Bewertung

Review: #4.12 Weg in die Freiheit

Foto: Sam Palladio, Nashville - Copyright: 2012 Andrew McPherson/ABC/Lionsgate
Sam Palladio, Nashville
© 2012 Andrew McPherson/ABC/Lionsgate

Ich mag es selbst kaum glauben, aber nach dieser Folge weiß ich gerade gar nicht, welchen Handlungsstrang ich als erstes positiv erwähnen soll, denn meines Erachtens stehen da tatsächlich gleich mehrere zur Auswahl. Das war nach der langen Durststrecke zuletzt aber auch bitter nötig.

Will Lexington

Ich hatte beim Schauen der Episode wirklich schon die schlimmsten Befürchtungen, aber ich muss vor Will wirklich meinen nicht vorhandenen Hut ziehen. Das war ein ganz starker und souveräner Auftritt von ihm, der zugleich zu meiner großen Freude zeigt, dass bei Will eine ganz wichtige Entwicklung seiner Persönlichkeit und damit vor allem auch im Umgang und der Bekenntnis zu seiner Homosexualität stattgefunden hat. Im Nachhinein muss ich aber auch die Autoren loben, denen ein großer Überraschungseffekt gelungen ist, nachdem sie uns zu Beginn der Handlung einmal mehr Wills stereotypes Verhaltensmuster der letzten Folgen weis machen wollten. Ich wollte mir zwischendurch tatsächlich mehrfach die Haare raufen, angefangen bei seinem Rückzieher auf der Polizeistation bis hin zu dem Moment, als ich befürchtete, er würde nach "#2.07 Zurück ins Leben" erneut "Selbstjustiz“ üben und den homophoben Zuschauer in seiner aufgestauten Wut zusammenschlagen. Doch in guter alter "dann halte auch das andere Auge hin"-Manier wählte er den gewaltlosen und weit effektvolleren Weg und trat voller Selbstvertrauen erneut auf die Bühne. "He’s braver than me, that’s for sure“ – besser als Gunnar hätte ich es nicht sagen können. Von diesem Will will ich in Zukunft gerne mehr sehen und ich kann nur hoffen, dass es nun auch in seiner Karriere wieder aufwärts gehen wird. Das war neben dem persönlichen Erfolg ein ganz wichtiger Schritt dafür. Bravo!

Luke Wheeler

Mit Luke bin ich sehr lange nicht warm geworden. Seine anfängliche Rolle als Love Interest von Rayna war da natürlich auch sehr undankbar, gerade dann, wenn ein Paar so sehr vorherbestimmt ist wie Rayna und Deacon. Nach dem Ende dieser Beziehung wusste man meist auch nicht so recht, was man mit ihm anstellen sollte, aber inzwischen hat sich da eine, wie ich finde, recht interessante Geschichte entwickelt, die ihn an einem persönlichen Wendepunkt in seiner Karriere, aber vor allem auch in seinem Privatleben zeigt. Die bekannt gewordenen Steuerprobleme schaden seinem aufgebauten Image des kernigen, hemdsärmeligen Kerls aus einfachen Verhältnissen. Dadurch erfahren wir einen spannenden Einblick in das Business und wie schnell es, auch unverschuldet, mit der Karriere bergab gehen kann. Natürlich muss man sich fragen, ob Luke es sich zu einfach damit macht, die Steuerthematik allein auf seinen betrügerischen Berater abzuwälzen. Es erscheint mir aber auch unrealistisch, dass man als gefragter Entertainer noch die Zeit finden kann und soll, sich um die eigenen Steuern zu kümmern. Dafür gibt es Experten und auf die würde ich mich in seinem Fall auch verlassen. Aber Reichtum erzeugt eben auch Neider und passt dann auch nicht mehr zum "Junge von nebenan" Charakterbild. Mein Mitgefühl hat Luke aber nicht nur deswegen, sondern auch aufgrund seiner zunehmenden Isoliertheit. Seine letzten beiden Beziehungen sind gescheitert und seine Kinder haben sich von ihm distanziert. Das ist im Fall von Colt sicher auch selbstverschuldet, weil er diesen so lange zum Schweigen über den Vorfall von Juliette und Jeff gedrängt hat. Aber gerade dieser Konflikt und sein Werben um Wiedergutmachung finde ich spannend mitanzusehen. Im krassen Widerspruch zu seiner persönlichen Situation steht nun das glückliche Familienleben seines alten Weggefährten Riff. Das ist zwar sehr plakativ inszeniert, verfehlt meines Erachtens aber nicht seine Wirkung. Ich bin gespannt, ob man darüberhinaus aus der Wiedervereinigung mit Riff noch weitere interessante Geschichten wird erzählen können. Problematisch könnte dabei auch werden, dass Lukes Story derzeit zu abgekoppelt von den Handlungssträngen der anderen Charaktere erzählt wird. Ich bin trotzdem gespannt, wie sich das weiter entwickeln wird.

Layla Grant

Nach dem Cliffhanger der vergangenen Folge gefällt es mir ausgesprochen gut, wie unaufgeregt und bislang wenig dramatisch der vermeintliche Racheplan von Layla an Juliette umgesetzt wird. Nach dem hitzigen Gespräch von Luke und Avery offenbart dieser Layla seine Eheprobleme. Das nimmt der Sache schon einmal gehörig Wind aus den Segeln, denn wo soll noch etwas zerstört werden, was längst kaputt zu sein scheint. Daher sehe ich es auch gar nicht als Laylas "Schuld" an, dass Avery von Juliette die öffentliche Bekanntmachung ihrer Trennung verlangt. Sie mag Avery mit ihrem Vergleich mit ihrer Scheidung von Will zwar den entscheidenden Denkanstoß versetzt haben, aber im Grunde war es doch das was Avery ohnehin wollte. Ich bin allerdings nicht davon überzeugt, dass er damit sein scheinbares Problem gelöst hat. Er weiß sich meines Erachtens nur gerade nicht anders zu helfen und verspricht sich durch diesen Schritt eine Verbesserung oder vielmehr Erleichterung seiner Situation. Das letzte Wort in dieser Ehe ist womöglich aber noch nicht gesprochen. Ob Layla nun allerdings wirklich ernsthaftes Interesse an Avery haben wird, um damit beispielsweise Juliettes Eifersucht zu wecken, ist allerdings noch fraglich. Momentan gefällt es mir aber, dass Layla in all dem durchaus aufrichtig und sympathisch wirkt. Sie hat wirklich Einiges mitgemacht in ihrem noch recht jungen Leben und erzählt damit glaubhaft ihre ganz persönliche Wahrheit, ohne manipulativ zu wirken. Das mag sich vielleicht noch ändern, im Moment habe ich daran jedoch nichts auszusetzen.

Vita

Ein interessanter Neuzugang ist Vita. Sie hat unbestritten eine tolle Stimme und bringt tatsächlich noch einmal eine neue Facette in die Musik von "Nashville". Eine aus dem Nichts kommende Figur hat natürlich auch eine Vergangenheit und für eine Primetime-Soap wäre es doch sehr seltsam, wenn es da nicht einen dunklen Schatten gibt, der über der Figur liegt. Wir wissen jetzt zwar nicht genau, was sich Vita früher hat zu Schulden kommen lassen, aber selbstverständlich liegt nun der Verdacht nahe, dass sie in die Kasse des "Beverly" gegriffen hat. Der Cliffhanger war damit leider einer der ganz billigen und schon oft gesehenen Sorte, aber ich habe Hoffnung, dass sich das Offensichtlich dann doch nicht bestätigen wird oder wir zumindest eine plausible und vor allem auch verzeihbare Erklärung erhalten werden. Nachdem Gunnar und Scarlett ihren Weg vom Nobody zum Erfolg geschafft haben, wäre es doch wieder einmal an der Zeit, einem weiteren Newcomer eine Bühne zu geben. Der Einstieg für eine solche Geschichte ist erfolgt und ich schaue mir das gerne weiter an.

Was sonst noch war:

  • Mir gefiel Maddie im Zusammenspiel mit ihrer Songwriter-Mentorin unerwartet gut. Den Beziehungsstatus mit Colt aus dieser Perspektive zu thematisieren war eine schöne Idee und gipfelte zudem in einem wirklich tollen, gefühlvollen Song. Leider wurde uns nun Colts Antwort vorenthalten, die aber hoffentlich noch kommen wird. Ich bin mir auch gar nicht sicher, ob ihm bewusst ist, wie es Maddie gerade geht, hat er doch selbst mit der Verarbeitung der Geschichte um Jeffs Tod genug am Hals. Immerhin wurde auch darauf verzichtet, eine direkte Auseinandersetzung von Maddie und Daphne zu inszenieren. Ich finde es zwar durchaus logisch, dass Daphne sich von ihrer Schwester vernachlässigt fühlt und eifersüchtig ist, sollen doch beide gemeinsam auf Raynas Wunsch hin Musik machen. Aber ehrlich gesagt, will ich diesen Konflikt gar nicht mitverfolgen.
  • Da ist sie also die Trennung von Erin und Gunnar. Das wurde jetzt überraschend schnell, aber auch durchaus plausibel zu Ende gebracht. Gunnars Erklärung, warum er über das Beziehungsende nicht traurig ist, war gut nachvollziehbar und so hat auch dieses Kapitel seinen absehbaren Abschluss gefunden. Wer glaubt jetzt bitte nicht daran, dass nun der Weg für Gunnar und Scarlett wieder frei ist?

Fazit

Die Folge war ein lang erwarteter Lichtblick und bot zahlreiche positive Ansätze für eine Neuausrichtung von bereits existierenden als auch völlig neue Geschichten. Damit ist einiges an Potential für die weiteren Folgen vorhanden, die nun hoffentlich auch das erzählerische Niveau halten werden, ohne dabei die Glaubwürdigkeit der Charaktere aufs Spiel zu setzen.

Jan H. – myFanbase

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