Review: #2.07 Der Retter

Ein US-Marshal auf Abwegen, der versucht, den Diebstahl seiner Ex-Frau zu vertuschen, eine Tasche voller Geld, das den Secret Service auf den Plan ruft, und ein Krimineller, dem eine Anstellung als Sicherheitsberater angeboten wird - die Folge bietet einen interessanten Mix und spielt gekonnt mit den Gegensätzen ohne dabei lächerlich zu wirken.

Seitenwechsel

Schon in den ersten Minuten komme ich nicht umhin, Vergleiche mit "White Collar" zu ziehen, als sich Raylan bemüht, unbemerkt in den Besitz des 100 Dollar Scheines zu kommen. Doch die Aufgabe erweist sich schwieriger als gedacht und seine Mission will ihm einfach nicht gelingen, da ihm seine Kollegen immer einen Schritt voraus sind. Ständig werden ihm neue Stolpersteine in den Weg gelegt und er muss immer wieder neue Pläne schmieden. Das ist herrlich anzusehen und entspricht so gar nicht der üblichen "Justified"-Machart. Das Gespräch mit Rachel im Aufzug ist Dank der Mimik von Timothy Olyphant eine kleine, aber feine Szene und lockert das Thema weiter auf. Seine Bemühungen zeigen auf der anderen Seite aber auch, dass Raylan bereit ist, unorthodoxe Wege zu gehen, um Winona aus der Misere zu helfen. Im Übrigen zeichnet sich auch immer mehr ab, dass zwischen Raylan und Winona offensichtlich wieder die alte Leidenschaft entfacht ist.

Apropos Winona. Dass Gelegenheit Diebe macht, ist ein altbekanntes Sprichwort. Aber dass sie tatsächlich die besagte Gelegenheit auch nutzt und zur Diebin wird, hätte ich nie vermutet. Denn sie ist eine kluge Frau, die mit beiden Beinen fest im Leben steht. Eine solche Aktion bringt ihre gesamte Zukunft sowohl in beruflicher, als auch in privater Hinsicht in Gefahr. Sicherlich ist ihr Argument, das Geld dafür zu benutzen, private Schulden abzuzahlen, ein Stückweit nachvollziehbar. Trotz allem ist und bleibt es Diebstahl. Die Schwierigkeiten, die sich aus ihrer Tat ergeben, ziehen weite Kreise und enden damit, dass sie ihren Ex-Mann auch in die Sache hinein zieht. Dass dieser bereitwillig mitmacht, ist allerdings nicht weiter verwunderlich. Zu sehr hängt er noch immer an ihr. Oder wieder. Vergessen scheint seine Liaison mit Ava und ich frage mich ernsthaft, ob es nicht doch noch zu einer zweiten Hochzeit zwischen Winona und Raylan kommen wird. Was die Aktivitäten ihres Noch-Ehemannes Gary angeht, der sich mit dem zwielichtigen Wynn Duffy trifft, scheint auch noch so einiges im Argen zu liegen. Die Frau kann einem schon leidtun. Kommt vom Regen in die Traufe. Und steht auch finanziell vor dem Ruin. Umso schöner ist es, dass sie wenigstens Rückhalt von Raylan erfährt.

Die ruhige, aber bestimmende Persönlichkeit von Art Mullen beeindruckt mich auch immer wieder aufs Neue. Nie um einen Spruch verlegen, ist Art eine wichtige Stütze für das gesamte Team. Mehr noch. Für Raylan ist er mehr oder weniger Vater-Ersatz, der sich um seinen Schützling sorgt, auch wenn seine manchmal ruppige Art dies nicht immer vermuten lässt. Ob er bereits vermutet, dass Raylan und Winona etwas mit dem Geld aus dem 20 Jahre zurück liegenden Bankraub zu tun haben, ist momentan schwer abzuschätzen. Auffallend ist aber, dass er wiederholt in der Nähe von Raylan auftaucht. Es liegt daher nahe, dass sein Misstrauen geweckt ist. Kopfzerbrechen bereitet mir der Umstand, dass das Geld zwar nun wieder zurück ist, aber der Secret Service seine Ermittlungen aufgenommen hat. In diesem Fall ist das letzte Wort noch nicht gesprochen. Denn wenn diese Aktion ohne Konsequenzen bleibt, war der ganze Aufwand sinnlos.

Seitenwechsel II

Eine weitere interessante Storyline bietet der neue Job von Boyd, der von den Betreibern der Mine als neuer Sicherheitsberater engagiert wurde. In dieser Funktion läuft er auch gleich Raylan über den Weg. Von Carol Johnson mit einem neuen Anzug ausgestattet, macht er gar keine schlechte Figur. Als er im Gerichtssaal seine Hilfe anbietet, um nach versteckten Sprengsätzen zu suchen, bin ich angenehm überrascht. Sein Auftritt wirkt sehr seriös und auch sonst erscheint er reifer als je zuvor. Im Vorfeld habe ich schon gestaunt, als er im Gespräch mit Carol zunächst versucht, auf seine kriminelle Vergangenheit hinzuweisen. So ganz wird man aus ihm trotz allem aber nicht schlau und er erweist sich wieder einmal als Chamäleon, das je nach Situation seine Farben wechseln kann.

Doch wie wir später erfahren, ist das Jobangebot nur ein Vorwand, um Boyd zu sich ins Boot zu holen, denn Carol führt noch mehr im Schilde und erwähnt Mags Bennett. Etwas aufgesetzt wirkten auf mich die Szenen im Gerichtssaal, sowie die komplette Geschichte um die Ermordung eines Minengegners, die für mich eher nebensächlich war. Eine weitaus interessantere Handlung verspricht allerdings die stetig im Hintergrund schwelende Bedrohung durch den Bennett-Clan zu werden. Ich hatte schon einmal geschrieben, dass es für mich den Anschein hat, dass jeder in Harlan und Umgebung Dreck am Stecken haben zu scheint. Diese Folge unterstreicht meine Vermutung einmal mehr. Inwieweit Carol (oder die Minenbetreiber) in die Machenschaften involviert ist, bleibt abzuwarten, denn bislang wurde darauf noch nicht eingegangen. Auch gebe ich unumwunden zu, dass ich mich auf weitere Folgen mit dem Bennett-Clan freue. Bis es zum Showdown kommt, wird vermutlich noch einige Zeit vergehen, aber bestimmt wird uns in den nächsten Folgen noch die ein oder andere Überraschung erwarten.

Fazit

Alles in allem keine spannende, dafür aber eine unterhaltsame Episode, die zeigt, dass auch ein Gesetzeshüter kriminelle Energie entwickeln kann, wenn es darum geht, die eigene Haut oder - in diesem Fall - die seiner Ex-Frau zu retten. Punkten kann die Folge vor allem mit der originellen Idee, Raylan auf Raubzug gehen zu lassen, und deren witzigen Umsetzung.

Melanie Berl - myFanbase

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