Review: #2.04 Penny und Dime
Die ersten vier Folgen der zweiten Staffel von "Marvel's Daredevil" konzentrierten sich fast ausschließlich auf die Handlungsebene rund um den Punisher. Diese kommt am Ende dieser Folge etwas überraschend zu einem vorläufigen Ende, beziehungsweise zu einem Zwischenhalt, ganz zu Ende sein wird sie sicherlich nicht. Bevor man Frank Castle aber den Behörden übergeben hat, versucht man noch mit allen Mitteln, Sympathien oder zumindest Mitleid für diese Figur bei den Zuschauern zu erzeugen. Und genau da hat man mich verloren. Bis zum jetzigen Zeitpunkt war diese neue Geschichte innerhalb des "Daredevil"-Universums für mich nicht gerade großartig, aber durchaus OK. Mit der klischeehaften Rechtfertigung seiner Taten die von Einfallslosigkeit auf ganzer Linie geprägt ist, hat man aber vorerst jeglichen guten Willen meinerseits verspielt.
Die ganze Hintergrundgeschichte des Punishers, die hier aufgedeckt wird, trieft nur so von Standarderklärungen. Nicht nur das übliche Kriegsveteranenklischee wurde bedient, auch die zu unrecht getöteten unschuldigen Familienmitglieder Frank Castles dürfen dabei nicht fehlen. Das klingt einzeln betrachtet sicher ordentlich dramatisch und traurig, ist aber als Motivation für einen konfliktbeladenen Antihelden derart ausgelutscht, dass es einfach nur noch langweilt. Sicher hat man hier auch gewisse Bezüge zur Comic-Vorlage, an die man sich halten musste, aber auch in einem vorgegeben Rahmen könnte man gewisse Besonderheiten einbauen, die der Sache einen eigenen Stempel aufdrücken würde. Aber das hat man hier nicht einmal versucht, man hat lediglich die einfallsloseste Erklärung, die einem eingefallen ist genommen und ohne auch nur irgendetwas interessantes Dazuzufügen, ausgespielt. Und dabei hat man noch nicht einmal darauf vertraut, dass das Publikum die Sache schon kapieren wird. Hätte Frank in dieser Episode nur von seiner Familie erzählt und Matt die Herkunft von "Penny und Dime" berichtet, wäre das sicher immer noch einfallslos gewesen, aber man hätte es da eben zum ersten Mal erfahren. Durch Karens Durchsuchung von Franks Wohnung, die genau dieselbe Funktion hatte, uns Zuschauern Franks Background zu erläutern, inklusive des Kinderbuches mit dem Zitat "Penny and Dime", komme ich mir ehrlich gesagt ein wenig für dumm verkauft vor. Man konnte so einfach jedes Wort Franks vorhersagen und dadurch verpuffte die beabsichtige tragische Wirkung seiner Worte total im Nichts. Hier hätte man sich einfach entscheiden müssen, entweder Karens Szenen zu zeigen, oder Frank am Ende davon erzählen zu lassen.
Das Fass zum Überlaufen bringt es für mich aber, dass man nun offensichtlich vom Zuschauer erwartet, Franks Taten in einem anderen Licht zu sehen. Aber das funktioniert so einfach nicht. Dafür war er zu brutal, zu berechnend und zu weit weg von dem, was ich unter Moral verstehe. Auch wenn es "nur" Kriminelle waren, die er hingerichtet hat. Aber dennoch hat er diese einfach abgeschlachtet. Da gibt es einfach nichts zu entschuldigen.
Ganz abgesehen davon, dass die Serie nicht nur Mitleid mit Frank erzeugen will, sondern auch Bewunderung. Die gesamte Szenerie rund um dessen Entführung, die sich fast die ganze Zeit im Bereich eines Folter-Pornos bewegte, wollte doch erreichen, dass man Frank zujubelt, wenn er sich gegen seine Peiniger durchsetzt. Dazu noch die lächerliche Szene mit seinem Hund, für den er dann aber Gefühle zeigt , bei der ich die ganze Zeit aus dem Augenrollen nicht mehr herauskam. Das war pure Verherrlichung von Gewalt und hirnlosem Testosteron, das sich aber als tiefgründige Moralmetapher tarnen wollte.
Und dann schwenkte die Folge nach der Ergreifung des Punishers plötzlich um in eine Liebesgeschichte. Plötzlich wurde es ernst zwischen Matt und Karen und die beiden küssten sich im Regen. Und obwohl der Kuss wunderschön inszeniert war, ist mir währenddessen aufgefallen, was mich bereits die ganze Zeit an diesem Aspekt so stört. Wir haben keine Ahnung, warum die beiden sich plötzlich zueinander hingezogen fühlen. Ihre Annäherung erfolgte auf rein körperlicher Ebene. Und da es für die Annäherung keinen greifbaren Grund gibt, scheint der einzige Sinn und Zweck dahinter zu sein, für das Auftauchen von Elektra eine zusätzliche Hürde für Matt einzubauen. Wäre dieses Erscheinen irgendwie eine Überraschung, wäre dies zwar immer noch einfallsloses Storytelling, aber dann eben wenigstens eine emotionale Überraschung. Da das gesamte Marketing dieser Staffel aber eben auf dem Punisher und auf Elektra aufbaute, kann nun niemand behaupten, dass dies für irgendjemand aus dem Nichts kam. Ich jedenfalls musste die ganze Zeit, während des Kuss' daran denken, dass dann bestimmt als nächstes Elektra auftauchen wird. Und boom, da ist sie auch schon. Wie aufregend!
Diese vierte Folge hat mich wirklich mit einem riesigen Augenroller zurückgelassen und ich kann einfach nicht viel Positives daran finden. Da habe ich noch gar nicht davon angefangen, wie sehr es mich stört, dass man mit der Eröffnung des Liebesdreiecks Karen-Matt-Elektra Karen plötzlich in die Ecke eines Love Interests stopft, wo sie schlicht nicht hingehört. Ich kann nur hoffen, dass Episode #2.05 Kinbaku schnell besser wird, denn hier hat man mir gerade ziemlich viel Vertrauen in die Serie geraubt.
Cindy Scholz - myFanbase
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Diskussion zu dieser Episode
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Informationen zur Episode
Englischer Titel: Penny and DimeErstausstrahlung (US): 18.03.2016
Erstausstrahlung (DE): 18.03.2016
Regie: Peter Hoar
Drehbuch: John C. Kelley
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