Bewertung

Review: #2.19 Eine gewaltige Diva

Als von einer Musicalfolge für "Modern Family" die Rede war, habe ich eigentlich fest damit gerechnet, dass uns das eine Spezialepisode mit Musicalparts für das Gesamtensemble bescheren würde. Tatsächlich ist der Titel "A Musical Man" aber nur eine Anspielung auf ein Schulmusical von Luke und Manny.

Da der Musicalregisseur erkrankt – oder besser gesagt von Cameron krank gemacht wird -, darf Cam die Leitung übernehmen. Es ist vorhersehbar, dass der neue Musicalregisseur daraufhin die eigentlich einfache Schulproduktion zu einem aufgeblähten Drama verkommen lässt, die kleine Schüler wie Broadway-Darsteller behandelt und ihm nichts gut genug ist. Vieles nimmt daraufhin seinen typischen Sitcom-Lauf. Dass die Inszenierung am Ende in ein Fiasko mündet, ist alles, nur keine Überraschung. Trotzdem bieten die kurzen Dialoge und Einzeiler von Cameron, Mitchell, Manny und Luke die besten Momente der Folge – wenn die Schüler Widerstand leisten gegen Camerons überstrenges Regime oder sich dieser mit Mitchell anlegt, kann man gar nicht anders, als die Popcorntüte hervorzuholen. Doch obwohl der Musicalstrang für viel Unterhaltung sorgt, wünschte ich mir, die Autoren wüssten Cameron vielseitiger einzusetzen. Ja, Eric Stonestreet ist ein guter Schauspieler. Ja, er kann unglaublich witzig sein, wenn er Camerons innere Dramaqueen herauskehren darf. Aber allein die Dosis macht, dass etwas kein Gift ist – und hier hat man in letzter Zeit eindeutig überdosiert. Das hat dazu geführt, dass Camerons Charakter langsam karikaturenhafte Züge annimmt. Zudem fängt man an, sich zu fragen, welches Fundament denn bitte Cameron und Mitchell als Paar zusammenhält, wenn der eine doch nur nervt und der andere ständig genervt ist.

Coolness versprühte dagegen mal wieder Phil. Platzknappheit auf seinem Wagen führt dazu, dass der Werbeaufkleber mit Claires und Haleys Antlitz Mutter und Tochter wie Damen aus dem horizontalen Gewerbe erscheinen lassen. Das hat den angenehmen Nebeneffekt, dass Phils Mobiltelefon kaum noch stillsteht, was diesen sichtlich erfreut. Claire hat von alledem zunächst keine Ahnung und versucht während der Autofahrt Haley die Vorzüge des Colleges schmackhaft zu machen. Sie schwelgt, sie lobt, sie schwärmt. Julie Bowen arbeitet Claires Emotionen wunderbar heraus – komplett zu Unrecht steht sie oft im Schatten ihrer berühmteren Kollegin Sofía Vergara. Als die Gefahr besteht, dass Claire das Arrangement der Aufkleber sehen und damit deren Aussagekraft erkennen könnte, versucht Phil alles in seiner Macht stehende, um Claire daran zu hindern – mal wieder eine exzellente Slapstick-Darstellung von Ty Burrell. Doch am Ende ist Claire gar nicht so wütend, wie man vermutet hätte – im Gegenteil, sie freut sich, dass die meisten Anrufer nach ihr und nicht nach Haley verlangt hatten. Wer ein bisschen älter ist und sich das ein oder andere Mal nach seinen knackigen Jugendjahren gesehnt hat, wird Claires Gemütsbewegung nachvollziehen können. Keine meisterhafte Storyline, aber dennoch irgendwie witzig und süß.

Weniger lustig ging es zwischen Jay und seinem Bruder Donnie zu, die das Prinzip der zwischen Hass und Liebe hin- und herspringenden Geschwisterbeziehung exerzieren durften. Die neckischen Hahnenkämpfe der beiden hätte man bei Teenagern mit einem milden Lächeln durchgewinkt, bei Twens hätte man schon leicht die Augen zusammengekniffen, aber bei gesetzten Herren weit jenseits ihres 50. Lebensjahres? Vollkommen fehl am Platze. Auch der Kern der Storyline konnte nicht überzeugen. Krebs ist schon an und für sich ein Thema, das es Comedyserien nicht gerade einfach macht. Wenn man das Wort "Krebs" hört, lacht man nicht – man hat erst einmal einen Kloß im Hals und ist betroffen. Betroffenheit wiederum ist der größte Feind der Comedy. Das heißt nicht, dass traurige Themen für Sitcoms grundsätzlich tabu sein müssen. Aber man braucht als Autor viel komödiantisches Talent und Fingerspitzengefühl, um daraus eine witzige Geschichte zu basteln. Oder aber man hievt die Handlung mit viel Liebe für das Erzählerische auf Dramaebene. Beides ist hier misslungen. Es ist zwar schön, dass Jay mal wieder seine weiche Seite zeigen durfte, aber damit wären alle Pros zu dieser mageren und klischeebehafteten Storyline auch schon aufgezählt.

Insgesamt eine solide, aber nicht hervorragende Folge. Lacher und nette Momente sind vorhanden, gleichzeitig werden aber vor allem bewährte Sitcom-Schemata bemüht. Gute Quoten lassen einen als Drehbuchautor vielleicht faul werden, dennoch wäre ein bisschen Kreativität durchaus nicht fehl am Platze.

Eva T. - myFanbase

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