Bewertung

Review: #4.01 Der Anfang vom Ende

Wenn "Lost" mit etwas punkten kann, dann sind das auf jeden Fall grandiose Staffelauftakte – natürlich neben tausend anderen Dingen. Und so wurden wir auch in diesem Staffelauftakt nicht enttäuscht, ganz im Gegenteil, dieser Auftakt hat viel von dem alten "Lost", was wir kennen und lieben gelernt haben, und zeigt uns gleichzeitig eine ganz neue Richtung an, in die sich die Serie nun bewegen wird.

Das Konzept Flashfoward

Wie auch schon im Finale der dritten Staffel (#3.23 Hinter dem Spiegel (2)), haben wir es in dieser Episode wieder mit einem Flashforward, bzw. Future-Flash, zu tun und nicht mehr mit einem gewohnten Flashback.

Meiner Meinung nach geht dieses Konzept voll und ganz auf und bringt noch einmal eine ganz andere Dynamik in die Serie. Während die Flashbacks immer ein wenig das Tempo auf der Insel gezügelt haben, da sie einfach ein extremer, wenn auch meist sehr interessanter Sprung in die Vergangenheit waren, so haben wir hier Sprünge in die Zukunft, die uns zwar fragmentartig schon erzählen, was noch auf der Insel (in der Gegenwart) passieren wird, jedoch nur so fragmentiert erzählen, dass man am Ende der Episode eigentlich auch nicht viel schlauer ist.

Ich hoffe, dass sich die komplette Staffel an dieses Konzept hält und wir erst einmal keine Flashbacks mehr sehen. Einzige Ausnahme wäre hier ein Flashback von Harold Perrineau, der anscheinend wieder zum Maincast gehört, wie man (leider) in dieser Episode schon sehen konnte. Da würde mich natürlich interessieren, wie er es wirklich von der Insel geschafft hat und wie es ihm dann ergangen ist.

You know they need you

Hurley, nach eigenen Angaben einer der "Oceanic Six", steht diesmal im Mittelpunkt und fällt prompt in alte Gewohnheiten zurück: Wahnvorstellungen, Halluzinationen und ein Aufenthalt im Santa Rose.

Die erste Zeit nach seiner Rückkehr, wie lange das auch immer schon her ist, schien Hurley sich mit dem alten Camero seines Vaters beschäftigt zu haben, da der Wagen voll funktionsfähig war, im Gegensatz zum letzten Mal, als wir ihn sahen. Doch dann schien alles schief zu laufen und das genau zu dem Zeitpunkt, als er seinen toten Freund Charlie, der sein Leben auf der Insel geopfert hatte, in einem Supermarkt sah.

Als er dann von Ana-Lucias altem Partner verhört wurde und nichts von den Ereignissen auf der Insel erzählte und noch nicht mal erwähnte, dass er Ana-Lucia gekannt hat, sah er erneut seinen Freund in einer Halluzination, wie Charlie auf ihn zu geschwommen kam. Diesmal stand auf seiner Hand allerdings nicht "Not Penny's boat", wie das in der letzten Episode der Fall war, sondern "They need you".

Gleiches sagt Charlie auch zu Hurley, als er ihn im Santa Rose Hospital besucht. Es scheint demnach offensichtlich, auch wenn man an Jacks letzten Flashforward denkt, dass die Insel oder die Menschen, die sich noch auf ihr befinden, Hurley (und die anderen fünf?) brauchen. Was ist also auf der Insel geschehen? Warum haben es nur sechs von der Insel geschafft? Warum stehen diese nicht mehr im engen Kontakt zueinander? Und was passiert mit Jack, der in dieser Episode noch nicht so besessen ist, wie in seinem eigenen Flashforward?

Die kurze Unterhaltung von Hurley und Jack hat auch gezeigt, dass noch etwas Schwerwiegendes auf der Insel passiert sein muss. Nicht nur die Tatsache, dass die beiden Lager (Locke – Jack) auf irgendeine Art und Weise wieder zusammen gekommen sein müssen, sonst wären nicht Hurley und Jack wieder von der Insel runter, sondern auch die Art und Weise, wie die beiden miteinander gesprochen haben und, dass Jack es nicht eine Sekunde komisch vorkam, dass Hurley meinte "He wants us to come back". Da ist es wieder gewesen: Das mysteriöse "he", von dem wir immer noch nicht wissen, um wen es sich wirklich handelt. Und selbst wenn Jacob damit gemeint ist, haben wir dennoch keinen wirklichen Hinweis, wer Jacob wirklich ist.

Matthew Abaddon

Während Ben seinen Mystery-Faktor schon fast verloren hat, da wir zu viel von ihm und seinen Schwächen kennen, wobei er für mich immer noch einer der besten und interessantesten Charaktere ist, haben wir in dieser Episode den neuen Mystery-Man von "Lost" gesehen, der uns hoffentlich noch des öfteren begegnen wird. Die Ausstrahlung von Lance Reddick hat mich schon von der ersten Sekunde an gefesselt und sein mysteriöser Charakter machte die Szene an sich noch spannender.

Wer ist dieser Mann und was genau will er von Hurley? Und warum fragte er: "Are they still alive"? Ist er auch nur eine Erscheinung von Hurley? Das kann ich mir ehrlich gesagt nicht vorstellen, denn im Gegensatz zu Charlie wurde Matthew von einer Schwester gesehen und erschien mir – komischerweise – sehr real. Er könnte demnach jemand sein, der schon lange etwas mit der Insel zu tun hat und die Geheimnisse eventuell kennt. Eine Anspielung darauf könnte auch die Tafel sein, die sich hinter ihm befunden hat und auf der man eine Insel, einen Hai und ein Boot gesehen hat. Ich glaube, er meinte nicht die anderen von Oceanic 815, sondern vielmehr die Leute von Dharma, oder sogar die eigentlichen Ureinwohner der Insel.

Schwarz und weiß gibt es meiner Meinung nach bei "Lost" nicht und ich bin der Meinung, dass man die "Anderen" beispielsweise niemals in eine solche Kategorie einteilen konnte, auch wenn sie uns natürlich erstmal als "böse" vorgestellt wurden. Genauso wenig kann man wahrscheinlich Matthew Abaddon einordnen, allerdings ist der Mann mir nicht geheuer und er weiß mehr, als wir wahrscheinlich jetzt erahnen können.

Jacob Teil 2

Wieder einmal konnten wir einen Blick auf die Hütte von Jacob werfen und haben gleichzeitig gesehen, dass diesmal Christian Shephard in der Hütte saß und dabei einen weißen Turnschuh anhatte, einen Turnschuh, den wir in der allerersten Szene der Serie gesehen haben. Ich bin mir ziemlich sicher, dass Christian nicht Jacob ist. Natürlich muss er eine wichtige Rolle spielen, sonst wäre er nicht seit den ersten Episoden so ein Mysterium und man hätte nicht selbiges um seinen Tod aufgebaut, aber Jacob ist für mich noch jemand anderes.

Interessant ist allerdings, warum genau Hurley ihn gesehen hat, der einer der einzigen zu sein scheint, der noch nie auch nur im Geringsten etwas mit Christian zu tun hatte. Auf der anderen Seite stellt sich natürlich die Frage, zu wem das Auge gehört? War es der echte Jacob? Jemand den wir schon mal gesehen haben? Jemand den wir noch kennenlernen werden? Hier zu spekulieren, käme wohl der sprichwörtlichen Suche nach der Nadel im Heuhaufen gleich, weshalb ich es an dieser Stelle erst mal lasse.

Randnotizen

Anstatt eines Rettungsbootes, wurden Jack und Kate von einem Neuankömmling begrüßt. Naomi hat die Koordinaten durchgegeben, so dass das Rettungsteam die Insel eigentlich bald erreichen müsste. Doch es stellt sich erneut die Frage, ob es sich wirklich um ein Rettungsteam handelt oder ob diese Menschen etwas anderes vorhaben. Hinzu kommt, dass wir uns nicht sicher sein können, ob Naomi wirklich eine Schwester hat (und wenn ja, wer außer Susan würde bisher in Frage kommen) oder ob dieser Gruß an die Schwester einfach nur ein Code war.

Bei Naomi stellt sich natürlich auch noch die Frage, wer ihr das Messer aus dem Rücken gezogen hat. In Frage kommen würden bisher eigentlich nur Danielle oder Ben. Letzterem würde ich es zutrauen. Er hätte ihr Vertrauen gewinnen können, da er selbst ein "Opfer" von unseren Losties war und sie sicherlich ihm mehr getraut hat, als den anderen.

Gezeigt hat die Episode wohl auch, dass Jack einer derjenigen ist, den die Insel am meisten verändert hat. Der Held, der alles dafür getan hat, dass jeder auf der Insel sicher ist, hat nicht eine Sekunde gezögert, als er die Waffe auf Locke richtete. So eine Aktion hätte man von dem Doktor in den ersten beiden, vielleicht sogar in den ersten drei Staffeln nicht gesehen und ich finde es immer wieder faszinierend, wie sehr sich die Charaktere entwickeln und wie man ihnen diese Entwicklung durch die vergangenen Ereignisse abnimmt, denn wenn ich ehrlich bin, habe ich mich kein Stück darüber gewundert, dass Jack abgedrückt hat.

"Lost" ist dafür bekannt, dass immer wieder geliebte und ungeliebte Charaktere das zeitliche segnen. So mussten wir uns im Finale der dritten Staffel auch von Charlie verabschieden und haben das erste Mal wirkliche Trauer erlebt, die von mehreren Personen ausging. Ich finde es ehrlich gesagt auch das erste Mal wirklich passend. Natürlich wurde immer vereinzelnd getrauert, aber Charlie war erstens ein Mensch, der sich mit vielen anderen Charakteren eingelassen hat und somit eine enge Bindung zu vielen hatte, und zweitens ist er der einzige Charakter, der für die anderen gestorben ist.

Easter Eggs

Für alle, die nicht die Episode bei der Szene in der Hütte gestoppt haben und ihren Bildschirm aufgehellt haben, ist es sicher ein Easter Egg, dass Christian Shephard in der Hütte sitzt.

Ansonsten sehen wir natürlich Hurleys alten Wagen wieder und die Zahlen 8 und 15 verstecken sich diesmal in Buchstaben und werden in der deutschen Synchronisation sicherlich untergehen. So sieht Hurley Charlie das erste Mal neben den "Ho-Ho's" stehen und er spielt mit Jack das Spiel "Horse", bei dem Jack die Buchstaben H und O bekommt. H ist der 8. Buchstabe des Alphabets und O der 15.

Außerdem sehen wir Randy, Hurleys alten Kollegen, der die Kamera (die übrigens noch die Klappe vor der Linse hat) auf den "Unfallort" von Hurley richtet.

Fazit

Es steckte so viel in dieser Episode, dass ich sicherlich die Hälfte vergessen habe. Ich kann nur sagen, dass ich jetzt schon Lust habe, noch viel viel mehr zu sehen und davon überzeugt bin, dass die Serie in den letzten drei Staffeln noch mal zum völligen Höhepunkt ansetzt. Diese Episode hatte einfach alles: Drama, Mystery und auch eine kleine Portion Humor!

Annika Leichner - myFanbase

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