Bewertung

Review: #1.15 Nick beim Frauenarzt

"New Girl" erreicht mit dieser Folge einen kleinen Wendepunkt, handelt es sich hierbei doch um eine Episode, die sich in ihrer Tonart deutlich von den vorangegangen unterscheidet. Eine in dieser Form noch nie da gewesene Ernsthaftigkeit hält Einzug in diesen Sitcom-Kosmos, eine Ernsthaftigkeit und melancholische Grundstimmung, die man von dieser oft so überdrehten Sitcom erst einmal nicht erwartet hätte. Es gab besonders in den tollen Schlussmomenten immer wieder rührende Momente, doch das waren Randerscheinungen. Nun liegt eine Folge vor, dessen Kern die Stimmung verbreitet, die sonst nur die kurzen, von freundschaftlichem Zusammenhalt geprägten Schlussmomente aufweisen konnten. Eine Folge, die wie eine typische "New Girl"-Folge beginnt und sich dann immer mehr der Emotionalität hingibt, dabei aber auch den Humor nicht vernachlässigt.

Dass Sitcoms nicht immer nur lustig sein müssen, sondern durchaus auch ernste Themen anschneiden können, zeigte wohl kaum eine Sitcom besser, als "Scrubs". Die Verquickung von wahrhaftiger Emotionalität und Komik beherrschte kaum eine Serie so gut wie diese. Nun versucht sich auch "New Girl" an diesem Balanceakt. Der Anfang mit dem Football-Spiel, Nicks Verletzung und dem Besuch beim Frauenarzt waren typisch für die Serie und ließen eine recht normale Nick-und-Jess-Folge vermuten, von denen man in der Vergangenheit schon einige gesehen hat. Doch dann beginnt sich die Stimmung langsam zu drehen, die oft laute und schrille Art der Serie beginnt leiser zu werden, denn bei Nicks Arztbesuch werden Symptome festgestellt, die durchaus auch die Diagnose Krebs bedeuten könnten. Die Untersuchung dazu kann aber erst am nächsten Tag erfolgen und so erleben Nick und der Rest der Gruppe einen Tag in quälender Ungewissheit. Es wird Alkohol konsumiert, gesungen und schließlich findet der Abend am Meer sein Ende.

Und was die Serie in diesen ganzen Momenten an starken freundschaftlich-berührenden Momenten bietet, ist in der Form bisher noch nicht da gewesen. Wie die Freunde zusammen singen und rappen ist gleichzeitig überaus lustig, wie auch traurig-melancholisch. Erstmals setzt sich die Serie mit einer wirklich ernsthaften Thematik auseinander und auch wenn jedem Zuschauer klar sein sollte, dass Nick wohl kaum die Diagnose Krebs gestellt bekommt, wirkt dieser emotionale Katalysator und hebt die Serie auf ein ganz neues, erzählerisches Level. Ganz zentral für diese Folge ist auch die Aussage des betrunkenen Nick gegenüber Jess, dass diese nicht echt sei. Ein Vorwurf, den auch viele Zuschauer an den Charakter der Jess machen: Sie sei viel zu überdreht, aufgesetzt fröhlich, naiv und eben nicht echt. Dass die Serie und auch Jess echt sein können, wird hier ausdrucksvoll unter Beweis gestellt.

Sind die Geschichten der Serie sonst meist fragmentiert und überschneiden sich nur teilweise, haben wir es hier mit einer Folge zu tun, die eine große Geschichte erzählt und in dieser noch mehrere kleine. Die fünf Hauptpersonen verbringen den Großteil der Folge zusammen, interagieren und harmonieren zusammen und zeigen, dass diese Serie eben keine "One-Woman-Show" von Zooey Deschanel ist, sondern eine Ensemble-Sitcom, in der jeder seinen gleichberechtigten Platz hat. So hat auch jeder seine besonderen Momente: Sei es Jess, die sich so liebevoll um Nick sorgt und kümmert, sei es Nick selbst, der versucht, aus seiner Haut zu gehen und Sachen zu machen, die er vorher noch nie gemacht hat, sei es Winston der endgültig Abschied von seinem Auto und irgendwie auch seiner Sportler-Vergangenheit nehmen muss, sei es Cece, die Schmidt ein emotionales Geständnis macht oder sei es Schmidt selbst, dem es schwer fällt, mit dieser Situation klar zu kommen, trotzdem aber versucht, ein Freund zu sein. In keiner bisherigen Folge wurde die freundschaftliche Verbundenheit der Gruppe so prägnant auf den Punkt gebracht. Ganz dezent gelingt es sogar, die immer in der Luft liegende romantische Spannung zwischen Nick und Jess weiter zu vertiefen. Da reichen in dieser Folge manchmal nur Blicke, die zeigen, dass sich romantische Gefühle langsam zu entwickeln beginnen.

Fazit

Diese Folge ist wohl die emotionalste und stimmungsvollste der ganzen Serie und zeigt eindrucksvoll die sanfte Seite dieser oft so schräg-überdrehten Sitcom. Trotz des melancholischen Anstrichs wird aber auch nicht auf den Humor verzichtet, was diese Folge dann insgesamt zu einer außerordentlich gelungenen werden lässt.

Moritz Stock - myFanbase

Die Serie "New Girl" ansehen:


Vorherige Review:
#1.14 Der Trennungskaktus
Alle ReviewsNächste Review:
#1.16 Störung im Ökosystem

Diskussion zu dieser Episode

Du kannst hier mit anderen Fans von "New Girl" über die Folge #1.15 Nick beim Frauenarzt diskutieren.