Bewertung

Review: #2.02 Zwei Seelen in der Brust

Diese Episode macht deutlich, dass die zweite Staffel von "Once Upon a Time" auf insgesamt drei Ebenen spielen wird und damit auf einer mehr, als die erste Staffel: in Storybrooke, in der Rest-Märchenwelt und in der Vergangenheit der Märchenwelt. Zwar sehen wir von der Rest-Märchenwelt diesmal nur sehr wenig, aber das dürfte sich in den kommenden Episoden sicherlich ändern. Natürlich birgt eine so mehrgliedrige Erzählstruktur immer das Risiko, dass sich die Autoren mit der Zeit verzetteln, die Rädchen nicht mehr richtig ineinander greifen und Charaktere vernachlässigt werden, aber da die Macher von "Once Upon a Time" zuvor bei "Lost" angestellt waren, einem der Musterbeispiele für komplexe Erzählweisen, dürften sie über ausreichend Erfahrung verfügen.

Schauen wir uns zunächst in Storybrooke um. Die Stadt steht kurz vor dem Kollaps, da die Bewohner große Schwierigkeiten damit haben, ihre eigentlichen Persönlichkeiten und die Identitäten, die ihnen der Fluch aufgezwungen hat, in Einklang zu bringen. In dieser Lage ist eine starke Führungspersönlichkeit gefragt, wie sie David nie war, sein eigentliches Ich Prinz Charming aber schon. Verständlicherweise würde sich David/Charming lieber der Suche nach Frau und Tochter widmen, doch nach einer kleinen Standpauke von Ruby wird ihm klar, dass er, damit Snow und Emma irgendwann zurückkehren, erst einmal dafür sorgen muss, dass es noch einen Ort gibt, an den sie zurückkehren können. Er will Storybrooke am Laufen halten und überzeugt die Bewohner davon, ihre Aufgaben, die sie in der Stadt haben, weiterzuführen. Sie müssen akzeptieren, dass sie beides sind - die, die sie in der Märchenwelt waren, und die, die sie in Storybrooke sind. Verlassen können sie Storybrooke nicht, denn wenn sie die Stadtgrenze passieren, verlieren sie die Erinnerungen an ihre wahren Identitäten wieder und fallen auf den Wissensstand von vor der Auflösung des Fluches zurück.

Den völligen Zusammenbruch der Stadt wendet David also vorerst ab, doch es gibt ganz sicher mehr als nur ein paar Bewohner, bei denen das mit dem "wir sind beides" nicht so gut funktioniert und die Ärger machen werden. Von dem Fluch waren schließlich nicht nur die Guten der Märchenwelt betroffen, sondern auch viele Bösewichte, die mit ihren Erinnerungen auch einige schlechte Eigenschaften zurückerlangt haben dürften.

Ein bisschen problematisch finde ich, dass sich in Storybrooke einige bekannte Charaktere nicht zeigen, von denen man das in dieser Situation eigentlich erwarten könnte, wie zum Beispiel Cinderella/Ashley und Prinz Thomas/Sean, die ja schließlich in der Märchenwelt ein Herrscherpaar und zudem gut mit Snow und Charming befreundet waren. Warum also halten sie sich bedeckt und stehen David nicht bei? Klar, das waren nur Gastrollen in der ersten Staffel, aber darüber hätte man vielleicht vorher genauer nachdenken sollen.

Die Rückblicke in die Märchenwelt beantworten zumindest zum Teil die Fragen, wie Regina zu ihren magischen Kräften kam und zur machtvollen Bösen Königin werden konnte, und was mit ihrer Mutter Cora geschehen ist. Natürlich hatte Rumpelstilzchen dabei seine Finger im Spiel, denn es ist nun einmal sein Spiel, auch wenn er dieses nicht immer im Griff hat, wie sein Wutausbruch zeigt, als er erfährt, dass er Storybrooke nach wie vor nicht verlassen und daher nicht nach seinem Sohn Baelfire suchen kann.

Im Märchen, wie es uns die Gebrüder Grimm hinterlassen haben, treibt das unheimliche Kerlchen namens Rumpelstilzchen bekanntlich sein Spiel mit einer Müllerstochter und verliert letztlich. Er bekommt ihr Baby, das er sich unter den Nagel reißen wollte, nicht. Cora ist, das wissen wir schon seit der ersten Staffel, die Tochter eines Müllers. Die vertraute Märchenhandlung um Rumpelstilzchen spielt also in abgewandelter Form eine wichtige Rolle in Reginas Lebensgeschichte. Rumpelstilzchen hat Cora die Magie gelehrt und hielt Regina, als sie noch ein Baby war, in den Armen, wie er ihr gegenüber erwähnt. Möglicherweise hatte er einen Deal mit Cora und sollte Baby Regina bekommen, was Cora aber irgendwie noch verhindern konnte. Wenn dem so ist, war es ihm sicherlich ein besonderes Vergnügen, die erwachsene Regina zu korrumpieren und ihr zu helfen, Cora zu bezwingen. Natürlich soll auch die Theorie, dass Rumpelstilzchen womöglich Reginas leiblicher Vater ist, nicht unerwähnt bleiben, allerdings waren bei ihm in Bezug auf Regina noch nie irgendwelche Vatergefühle zu beobachten - vielmehr wollte er sie zuletzt umbringen - und dass er sehr wohl zu Vaterliebe fähig ist, beweist seine Suche nach Baelfire.

Cora jedenfalls wurde in eine andere Welt gesogen, bei der es sich durchaus um das Wunderland handeln könnte. Ich habe schon mehrfach die Theorie gelesen, dass die Herzkönigin, die wir in der Wunderland-Episode ja nur maskiert gesehen haben, Cora war. Dafür sprechen einige Details in dieser Folge, wie etwa das rote Herz auf dem Zauberbuch, das Cora einst von Rumpelstilzchen bekam und das sich Regina aneignet, oder auch eine Bemerkung von Cora darüber, dass Regina eines Tages die Herzen ihrer zukünftigen Untertanen in den Händen halten wird. Solche Anspielungen sind in einer Serie wie "Once Upon a Time" selten Zufall, können aber auch eine falsche Fährte sein. So oder so werden wir sicher bald mehr über Cora erfahren, die sich ja überraschend als Mitgefangene von Emma und Snow in der Rest-Märchenwelt entpuppt.

Am Ende dieser Folge stellt sich die Frage, ob man Regina nun mit anderen Augen sieht als bisher. Die klare Antwort lautet: Jein. Dass sie mit einer Mutter wie Cora wirklich kein Glück hatte, war uns nicht neu, und dass Rumpelstilzchen offenbar schon immer Reginas Schicksal mitgezeichnet hat, spricht dafür, dass ihre Chancen auf ein friedliches Leben grundsätzlich schlecht standen, aber dennoch hätte sie den Weg, den sie gegangen ist, nicht gehen müssen. Wie Rumpelstilzchen schon sagte: es lag in Reginas eigenen Händen, ob sie wie ihre Mutter wird oder nicht. Reginas Hass, ihre Rachsucht und ihre Neigung, die Schuld immer nur anderen zu geben, kann man nicht so einfach entschuldigen. Sie hat schon zuviel Böses getan, um vollkommenes Verständnis zu verdienen. Dass man selbst dann, wenn einem immer wieder Übel mitgespielt wird, noch ein verzeihendes Wesen haben und bereit sein kann, das Richtige zu tun, beweist beispielsweise Snow.

Henry zuliebe versucht Regina zwar nun, sich zu ändern, um ihn nicht genauso zu erdrücken und einzusperren, wie es Cora mit ihr getan hat, aber ob sie dazu wirklich in der Lage ist, wird sie erst noch beweisen müssen. Dass sie das Zauberbuch doch nicht verbrennt, sondern wegschließt, ist tendenziell eher schlecht und zeigt, dass sie noch ein großes Stück davon entfernt ist, sich für immer von der dunklen Magie loszusagen.

Maret Hosemann - myFanbase

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