Bewertung

Review: #1.01 Von Sternen und Sternchen

Die in die Jahre gekommene Country-Sängerin Rayna Jaymes steht zum Auftakt der neuen Serie "Nashville“ im Mittelpunkt. Dabei wird schnell deutlich, dass die Serie mehr zu bieten haben wird, als lediglich den Konflikt zwischen etablierten und aufstrebenden Sängerinnern im Country Music-Geschäft zu beleuchten. Familienkonflikte, eine Prise Politik und natürlich jede Menge Musik sind weitere Zutaten einer kurzweiligen Pilotfolge.

"My mum was always one of your biggest fans."

Die Szene mit dem Aufeinandertreffen von Rayna und Juliette Barnes legt den Grundstein für die vor Serienbeginn bereits bekannte Prämisse Alt-Country-Star gegen Newcomer-Country-Girl. Dabei ist es einfach herrlich mit anzusehen, wie es Juliette mit eben diesem einen Satz ganz nonchalant gelingt, ihrer Rivalin einen gehörigen Seitenhieb zu versetzen, der gesessen hat. Das merkt man nicht nur an Raynas ungläubiger Reaktion, sondern auch an Juliettes Manager Glenn, der vom Auftritt seines Zöglings alles andere als begeistert war. Auf jeden Fall zeigt sich bereits an dieser Szene, was wir Zuschauer zukünftig erwarten können. Freunde werden diese beiden Frauen sicher so schnell nicht. Hier prallen zwei unterschiedliche Welten aufeinander. Lebenserfahrung trifft auf (überschätztes) Selbstbewusstsein.

Mehr als positiv überrascht mich hier von Beginn an die schauspielerische Leistung von Hayden Panettiere. Ich kannte sie bislang nur aus Heroes und da blieb mir ihre Leistung jetzt nicht besonders prägend in Erinnerung. Hier gelingt es ihr aber sofort, mich neugierig auf ihren Charakter zu machen. Juliette scheint ein sehr ambivalenter Charakter zu sein. Vordergründig ist sie eine mehr als selbstbewusste junge Frau und Künstlerin, die andere mit ihrem Auftreten durchaus vor den Kopf stößt, die weiß was sie will und wie sie es bekommen kann. Dazu scheut sie auch nicht davor zurück, sich mehr als eindeutig insbesondere dem männlichen Geschlecht, anzubiedern. Schon zum Serienauftakt wird das mit ihrem Verhältnis zu ihrem Produzenten deutlich, dem sie sich aber skrupellos entledigt, um mit Deacon Claybourne bereits ihrem nächsten Ziel einen Schritt näher zu kommen. Als Juliette mit anhören muss, wie Rayna gegenüber dem Producer über ihre Musik lästert, ist es auch nicht ganz verwunderlich, dass Juliette sich eine harte Schale angeeignet hat, die sie vordergründig zu einer unnahbaren Person macht. Doch in kurzen Szenen sehen wir auch eine ganz andere, verletzliche Seite von Juliette. Die Anrufe ihrer offenbar drogensüchtigen Mutter setzen ihr mehr zu, als sie im ersten Augenblick gegenüber ihrer Assistentin Emily zugeben will. Als Juliette im Wandschrank ihrer Garderobe weinend erneut mit ihrer Mutter telefoniert, schafft es Hayden mit ihrer Performance, dass man als Zuschauer ebenfalls eine Ambivalenz aus Mitleid und Antipathie mit ihrem Charakter verspürt.

"That’s a funny thing about Daddy, he’s always there when he needs you."

Die eigentliche Hauptfigur der Pilotfolge ist jedoch Rayna Jaymes. Um sie entspannt sich nicht nur der Konflikt mit Juliette, sondern auch eine Reihe weiterer Handlungsstränge aus ihrem Umfeld in Bezug auf ihre Ehe, Freunde und die Beziehung zu ihrem Vater. So entsteht bereits zum Auftakt ein vielschichtiges Geflecht an Geschichten, die wir in den noch folgenden 20 Episoden begleiten dürfen.

Zu Beginn der Folge sehen wir Rayna als umjubelte Künstlerin auf der Bühne, doch schnell offenbart sich, dass die Wahrheit ganz anders aussieht. Rayna muss erstmals erleben, dass ihr glanzvolle Karriere möglicherweise dem Ende zugeht. Es ist daher zunächst einmal mehr als verständlich, dass sie der Idee einer gemeinsamen Tournee mit Juliette Barnes nichts abgewinnen kann. Es muss sehr demütigend sein, wenn man plötzlich für einen Newcomer als Opening Act fungieren soll, wo man doch gerade noch selbst der Star gewesen ist. Hier wird dem Zuschauer dann auch zugleich ein guter Einblick in das Musikbusiness gewährt. Stimmen die Verkaufszahlen nicht mehr, wird selbst der Star unter Druck gesetzt, der das Label einst groß machte.

Der Serienauftakt charakterisiert Rayna als eine stolze Frau, die auf eigenen Füßen stehen und unabhängig sein will. Das zeigt sich insbesondere im Verhältnis zu ihrem Vater Lamar Wyatt, der seiner Tochter und dem Musikbusiness gegenüber sehr kritisch auftritt. Doch im Gegensatz zu ihrer Schwester Tandy hat Rayna es offenbar geschafft, sich dem Einfluss ihres auch in der Politik und Wirtschaft einflussreichen Vaters, weitgehend zu entziehen. Dennoch fühlt sie sich von ihm benutzt, wenn sie von ihm zu öffentlichen Auftritten zu seinen Gunsten genötigt wird. Indem Lamar Raynas Ehemann Teddy Conrad als Bürgermeisterkandidat ins Rennen schickt, ist der nächste Konflikt bereits vorprogrammiert. Das hat auch Auswirkungen auf ihre Ehe, denn Rayna ist alles andere als begeistert, dass sich Teddy nach ihrer Ansicht vor Lamars Karren spannen lässt. Sie merkt in ihrer sturen Ablehnungshaltung gegenüber ihrem Vater jedoch nicht, wie sehr sie ihren Ehemann damit verletzt, weil sie es ihm offenbar nicht zutraut, als Politiker erfolgreich sein zu können. Zwischen den Zeilen offenbart sich in der Diskussion mit Teddy, dass dieser in der Vergangenheit einen Fehler gemacht haben muss, der die Familie in finanzielle Nöte brachte. Außerdem scheint es ein Geheimnis um Maddie, die älteste Tochter von Rayna zu geben. Damit scheint Lamar seine Tochter wohl in der Hand zu haben und spielt dies auch insofern aus, dass Rayna ihre bereits zugesagte Unterstützung der Kandidatur ihres Freundes Coleman Carlisle zugunsten ihres Mannes zurückziehen muss. Sehr bezeichnend und von Connie Britton toll gespielt zeigt sich dann auch Raynas Widerwillen und Abneigung gegen dieses Ränkespiel in der Schlussszene, als sie lächelnd zu Teddy aufs Podium steigt und ihre aufgesetzte gute Mine zunehmend versteinert.

Lamar könnte in "Nashville“ eine interessante Rolle einnehmen. Sein gestörtes Verhältnis zu Rayna lässt zumindest mein Interesse an der dahinter stehenden Vorgeschichte steigen. Powers Boothe scheint mir für die Rolle auf jeden Fall passend besetzt zu sein. In seinen bisherigen Szenen gibt er den perfekten Unsympathen. Es wird sich aber wohl erst in den kommenden Folgen zeigen, inwiefern Lamar eine tragende Funktion einnehmen wird. Insgesamt kommt hier mit der Politik-Storyline aber eine durchaus überraschende Facette zur Serie hinzu, die ich gar nicht erwartet hatte. Ich bin jedoch noch etwas skeptisch, inwiefern die beiden Themen Musikbusiness und Politik zusammen passen werden.

Erwähnenswert im Zusammenhang mit Rayna ist auch noch die Beziehung zu ihrem Bandleader Deacon Claybourne. Die beiden gehen doch sehr vertraut miteinander um. Zudem scheinen sie eine lange und miteinander verbundene Vergangenheit zu haben. Auch Teddy scheint hier involviert zu sein. Zumindest lässt mich das seine Äußerung "I wasn’t your first choice“ im Streit mit Rayna vermuten.

Deacon stellt in der Pilotfolge auch die Verbindung mit der noch etwas abseits verlaufenden Handlung um seine Nichte Scarlett O‘Connor her, die im Bluebird Café arbeitet, Gedichte schreibt und diese gemeinsam mit ihrem Kollegen Gunnar Scott erstmals auf der Bühne gesanglich präsentiert. Die beiden haben auf Anhieb eine ungeheure Energie, Anziehung und Spannung auf der Bühne. Es ist mir aber noch etwas unklar, wie deren Geschichte zukünftig mit dem Plot um Rayna und Juliette in Verbindung stehen wird. Aber wir sind hier ja schließlich noch ganz zu Beginn der Serie und werden sicher bald sehen, wie sich das entwickeln wird.

In einer Serie, die sich mit dem Country Musik-Business auseinandersetzt, darf natürlich auch die Country Musik nicht fehlen und davon bekommen wir in der Pilotfolge bereits reichlich geboten. Grundsätzlich hatte mich die Serie schon direkt in der allerersten Szene, unterlegt mit "Even If It Breaks Your Heart“ von Eli Young Band. Auch der kurze, recht knackige Opener gefiel mir gut. Doch letztendlich sind es die Songs der Protagonisten, die die Folge besonders positiv abrunden. Dabei überrascht erneut insbesondere Hayden Panettiere mit ihrem Gesang, den ich ihr so gar nicht zugetraut hätte. Grundsätzlich machen hier alle Charaktere von Rayna über Deacon bis hin zu den fantastisch gut harmonierenden Scarlett und Gunnar eine gute Figur in Sachen Gesang. Der Country Musik-Fan wird hier sicher nicht enttäuscht. Ich bin mir sicher, mit dieser Serie kann die Country Musik sicherlich noch ein paar Fans dazugewinnen.

Fazit

Die erste "Nashville"-Folge legt den Grundstein für den Konflikt zwischen der in die Jahre gekommenen Country-Sängerin Rayna Jaymes und dem aufstrebenden Country-Starlet Juliette Barnes. Dabei wird mit den Eheproblemen und dem angespannten Vater-Tochter-Verhältnis zunächst ein etwas stärkerer Fokus auf Rayna gelegt. Doch auch von Juliette wird bereits ein sehr interessantes und vor allem ambivalentes Bild gezeichnet, das Lust auf mehr macht. Die Handlung um Scarlett und Gunnar bleibt dagegen noch etwas zusammenhanglos, begeistert aber durch deren gemeinsamen Auftritt. Etwas Zweifel habe ich aber noch, inwiefern der eingeführte Politik-Part sich in die von Musik dominierte Gesamthandlung einfügen wird. Dennoch gelingt es der Pilotfolge mit ihren zahlreichen Handlungssträngen bereits erfreulich gut, den Zuschauer in die Serienwelt einzuführen, was insbesondere der bereits jetzt schon guten Charakterzeichnung zu verdanken ist. So kann es gerne weiter gehen.

Jan H. - myfanbase

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