Review: #3.10 Harter Wahlkampf
"Justified" – eine Serie, die es schafft, brillante Szenen und über die Maßen begabte Schauspieler lapidar einzusetzen. Man hat das Gefühl, dass einem gerade unglaublich hoher Standard geboten wird und gleichzeitig, dass man noch lange nicht alles gesehen hat.
Set Him Free
Die unangefochten beste Darbietung liefert Neal McDonough, der als Robert Quarles sowohl in seiner Szene mit Boyd, vor allem aber auch im Gespräch mit Donovan (Marshall Allman) zu absoluter Hochform aufläuft. Dass "Justified" zumeist bis in die Nebenrollen hinein ausgesprochen gute Schauspieler castet, ist bekannt, doch was McDonough hier liefert, muss sich nicht einmal hinter der konstant guten Performance Walton Goggins' verstecken.
Wenn dieser eiskalte und durchorganisierte Verbrecher von seiner eigenen Vergangenheit spricht, die mit Vergewaltigung, Kinderprostitution und Vatermord gefüllt ist, dann vergisst man beinahe das Atmen. Es liegt etwas so brachial Brutales in dieser Szene, dass einem die Gefahr, die von Anfang an von Quarles ausgegangen ist, mit einem Schlag so direkt vor Augen geführt wird, dass man beinahe alles andere darauf vergisst. Denn wie soll man jemandem für seine Taten die Schuld geben, wie soll jemand sich einer Schuld überhaupt bewusst werden, wenn man von so einer Vergangenheit ausgeht?
Guy Walks Into A Bar
Wie viel Ironie liegt angesichts der Entwicklungen in dieser Folge in ihrem Titel?
Geht ein Mann in eine Bar, hat nichts mehr zu verlieren, weil er alles verloren hat, und glaubt trotzdem, sich mit dem Helden der Geschichte anlegen zu können. Dass Quarles sich noch traut, Raylan zu bedrohen, obwohl er bereits eine eindeutige Warnung von Boyd erhalten hat und sogar Wynn Duffy ihm rät, das Weite zu suchen.
Geht ein Mann in eine Bar und übt für einen Kampf, von dem er weiß, dass er ihn verlieren wird, bevor er ihn überhaupt begonnen hat. Weil er nicht der Typ ist für diese Art von Kampf. Weil er keine Reden hält – zumindest nicht vor einer bürokratischen Öffentlichkeit – sondern seinen Silberstern für sich sprechen lässt oder seine Waffe, je nachdem, was besser passt. Dennoch verbringt Raylan eine ganze Nacht damit, seine Rede zu üben. "Mein Name ist Raylan Givens, ich bin ein U.S. Marshal." Als würde ein Satz, der noch nicht einmal fürs Lagerfeuer reicht, dafür sorgen können, Reardon zu überzeugen. Man könnte den Witz beinahe abändern. Geht ein Mann in einen Gerichtssaal.
Geht ein Mann in eine Bar, fühlt sich siegessicher und bekommt einen Anruf, dass er trotz aller Gegenanzeichen verloren hat. Vielleicht ist Boyd tatsächlich der einzige, aus dem am Ende nicht eine Lachnummer gemacht wird. Denn während Shelby die offizielle Wahl verliert, schafft es Boyd wieder einmal mit seiner ausgefuchsten Intelligenz, Napier ein Schnippchen zu schlagen. Er hat seinen Mann dort, wo er ihn haben wollte. Jetzt ist nur die Frage, ob er ihn dort halten kann und vor allem, ob er damit Limehouse zufriedenstellen können wird. Denn dieser wetzt schon die Messer.
Die Serie stellt eines ganz prominent in den Raum – Männer gehen in Bars. Und enden meistens als Lachnummer. Allerdings gilt wie immer, dass man seine Gegner im Holler möglichst nicht unterschätzen sollte. Und selbst wenn sie drogensüchtig sind, pleite, betrunken, verlassen und gebrochen – sie schießen immer noch scharf.
Keine Ruhe vor dem Sturm
Überhaupt kommt es einem beinahe so vor, dass ganz Kentucky sich zu einem riesigen Blutbad bereit macht. Boyd kämpft so offensiv wie schon lange nicht mehr. Raylan – und auch Art – benehmen sich so schräg, dass man nicht weiß, ob sie den Verstand verloren haben und tatsächlich wahnwitzige Ideen haben, oder einfach nur ihren Galgenhumor zur Schau tragen, weil ihnen keine andere Wahl mehr bleibt. Quarles beißt um sich, wie ein tollwütiger Hund. Limehouse wechselt seine Vertragspartner mit der Selbstverständlichkeit, mit der er seine Schweine zur Schlachtbank führt. Eine grandiose Metapher im Übrigen.
Und als würde das Ganze noch nicht reichen, kommt nun auch noch Dickie aus dem Gefängnis frei, um mitzumischen.
Fazit
Morituri te salutant. Was auch immer "Justified" in den letzten Folgen dieser Staffel bereit hält, man kann fest davon ausgehen, dass Blut fließen wird. Die Charaktere werden dunkler und verbissener und jeder kämpft gerade verzweifelt darum, seine Stellung entweder zurückzuerobern oder zu halten. Noch immer herrscht diese merkwürdige Art von Macht-Vakuum, dass sich immer weiter verdichtet und alle Beteiligten zusammendrängt. Stärker kann man eine Klimax nicht bauen. Und ich bezweifle stark, dass mit dieser Vorlage beim wirklichen Höhepunkt noch etwas schief gehen kann.
Eva Kügerl – myFanbase
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Informationen zur Episode
Englischer Titel: Guy Walks Into a BarErstausstrahlung (US): 20.03.2012
Erstausstrahlung (DE): kein Termin
Regie: Tony Goldwyn
Drehbuch: V. J. Boyd
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