Bewertung

Review: #1.02 Evergreen

Foto: Hayden Panettiere, Nashville - Copyright: 2012 Andrew McPherson/ABC/Lionsgate
Hayden Panettiere, Nashville
© 2012 Andrew McPherson/ABC/Lionsgate

Rayna steht vor der Beantwortung der Frage, ob sie der Vernunft oder besser ihrem Herzen folgen soll. Währenddessen plagt sich Scarlett mit der Entscheidung zwischen ihrem eigenen Erfolg oder dem Verzicht zugunsten ihrer Beziehung. Juliette will als Künstlerin ernst genommen werden und zeigt dabei weiterhin zwei Gesichter. Außerdem hat Lamar erneut keine Skrupel, Informationen zu seinen Gunsten einzusetzen.

"You and I are used to write songs together. You remember? Well I remember."

In dieser Folge bekommen wir einen tieferen Einblick in Rayna’s Vergangenheit mit Deacon und Teddy und damit auch in ihr Gefühlsleben. Ihr bereitet es angesichts ihrer romantischen Vergangenheit mit Deacon Unbehagen, mit ihm gemeinsam auf Club-Tournee zu gehen. Das mag zunächst etwas ungewöhnlich sein, ist Deacon doch seit Jahren ihr Bandleader bei ihren großen Konzerten. Doch erst auf den zweiten Blick offenbart sich ihr innerer Konflikt, weil sie in der intimeren Atmosphäre der kleinen Locations nicht die Songs spielen will, die von ihrer und Deacons Liebe handeln. Rayna scheint in ihrem Herzen noch immer Gefühle für Deacon zu haben, die sie sich aber nicht eingestehen will. Ob dies mit seiner Drogen-Vergangenheit und der damaligen schweren Zeit zu tun hat oder sie einfach dem klassischen, braven Ehefrauen-Bild entsprechen will, wird hier vielleicht nicht final beantwortet. Dennoch gibt das Episodenende zunächst eine Richtung vor, als Rayna nach dem Auftritt mit Deacon im Bluebird zu Teddy nach Hause zurückkehrt und ihm ein "I love you“ schenkt, das mich jedoch alles andere als überzeugt.

In ihrer aktuellen Situation zwischen Karrierekrise und Wahlkampf ihres Mannes, ist es zumindest durchaus verständlich, dass Rayna sich derzeit nicht auf ihre Gefühle zu Deacon einlassen will und kann. Problematisch dabei ist jedoch, dass sie durchaus Besitzansprüche an ihn zu stellen scheint, die mitunter auch eifersüchtige Züge aufweisen. Deacons Hinweis auf das frühere, gemeinsame Songwriting zeigt auf, dass er sich in ihrer Zusammenarbeit vernachlässigt und ins zweite Glied versetzt fühlt. Doch sie wirft ihm vor, dass er mit seiner Hilfe für Juliette die Arbeit an ihrer Tour vernachlässigen würde. Zudem beobachtet sie auch sehr skeptisch, als Deacon zu Juliette in den Pickup-Truck steigt. Hier tut Rayna meines Erachtens Deacon aber unrecht und übersieht, dass er trotz des ständigen Werbens von Juliette noch immer zu ihr hält. Immerhin scheint sie sich Deacons Worte aber doch zu Herzen genommen zu haben und erscheint am Abend im Bluebird zu seinem Auftritt. Bei ihrem Duett "No One Will Ever Love You“ spürt man förmlich die perfekte Chemie der beiden, die zusammen einfach toll harmonieren und mit ihren Blicken die Intimität der Situation trotz anwesendem Publikum verdeutlichen. Rayna scheint der Auftritt dann auch sehr nahe gegangen zu sein, flüchtet aber vor ihren Gefühlen. Mit "I wish we hadn’t done that song“ lässt sie Deacon quasi stehen und sich von ihrer Vernunft leiten.

Auch in Bezug auf Teddy ist Rayna recht selbstsüchtig. Während er aufgrund der gemeinsamen Vergangenheit verständlicherweise nicht sehr erfreut über eine gemeinsame Club-Tournee von Rayna mit Deacon ist, kann sie sich auch nicht für seinen Wahlkampf und seine beruflichen Ambitionen erwärmen. Es ist schon auffällig, wie wenig sie Teddy beisteht, obwohl er schließlich ihr Ehemann ist. Letztendlich könnte dies aber auch einfach daran liegen, dass es ihr zuwider ist, dass Lamar an der Kampagne beteiligt ist. Das zeigt sich zumindest bei ihrem Besuch der Wahlkampfveranstaltung. Dort streitet sie erneut mit ihrem Vater und fühlt sich zudem sichtlich unwohl im Gespräch mit den Frauen der lokalen High Society. Zumindest lässt sie aber die Vergangenheitsüberprüfung durch das Wahlteam über sich ergehen. Allerdings offenbart die Beschäftigung mit den Fragen nach ihrer Vergangenheit mit Deacon einmal mehr, dass sie mit diesem Thema noch nicht abgeschlossen hat. Ähnlich wie bei Deacon macht sie letztendlich aber doch einen Schritt auf Teddy zu, indem sie ihm gegenüber äußert, dass sie mit seiner Kandidatur zwar nicht einverstanden ist, diese aber akzeptieren kann, weil er damit wieder glücklich zu sein scheint. Das kann man wirklich als Zugeständnis an ihn und ihre Ehe verstehen. Allerdings ist ihr skeptischer Blick bei ihrer Umarmung auch nicht wirklich überzeugend.

"I think something about you wanna make me grow up."

Auch wenn die Folge eher von den Entwicklungen um Rayna dominiert wird, können Juliette‘s Szenen wieder positive Akzente setzen und ihren Charakter vielschichtiger gestalten. Erneut muss sie mit anhören, wie hinterrücks über ihre Musik und sie selbst als Künstlerin gelästert wird. Da ist es nur allzu verständlich, dass sie zunehmend verbittert und sich eine harte Schale angeeignet hat. Es zeigt sich aber auch, dass sie sich mit der aufgedrängten Rolle des Country Teenie-Idols nicht abfinden will. Mit der gemeinsamen Arbeit mit Deacon an eigenen Songs will sie sich von ihrem Image lossagen und als Künstlerin ernst genommen werden. "Don’t be fooled by the shiny exterior." Gegenüber Deacon offenbart sie zudem ganz bodenständige, traditionelle Züge. Sie träumt von einem Haus auf ihrem eigenen Land, wo sie ganz sie selbst sein kann. Die Zusammenarbeit mit Deacon tut ihrer persönlichen Entwicklung gut, was sie auch selbst merkt und in ihrer Antwort auf Deacon’s Frage nach der Meinung zu ihrem eigenen Song zum Ausdruck bringt. Es wird interessant zu sehen sein, inwiefern sich Juliette weiter selbst entwickeln kann oder ob ihr Umfeld sie dabei bremsen wird.

Im Konflikt zwischen Juliette und Rayna geht der Punktsieg diese Woche eindeutig an Rayna. Juliettes gehässig gemeinter Seitenhieb auf die von Rayna geplante, deutlich kleinere Clubtournee wird von Rayna süffisant mit "just a show for people who love actual music“ gekontert. Das ist durchaus als Breitseite gegen Juliette und ihre Musik zu sehen. Zudem wird ihr deutliches Werben um Deacon als Bandleader trotz Körpereinsatz und kostspieliger Geschenke nicht von Erfolg gekrönt.

Dabei macht Deacon als loyaler Freund von Rayna, aber auch als Förderer von Juliettes Songschreiber-Talent eine gute Figur. Er weiß Juliette auch auf Distanz zu halten, obwohl er von ihren Reizen sichtlich nicht abgeneigt ist. Ein Charakter, der von Lebenserfahrung, aber auch Abenteuerlust geprägt ist. Von den männlichen Charakteren ist Deacon aktuell auf jeden Fall mein Favorit. Ein grundsympathischer Typ und talentierter Musiker sowohl an der Gitarre als auch mit seinem Gesang. Das Kompliment gilt damit natürlich auch Charles Esten.

"Do you really wanna be with someone who won’t let you be who you are?"

Weitgehend alleinstehend ist in dieser Folge die Handlung um Gunnar, Scarlett und Avery. Wir lernen Scarlett als verschüchterte und wenig selbstbewusste junge Frau kennen, die die ihr von Watty gebotene Chance auf einen künstlerischen Durchbruch nicht sofort ergreifen kann. In ihrer Beziehung mit Avery ist sie bereit, sich seinen Ambitionen unterzuordnen und ihn nicht mit ihrem Erfolg zu demütigen. Das mag auf den ersten Blick ein von Liebe geprägter Wesenszug von ihr sein, aber in einer gut funktionierenden Beziehung sollte man sich auch am Erfolg des Partners erfreuen können. Man muss Avery hier aber auch zugestehen, dass er dieses Verhalten von Scarlett nicht verlangt hat und er durchaus zu recht enttäuscht war, dass Scarlett ihm nichts von Wattys Angebot erzählte. Gunnar hat hier Scarlett’s Verhalten schnell erfasst und ermutigt sie, sich und ihre Einstellung zu ihrer Beziehung zu hinterfragen. Der Auftritt von Rayna und Deacon gibt ihr letztendlich den entscheidenden Anstoß, den eigenen Weg zum Erfolg zu wagen.

"Loyalty is a one-way street with you."

Abseits der Musikthematiken gibt es auch neue Entwicklungen und Details im Politik-Plot. Lamar zeigt einmal mehr sein wahres Gesicht. Die offenbar langjährige Freundschaft der Familie zu Coleman Carlisle lässt Lamar zugunsten seines ausgeprägten Geschäftssinns skrupellos fallen. Stattdessen baut er mit der Kandidatur von Teddy einen neuen Handlanger auf. Dabei ist ihm auch die Verwendung von Informationen, bezüglich Teddys früheren Geschäften, als Druckmittel recht. [s]"A mayor with secrets is easier to control.“[/s] Und Teddy hat im Zusammenhang mit dem angesprochenen Cumberland Plaza Project offenbar wirklich etwas zu verbergen, was die Aktenverbrennung im heimischen Kamin noch unterstreicht.

Unabhängig von den einzelnen Handlungssträngen weiß Nashville auch in der zweiten Folge mit Szenen vor Ort in der Country Music City zu überzeugen. Der Produktionsstandard ist dabei nicht nur bei den Szenenbildern hoch, sondern trifft weiterhin auch auf die Musikproduktionen zu. Sowohl "Undermine“ von Juliette als auch das bereits angesprochene "No One Will Ever Love You“ lassen nicht nur die Herzen der Fans von Country Musik höher schlagen. Dabei ist vor allem erfreulich, wie viel Raum und Zeit die Musik hier einnehmen darf, zum Beispiel rund drei Minuten allein für das Duett von Rayna und Deacon. Bei einer Folgenlaufzeit von 42 Minuten ist das nicht gerade knapp bemessen. Schön sind auch die eingestreuten Referenzen an die reale Country Music Szene wie Juliettes Erwerb eines Grundstücks, das früher Tammy Wynette gehörte, die vielen sicher durch ihren Song "Stand by Your Man“ bekannt sein dürfte. Das macht Nashville gleich noch authentischer.

Fazit

Die mir zu sehr auf Rayna fokussierte Folge gibt uns einen tieferen Einblick in Rayna’s Charakter und zeigt ihre Zerrissenheit zwischen den zwei Männern in ihrem Leben. Connie Britton weiß in der Vermittlung dieses Dilemmas zwar schauspielerisch zu überzeugen, allerdings sollte man bei der Figurenzeichnung etwas aufpassen, dass man sie nicht zu unsympathisch werden lässt. Das gelingt bei Juliette beispielsweise wesentlich besser. Die bodenständigen Facetten an ihrem Charakter lassen sie vielschichtiger und trotz ihres nach außen zunächst unnahbaren Wesens deutlich sympathischer als noch im Piloten erscheinen. Eric Close als Teddy ist mir nach zwei Folgen auch noch zu farblos. Zudem interessiert mich die Politikstory um ihn, Lamar und Coleman einfach (noch?) nicht. Für die künftigen Folgen wünsche ich mir außerdem eine bessere Einbindung des Erzählstrangs um Scarlett, Avery und Gunnar. Ihre Story weckt durchaus mein Interesse, aber das Bluebird Café allein ist mir persönlich als verbindendes Glied auf Dauer zu wenig.

Jan H. - myfanbase

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