Bewertung

Review: #3.21 Greatest Hits

Wenn in fernen Zeiten mal jemand auf die Idee kommen sollte, die offiziellen "Greatest Hits" aller jemals gelaufenen "Lost"-Episoden zu nominieren, würden es diese besonderen "Greatest Hits" dann ganz nach oben schaffen? Meine Stimme würde die Folge wahrscheinlich schon aus Solidaritätsgründen bekommen. Weil sie so verdammt traurig ist und eure nah am Wasser gebaute Reviewerin sich mehr als einmal fast in selbiges geschubst hätte.

Klar, kurz vorm großen Finale wird handlungstechnisch nur wenig Pulver verschossen und in erster Linie der Boden bereitet für die zu erwartenden dramatischen Ereignisse der letzten Episode in dieser Staffel - im wahrsten Sinne des Wortes wird eine richtig schöne Zündschnur gelegt. Charlies Unterwassermission führt uns in eine neue Location, wo gleich mal wieder zur Begrüßung mit der Waffe gefuchtelt wird; die Maßnahmen zur finalen Abrechnung mit den Anderen sind ebenfalls hauptsächlich Ouvertüre. Interessanter sind da schon die Auslassungen: Ben kehrt zurück, aber ohne Locke, der erstmal eine Folge lang in seinem Loch weiter krepieren darf. Dass ausgerechnet dieser Faden erstmal liegengelassen wird, wirkt dramaturgisch ein wenig herbei gezwungen. Es passt aber ins Konzept dieser Episode, die sich, neben den Vorbereitungen fürs Finale, viel Zeit nimmt, um (wahrscheinlich) einen unserer Losties der ersten Stunde zu verabschieden: Charlie.

Dass das Drehbuch für unseren kleinen Hobbit nach dieser Folge etwas anderes als den Heldentod vorsieht, kann ich mir kaum vorstellen. Zu eindeutig und endgültig waren die Abschiedsgesten: der zurückgelassene Ring, die Aussprachen, und eben die "Greatest Hits". Charlies fünf Momente fand ich sehr schön ausgewählt, weil sie einen authentischen und würdevollen Querschnitt dessen boten, was ihn als Figur ausgemacht hat: die Hingabe zur Musik, das Verhältnis zur Familie und besonders zu Bruder Liam, der Kampf mit sich selbst und dem Selbstwertgefühl, seine Gefühle für Claire. Man kann immer nachvollziehen, warum Charlie gerade dieser und jener Moment so viel bedeutet. Und das gerät denn auch nicht pathetisch, sondern ist Versöhnung und Vermächtnis zugleich. Denn immerhin ist Claire die Adressatin, und in erster Linie soll ihr diese kleine Liste wohl signalisieren: Es ist alles gut, ich weiß, was auf mich zukommt, ich liebe dich.

Aber trotzdem verweigert uns die Episode den erwarteten Schluss und bricht an einer äußerst fiesen Stelle ab. Das ist für mich gerade deshalb etwas schade, weil es analog zum oben monierten Locke-Loch wie ein Aufschub um des bloßen Effektes willen wirkt. Um zum Ende zu kommen: #3.20 The Man Behind the Curtain ist schwer zu toppen, und #3.21 Greatest Hits versucht es auch gar nicht. Als verdienstvoller Trommelwirbel fürs große Finale - und als Goodbye für einen Lieblingsprotagonisten - sind die "Hits" dennoch starke Unterhaltung.

Melanie Holtmann - myFanbase

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