Vampirromane Ein Trend mit Biss
Echte Konkurrenz bekam Bram Stokers Roman in den folgenden Jahren zunächst nicht. Bei den meisten Vampirgeschichten, die nach "Dracula" erfolgreich waren, handelte es sich um Adaptionen von Stockers Roman, wie etwa Stephen Kings 1975 erschienender Vampirthriller "Brennen muss Salem" (Originaltitel: "Salem's Lot").
Aufstieg zu Kultfiguren
Ein Jahr nach Kings literarischer Hommage an "Dracula" kam jedoch Anne Rices erster Vampirroman, die bereits erwähnte Vorlage für den Film "Interview mit einem Vampir", auf den Markt und bildete den Auftakt zu einem zehnbändigen Zyklus. Rice gelang es mit den Charakteren Lestat und Louis neue interessante Vampire zu erschaffen, die ein breites Publikum ansprachen. Durch die Verfilmung mit Tom Cruise und Brad Pitt erhielten die Blutsauger reale Gesichter und sehr viele (nicht zuletzt weibliche) Fans.
Nachdem die Vampire durch Fernsehserien wie "Buffy" und "Angel" ihre Massentauglichkeit noch einmal deutlich unter Beweis gestellt hatten, nahm die Zahl der Vampirromane mehr und mehr zu.
2001 begann Charlaine Harris ihre Buchserie "The Southern Vampire Mysteries" um die gedankenlesende Kellnerin Sookie Stackhouse, die mit der Vampirwelt von Louisiana konfrontiert wird. Der große Erfolg der Reihe veranlasste Alan Ball, auf ihrer Basis die Fernsehserie "True Blood" zu produzieren. 2005 gelang Stephenie Meyer mit ihrem Roman "Twilight", der in Deutschland unter dem Titel "Bis(s) zum Morgengrauen" erschien, ein Bestseller über die Liebe zwischen einem Mädchen und einem Vampir. Auch die Folgebände faszinierten eine große Leserschaft und ebneten den Weg für die erste Verfilmung, die 2008 in die Kinos kam.
Zur gleichen Zeit wie die "Twilight"-Reihe begann auch J.R. Wards "Black Dagger"-Buchserie um sechs Vampirkrieger, die ihr Volk vor seelenlosen Jägern beschützen müssen. 2007 stieß Lara Adrian zu dem Kreis der erfolgreichen Vampirroman-Autoren hinzu und startete die Vampir-Saga "Midnight Breed". Der erste Band erschien in Deutschland unter dem Titel "Geliebte der Nacht".
Der Beweis, dass sich der Vampirmythos auch mit dem Genre der Romantikkomödie verbinden lässt, wurde ebenfalls bald von zahlreichen Autoren mit erfolgreichen Romanen angetreten. So schreibt Lynsay Sands über Vampire, die nach der großen Liebe suchen, und Mary Janice Davidson erzählt von der Vampirin Betsy Taylor und ihrem Streben nach Glück.
Ich Vampir, Du Vampir
Die Vampire in den zahlreichen Romanen sind natürlich nicht alle gleich. Als mythische Figuren, zu denen keine wissenschaftlichen Daten vorliegen, sind Vampire auf die verschiedensten Weisen interpretierbar. Bram Stokers Vampir Dracula hat als Prototyp viele Eigenschaften vorgegeben, die noch heute Anwendung finden: spitze Fangzähne, keinen Schatten und kein Spiegelbild, Angst vor Kreuzen und Knoblauch, zu töten durch einen Pfahl ins Herz, Sonnenlichtunverträglichkeit, Verwandlung in Tiere (mit der Fledermaus als beliebtestes Motiv), hypnotische Fähigkeiten und übermenschliche Körperkraft. Als Schlafzimmer dient der Sarg. Aus diesem Fundus bedienen sich die Autoren von Vampirromanen mittlerweile recht freimütig. So mancher Vampir von heute hat sehr wohl ein Spiegelbild oder belegt seine Pizza ganz gerne mal mit Knoblauch.
Auch der Fortschritt macht vor Vampiren nicht halt. So verzichten viele moderne Vampire darauf, Menschen auszusaugen und ernähren sich von Blutkonserven. Das Schlafen im Sarg ist ein Motiv, das am häufigsten wegfällt.
Vampire können mittlerweile sowohl gut als auch böse sein. Liebesgeschichten zwischen Menschen und Vampiren erfreuen sich großer Beliebtheit und stellen eine neue Variante der "Romeo & Julia"-Legende dar: verboten, romantisch, tragisch, schön.
Everybody loves Vampires
Was macht Vampire so faszinierend? Im 19. Jahrhundert, als wie erwähnt die ersten bedeutenden Vampirerzählungen entstanden, stellte diese Art der Literatur eine Auseinandersetzung mit dem Bösen, mit der Angst vor dem Tod und mit der, damals noch sehr verbreiteten, Angst vor dem lebendig begraben werden dar.
Auch heutzutage fasziniert an Vampire, dass sie dem Tod, wie die Menschen ihn kennen, trotzen. Die Angst vor dem Tod ist ein Thema ohne Verfallsdatum, so lange die Menschen ein Verfallsdatum haben. Vampire strahlen Macht aus. Sie sind (meistens) stark, schön und jung. Sie scheuen das Licht, während Menschen die Dunkelheit meiden. Diese Gegensätzlichkeit übt Faszination aus und macht aus der Begegnung zwischen Menschen und Vampiren ein Aufeinanderprallen von Licht und Schatten.
Die erotische Komponente ist nicht zu übersehen. Der Akt des Blutaussaugends ist das animalische, schmerzhafte Äquivalent zu einem Kuss.
In früheren Zeiten galten Liebesbeziehungen zwischen verschiedenen Gesellschaftsschichten arm und reich oder interkulturelle Romanzen zwischen Weißen und Schwarzen als im besten Fall außergewöhnlich, im schlimmsten Fall als verpönt oder gar illegal. Das ist heute glücklicherweise in den meisten Kulturkreisen nicht mehr so. Daher stellen nun Romanzen zwischen verschiedenen Spezies, wie Mensch und Vampir, die neue Spielwiese der tragischen, komplizierten Liebe dar.
Maret Hosemann - myFanbase
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