Review: #3.10 Schneller die Glocken nie klingen
Wer kennt ihn nicht, den Stress kurz vor Weihnachten, weil man ein schönes Fest mit der Familie feiern will, Geschenke besorgen muss, andere Vorbereitungen treffen will und man immer wieder merkt, dass es einfacher wäre, wenn der Tag eine Stunde mehr hätte. Der Dunphy-Pritchett-Clan geht aus der Not heraus den extremen Weg und will Weihnachten innerhalb von vier Stunden organisieren.
Familiensinn
Wir durften in den bisherigen zweieinhalb Staffeln der Serie schon einige Episoden begutachten, in denen der Zusammenhalt der Familie gezeigt wurde, weil man mit viel Aufwand diverse Feierlichkeiten gemeinsam durchgeführt hat. Immer wieder ist dabei Claire die treibende Kraft, ist ihr die Harmonie der Familie doch sehr wichtig. Das ein gemeinsames Weihnachtsfest nach der Absage ihrer Mutter nun in Gefahr ist, kann man als Worst-Case-Szenario verstehen. Phil ist hier ein mal mehr der liebe, leicht naive Ehemann, der mit seinem Idealismus die Wünsche seiner Frau berücksichtigt und umzusetzen versucht. Express Christmas ist entstanden. Ein getrenntes Weihnachten steht nicht zur Debatte, lieber wird es vorgezogen, aus Prinzip. Jetzt heißt es, Aufgaben verteilen und keine Zeit verlieren und der Zuschauer bekommt sehr witzige Charakterkonstellationen geboten.
Baum und Baumschmuck
Mitchell und Alex machen sich mit Lily daran, den Weihnachtsbaum zu organisieren, was in erster Linie deshalb sehr viel Freude macht, weil Mitchell und Alex noch nicht so oft durch gemeinsame Szenen aufgefallen sind. Hier vereint sie ihre gemeinsame Abneigung gegen das Shoppen und zeigt, dass sie im Prinzip auf der gleichen Wellenlänge liegen und das gerne viel öfter ausnutzen dürften. Sehr witzig wird es, als sie sich von dem Verkäufer diskriminiert fühlen und ihm allerhand Vorwürfe machen. Das Missverständnis ist dann natürlich enorm peinlich, sodass sie schnell einen eigentlich ungewollten Baum kaufen, um schnell zu verschwinden. Dass sie sich dann durch eine Vollbremsung den Baum kaputt machen, ist die Spitze des Eisberges in dieser Storyline. Danach geht es dann auch etwas abwärts. Sie versuchen tatsächlich, den Baum noch zu retten und schleppen ihn an, statt einen neuen zu kaufen (notfalls auch an einem anderen Christbaumstand, es gibt in der Regel schließlich mehrere in einer Stadt). Dies passt zwar zur Gesamtsituation der Familie, ist damit aber rein sachlogisch nicht ganz stimmig, zumal der Baum viel zu gut aussah, wenn man bedenkt, dass dort ein Laster drüber gefahren ist.
Etwas besser funktioniert da die Geschichte um die Christbaumspitze von Gloria und Luke. Hier wird zwar recht einfach wieder Glorias Akzent für die witzigen Momente vorgeschoben, doch besonders das eigene Erkennen des Problems wurde klasse gespielt und konnte den recht plumpen Aufhänger auf ein gutes, unterhaltsames Niveau heben. Dass dem Engel dann das gleiche Unheil ereilt wie dem Weihnachtsbaum, ist eine gelungene Parallele, die vor allem deshalb gefällt, weil die Konsequenzen daraus besser stimmen. Die Puppe sieht wirklich mitgenommen aus, die Die Reparaturversuche sind hoffnungslos und letztlich ist es der Engel, der bei Mitchell das Fass zum Überlaufen bringt. Hierbei wird schön der Bogen über die Episode geschlagen, denn so wie die Mutter passiv bereits zum Anfang für das Chaos sorgte, ist ihre zerstörte Bastelei nun erneut die treibende Kraft für die restlichen Minuten.
Geschenke
Eine weitere ungewohnte Konstellation sind Jay und Cameron, die sich um die Geschenke kümmern, damit aber gar keine Probleme haben. Vielmehr ist es Cam, der Jay ein Geschenk schon vorab geben will. Es ist der Korken der ersten Flasche Wein, die sie gemeinsam getrunken haben, als sie vor fünf Jahren gemeinsam Football geschaut hatten. Moment, war es nicht in der ersten Staffel, in der Jay Cam erst lieb gewonnen hat, weil sie über Football zueinander gefunden hatten? So ganz astrein erscheint mir die Hintergrundstory nicht, aber das größte Problem ist eher, dass Cam selbst erkennend viel zu dick aufträgt. Er überfordert Jay völlig und ich muss auch sagen, das mir diese Darstellung nicht gefallen hat. Der Habitus war zu überzogen und auch wenn es letztlich voll "in character" ist, so passiert es eben doch immer mal wieder, dass Cam bei mir nicht mehr zündet. Vielleicht ist es auch tagesformabhängig, aber das war hier nicht die richtige Geschichte für ihn. Einzig das gemeinsame Ende konnte voll überzeugen. Die viersekündige Umarmung zeigte, wie gut die Charaktere harmonieren können, wenn man es etwas dezenter gestaltet.
Die wahren Herausforderungen des Tages musste Claire mit Haley meistern. Hier lag die einzige bekannte Zweier-Konstellation vor, weshalb es wohl letztlich etwas weniger Screentime für das Duo gab. Besonders Haley war es dabei erneut, die mich von den Socken hauen konnte. Ihre Reaktion auf Claires Shopping-Motivation war grandios. Sarah Hyland hat hier eine fantastische Mimik und Gestik an den Tag gelegt, die ein kleines Highlight der Episode darstellte. Wie gewieft sie schließlich die Puppe für Lily eroberte, nachdem sie ihre Reize doch nicht ausspielte, war ebenfalls toll. Eigentlich war jeder Moment mit Haley ein wahrer Genuss, weil hier alles bis ins letzte Detail stimmte.
Phil und Manny sieht man hingegen eher selten miteinander interagieren und die vorliegende Geschichte bestätigte eher, dass es eine gute Idee ist, das bisher nicht so oft umgesetzt zu haben. Hier prallen einfach zwei zu unterschiedliche Welten aufeinander. Durch die Angstmacherei von Luke war Manny völlig unzurechnungsfähig und vollkommen schreckhaft. Phil versucht indes eine Sammelkarte zu ergattern, was Manny als gefährlichen Deal interpretiert. Wie er es dann schafft, Phil außer Gefecht zu setzen, muss man erst mal erklären. Glücklicherweise vergisst man diese Überlegung ganz schnell, weil Ty Burrell hier derart überzeugend den Stromschock spielt, dass eigentlich alles andere egal ist. Zu grandios ist diese Leistung, als dass man auch nur irgendetwas in Frage stellen will. Geld und Truthahn sind aber ebenso wie die Karte futsch. Dieses Weihnachten ist auf jeden Fall sehr teuer für die Familie, aber das ist ja bisher nicht wirklich ein Problem gewesen. Dass Phil mit seinem Ersatzgeschenk Erfolg hat, ist für diesen liebenswürdigen Charakter zum Glück ein versöhnlicher Abschluss, ist sein Plan von Express Christmas und allem Drumherum doch völlig misslungen. Phil steht da also symbolisch für die Episode.
Besinnlichkeit
Der Aufhänger Weihnachten wird in dieser Episode bestens genutzt. Mit viel Aufwand wird versucht, das Fest zu organisieren. Dabei geht Vieles schief, viel Geld wird verschwendet. Was am Ende aber zählt, ist die gemeinsame Freude an den kleinen Dingen des Lebens. So sind es kleine Schneeflocken, die letztlich all den Stress relativieren und die besinnlichen letzten Minuten der Episode einleiten. Dadurch wird aus der unterhaltsamen Episode auch eine Folge, die stimmungsvoll auf das Weihnachtsfest vorbereitet. Dies wird komplett anders gemacht, als noch in der Weihnachtsepisode in Staffel 1, der Effekt ist aber auch auf diese Weise vorhanden und so verhilft der Abschluss der Episode zu acht Punkten.
Fazit
Bis auf die ein oder andere Übertreibung ist diese Episode wieder bestens gelungen, konnte lange richtig gut unterhalten und am Ende die Stimmung zur Weihnachtszeit kreieren, die man als Zuschauer haben will, um selbst vorfreudig in eine der schönsten Zeiten des Jahres zu gehen.
Emil Groth - myFanbase
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Informationen zur Episode
Englischer Titel: Express ChristmasErstausstrahlung (US): 07.12.2011
Erstausstrahlung (DE): 31.10.2013
Regie: Michael Spiller
Drehbuch: Cindy Chupack
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