Sharon Van Etten
Es gibt gewisse Musiker, denen man insgeheim wünscht, dass ihnen für die Dauer ihres Schaffens sowohl das private Glück als auch der große künstlerische Durchbruch verwehrt bleiben. Hinter diesem Wunsch stecken jedoch keineswegs bösartige Absichten, sondern vielmehr der leise Verdacht, dass diese Menschen traurig ihre schönsten Lieder schreiben und live im intimen Kreis wesentlich mehr begeistern können als in ausverkauften Konzerthallen. Ein Paradebeispiel dafür ist Sharon Van Etten, ein junges Singer/Songwriter-Talent aus Brooklyn. Mit ihrem Debütalbum "Because I Was In Love" gab die Künstlerin 2009 ein erstes bemerkenswertes Lebenszeichen von sich und darf seither im Vorprogramm etablierter Bands wie den Bowerbirds, Megafaun oder den Great Lake Swimmers Tournee-Erfahrung sammeln.
Einige Leser werden Sharon Van Etten vermutlich schon kennen, ohne sich dessen bewusst zu sein. Schließlich war sie es, die auf einem der größten Albumhighlights des Vorjahres, dem im wahrsten Sinne des Wortes todtraurigen "Hospice" von The Antlers, den weiblichen Gesangspart zu "Thirteen" beigesteuert hat. Dass dafür ausgerechnet eine bis dato eher unbekannte Musikerin ausgewählt wurde, überrascht angesichts der Tatsache, dass Antlers-Frontmann Peter Silberman zu den begnadetsten Fans und Fürsprechern Sharon Van Ettens zählt, kaum. Doch das ist nicht die einzige erwähnenswerte Kooperation, die die junge Dame bereits auf ihrem Konto verbuchen darf: Auf "Summer of Fear", dem hoch gelobten zweiten Album von Miles Benjamin Anthony Robinson, ist ihre Stimme ebenfalls zu hören.
Was ihre eigene Musik betrifft, so erinnert Sharon Van Ettens lediglich von einer Akustikgitarre begleiteter Gesang am ehesten an diverse Folk-Ikonen aus der Generation ihrer Eltern (Vashti Bunyan, Judee Sill, Sibylle Baier). In Sachen Songwriting blitzt zudem oftmals das rohe Talent einer jungen Chan Marshall durch, während thematisch der Name ihres Debüts Programm ist. Mit Vorliebe erzählt sie melancholische Geschichten von den Licht- und Schattenseiten der Zweisamkeit, wobei letztere in ihrem Fall deutlich im Vordergrund zu stehen scheinen.
Da Sharon Van Etten in ihren Texte auf die Verwendung der dritten Person weitgehend verzichtet und stattdessen immer nur von "I" and "you" die Rede ist, entsteht beim Hörer unweigerlich der Eindruck, selbst mit der Sängerin im Dialog zu stehen. Anders als bei vielen ihrer KollegInnen gelingt es ihr darüber hinaus, trotz aller Traurigkeit zu keinem Zeitpunkt übermäßig deprimiert oder gar hoffnungslos zu klingen. Und ergänzt man diese Vorzüge abschließend noch um ein unbestrittenes Geschick im Umgang mit Metaphern, so dürfte es mehr als deutlich sein, warum "Because I Was In Love" der Ruf eines vielschichtigen und erstaunlich reifen Debütalbums vorauseilt. Da kann man eigentlich nur hoffen, dass Sharon Van Etten sich die zentrale Textzeile, die sie einem bei "Consolation Prize" ins Ohr säuselt, selbst zu Herzen nimmt und der Musikwelt noch möglichst lange erhalten bleibt: "The moral of the story is: Don't walk away again!"
Willi S. - myFanbase
Zum Interview mit Sharon Van Etten
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