen. Das sorgt zwar für Erheiterung, doch die anderen beiden Drachenreiter werden hier wohl mehr in Erinnerung bleiben.

Betrachtet man einzig das Endergebnis der Saat, können sich die Schwarzen sehr glücklich schätzen und so präsentieren sie am Ende der Episode auch beeindruckend ihre Macht. Doch wirft man einen genauen Blick auf die Entwicklung, so fallen doch einige Stolpersteine auf. Da hätten wir zum Beispiel das Offensichtliche, denn nachdem unser Augenmerk bereits seit dem Staffelauftakt immer wieder auf Ulf, Hugo, Addam und Alyn gelegt wurde, war es kaum wahrscheinlich, dass die Geschichte der Männer nun plötzlich endet, um einen vollkommen unbekannten Drachenreiter aus dem Hut zu zaubern. Es gab hier keinen Überraschungsmoment und man wusste gleich zu Beginn der Szene, dass eine oder mehrere dieser Figuren im Fokus stehen würden. Was ebenfalls nicht gut zusammenpasst, ist die Hintergrundgeschichte von Addam und Alyn. Als Buchleserin weiß ich, dass in "Feuer und Blut" nicht Corlys, sondern Laenor der Vater der beiden ist, wodurch sich problemlos das Drachenreiterblut in ihren Adern erklären lässt. Die Serie stellt sich hier leider selbst ein Bein und lässt Corlys seinen illegitimen Sohn holprig fragen, ob seine Mutter von den Targaryen abstammte. Zudem war es in der Romanvorlage Corlys höchst selbst, der die beiden von Holks zu Rhaenyra brachte, nun entscheidet man sich jedoch, die Abstammung der beiden geheim zu halten. Wie lange wird Corlys dies hinbekommen? Und warum ist das überhaupt nötig? Diese Abweichung vom Roman ist leider nicht sonderlich gut gelungen.

Was mich an der episch inszenierten Erstarkung der Schwarzen jedoch am meisten gestört hat, ist die letzte Szene. Ich möchte nicht behaupten, dass sie keinen schönen Anblick gegeben hat, doch betrachtet man Rhaenyras Worte, dann ergeben ihre Taten leider keinen Sinn. In #2.01 A Son For A Son forderte sie nach dem Tod von Lucerys das Leben von Aemond und vor den potentiellen Drachenreitern sagt sie in dieser Episode, dass mit ihrer Hilfe Blutvergießen verhindert werden kann. Warum sich am Ende also nicht zu viert oder fünft auf Aemond und Vhagar stürzen und ihre größte Bedrohung ganz ohne den Einsatz von Manneskraft töten? Genau so sinnlos, wie Rhaenys Targaryen in #1.09 The Green Council zögerte und Aegon verschonte, wodurch ein Krieg ausbracht, hätte Rhaenyra in diesem Moment handeln können. Es erschließt sich mir hier leider nicht, warum die Autoren einem schönen Anblick den Vorzug vor einer logischen Entscheidung geben.

Und wo wir gerade bei unlogischen Entwicklungen sind, möchte ich den Fokus gleich noch auf Jacaerys lenken. Wenn ich mich recht erinnere, kam der Vorschlag, nach Drachenreitern außerhalb des Hauses Targaryen zu suchen von Jacaerys. Warum rebelliert er nun plötzlich dagegen? Nur weil nicht mehr unter den Hochgeborenen gesucht wird, sondern unter dem Volk? Das erschließt sich mir nicht, ganz besonders nicht, als Jacaerys auch noch das Gespräch auf seinen biologischen Vater lenkt, weshalb ja von vornherein klar ist, dass auch ein Bastard einen Drachen reiten kann. Ich finde es schade, dass man für seine Figur gerade keinen besseren Handlungsstrang parat hat, da er in dieser Staffel bisher nur wenig glänzen konnte. Das Gleiche gilt auch für Baela und Rhaena Targaryen. Die beiden Zwillinge sind zwar in jeder Episode zu sehen, doch mehr als einen kurzen Blick und eine Ahnung ihrer Intentionen hat man für sie nicht übrig. Wirklich bedauerlich, dass man ihnen so wenig Beachtung schenkt.

Kommen wir zum Schluss nach Harrenhal. Ich muss nicht betonen, dass ich mir sehnlichst das Ende dieses Handlungsstranges wünsche, damit die Tagträume und Visionen Daemons endlich ein Ende finden. Zum Glück scheint sich die Geschichte in die gewünschte Richtung zu entwickeln, da die Flusslords sich in Harrenhal versammeln und somit Bewegung in die Geschichte bringen. Oscar Tully ist hier wahrlich der Held der Stunde. Er stellt sowohl Ehr- als auch Pflichtgefühl zur Schau, zudem scheut er sich nicht davor, den höhergestellten Daemon in seine Schranken zu weisen. Wie Oscar zu den Lords sprach, erinnerte definitiv an Lyanna Mormont aus "Game of Thrones". Auf der anderen Seite der Medaille haben wir da Daemon, der fern von der Figur ist, die wir aus Staffel 1 kennen. Er wirkt verunsichert und zögerlich und bei eben jenen Wendungen, die er früher selbst bewerkstelligt hätte, ist er nun das Opfer, das den Kürzeren zieht. Ich vermisse die Figur, die er einst gewesen ist. Genau aus diesem Grund, habe ich Angst, dass Alicent nun ein ähnliches Schicksal erwarten wird. Sie hat ihre Karten ebenfalls alle ausgespielt, keine Trümpfe mehr im Ärmel und keiner der Handlungsstränge scheint von ihr abhängig zu sein. Es stört nicht, dass sie Königsmund und den Ratssitzen fernbleibt, niemand vermisst sie dort. Und da sie momentan an nichts Anteil hat, befürchte ich, dass ihre ziellosen Ausflüge in den Wald nun das Äquivalent zu Daemons Tagträumen sein werden.

Kurze Eindrücke

  • Die Drachenwärter machen Rhaenyra eine Ansage, doch irgendwelche Auswirkungen hat diese nicht, da Rhaenyra auch ohne ihre Hilfe problemlos Vermithor herbeirufen kann. Welchen Zweck hatte die Szene also?
  • Es war eine schöne Hommage an die Romanvorlage von George R. R. Martin, dass Mysaria genau die Worte benutzte, wie auch Pilz, als es um die Targaryen-Bastarde ging.
  • Ich bin froh, dass man keinen Fokus auf die Romanze zwischen Rhaenyra und Mysaria gelegt hat. Denn auch wenn der Kuss in der letzten Episode zur Stimmung des Momentes passte, bin ich an dieser Liebesgeschichte nicht interessiert.
  • Aegon sieht furchtbar aus und erinnert mit keiner Fasern mehr an sein früheres Ich.
  • Jeyne Arryn hat einen eiskalten Blick, als sie Rhaena, Aegon und Viserys aus Hohenehr ̎verabschiedet ̎.

Fazit

Diese Episode hatte zweifelsohne viele imposante Momente und sie konnte mit bildgewaltigen Szenen beeindrucken. Doch neben der starken Geschichte rund um die neuen Drachenreiter gab es leider inhaltlich einige Mängel und die Nebenschauplätze wusste weniger deutlich zu überzeugen. Besonders die Handlung rund um Daemon wird immer uninteressanter, allein Oscar Tully konnte diesem Handlungsstrang etwas Positives abgewinnen. Somit ist es zwar eine der stärkeren Episoden der Staffel, doch es gibt noch immer Luft nach oben.

Marie Müller - myFanbase

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