Review: #3.11 Es war keinmal...
Es ist mir nicht bekannt, was Dr. Whale empfehlen würde, aber ich persönlich halte es für durchaus ratsam, nach dem Genuss dieser Episode erst einmal ein Erholungsschläfchen zu halten, um die vielen Emotionen sacken zu lassen und den Verstand auszulüften. Es passiert wirklich viel in diesem Herbstfinale der dritten Staffel. Viele Charaktere erfahren eine Katharsis, eine Form der seelischen Reinigung: Mr. Gold/Rumpelstilzchen opfert sich für die Menschen, die er liebt, und überwindet damit seine Feigheit, Regina/die Böse Königin handelt zum ersten Mal richtig selbstlos, indem sie Henry loslässt und an Emma abgibt, Tinker Bell gewinnt den Glauben an sich selbst zurück und die Mutter Oberin/Blaue Fee ist doch nicht tot und gibt Fehler zu. Das alles fühlt sich ein wenig wie ein Abschluss an, ist aber letztlich keiner. Es ist ein neuer Anfang. Der Fluch hat sich nun umgedreht und Emma und Henry sind diejenigen, die ein Leben mit falschen Erinnerungen führen. Um diese Folge genauer zu sezieren, breche ich meine bisherige OUAT-Reviewstruktur mal auf und unterteile alles in einzelne Kapitelchen, wie in einem Märchenbuch.
Felix im Unglück
Man hat sich schon nach der vorherigen Episode gefragt, welcher Mensch Peter Pan wohl am meisten bedeutet und daher als Opfer herhalten muss, damit der Fluch funktioniert. Die Antwort lautet Felix. Die Liebe, die Pan für Felix empfindet, ist aber nicht die Art von Liebe, die man sich wünscht. Es ist eine selbstsüchtige und kalte Liebe, die eher eine erweiterte Eigenliebe darstellt. Pan liebt Felix, weil dieser absolut loyal ist und alles für Pan tut, sich Pan komplett unterordnet. Für Pan ist es geradezu selbstverständlich, dass er Felix opfern kann, denn ohne Pan ist Felix ja quasi nichts wert. Felix endet somit als trauriges und verratenes Opfer, dessen Name ironischerweise "Der Glückliche" bedeutet. Leider erfahren wir gar nichts darüber, woher Felix eigentlich stammt, wie er nach Neverland kam und was seiner Loyalität, die erst in seinen letzten Lebenssekunden erschüttert wird, zu Grunde lag. Dass uns diese Dinge noch nachgereicht werden, bezweifle ich stark, da nun ein neues Kapitel aufgeschlagen wird, dass wohl nicht mehr viel mit Neverland zu tun haben dürfte.
Der Rabenvater
Für seinen eigenen Sohn hat Pan nie Liebe empfunden, denn der kleine Rumpelstilzchen brauchte wie jedes Kind Aufmerksamkeit, Fürsorge und Sicherheit, was für Pan (damals noch Malcolm) bedeutete, Zeit zu opfern, Verantwortung zu tragen und nicht mehr alles machen zu können, was er wollte. Dafür war Pan zu selbstsüchtig und unreif. Spass zu haben, frei zu sein und immer nur seinen eigenen Bedürfnissen zu folgen, zählten für ihn viel mehr. Die Szene, in der Pan seine Rabenvatergefühle ausspricht, ist sehr intensiv und geht einem an die Nieren. Man kann nur froh sein, nicht einen solchen Vater zu haben.
Die Macht der Selbstaufopferung
Um seinen Vater zu töten und somit alle zu retten, vor allem Neal und Belle, opfert sich Mr. Gold schließlich selbst. Nachdem er so viele Jahrhunderte damit verbracht hat, den Dolch des Dunklen, der ihn vernichten kann, zu verstecken, nutzt er diese Waffe nun gegen Pan und gegen sich selbst. Er wirft damit seine legendäre Feigheit ab. So dramatisch Golds Heldentod auch wirkt, kann ich mir allerdings nicht vorstellen, dass er endgültig ist. Da Gold sich mit seinem Vater im wahrsten Sinne des Wortes in Rauch auflöst, gibt es keine Leiche und keinen endgültigen Nachweis seines Schicksals. Im Moment frage ich mich weniger, ob Gold wirklich tot sein könnte, als vielmehr, wo er sich jetzt befindet und ob er wieder vollkommen menschlich ist. Wir vergessen dabei nicht die Prophezeiung von seinem Untergang, die sich nun scheinbar erfüllt hat, der ich aber nie über den Weg getraut habe.
Auch Regina bringt ein sehr großes Opfer. Sie löscht sich selbst aus Henrys Gedächtnis und gibt ihm und Emma neue Erinnerungen, denen zufolge Emma ihren Sohn nie zur Adoption freigegeben hat. Regina schenkt den beiden ein neues Leben. In der Review zur Folge #3.09 schrieb ich noch, dass Selbstbezogenheit Reginas vordergründige Charaktereigenschaft bleibt. Das will ich jetzt nicht per se revidieren, aber Fakt ist, dass Regina meiner Ansicht nach zum ersten Mal absolut selbstlos handelt. Sie war zwar auch schon am Ende der zweiten Staffel bereit, ihr Leben zu opfern, um Henry zu beschützen, aber was sie nun tut, hat eine andere Dimension. Sie gibt Henry auf und überlässt ihn Emma voll und ganz. Sie streicht sich aus seinem Gedächtnis und ermöglicht ihm ein neues Leben, von dem sie überhaupt kein Teil mehr ist.
Regina selbst und die anderen Rückkehrer in die Märchenwelt behalten, so scheint es zumindest, ihre Erinnerung, was bedeutet, dass Regina damit weiterleben muss, dass sich das Kind, das sie aufgezogen hat, nicht mehr an sie erinnert. In der Vergangenheit hat sie alles versucht, um Henry nur für sich behalten zu können, wie sie gegenüber Emma ja selbst noch einmal zugibt. Daran kann man schon ermessen, welches Opfer sie nun bringt. Ich bin sehr neugierig darauf, zu sehen, wie sich Regina nun in der Märchenwelt verhält. Wie wirkt sich die Trennung von Henry auf sie aus? Verfällt sie doch wieder in alte Verhaltensmuster? Konnte sie noch irgendein Hintertürchen in den neuen Fluch einbauen?
Die drei Feen
Moment, drei? Natürlich spielen in dieser Folge nur zwei Feen mit, die Blaue und die Grüne, die lieber Tinker Bell genannt wird, aber wir hören auch erstmals von der Schwarzen Fee, die einst verbannt wurde und deren konfiszierter Zauberstab nun dabei hilft, Henry und Pan wieder in ihre jeweiligen Körper zu transferieren. Ich halte es für ziemlich wahrscheinlich, dass besagte Schwarze Fee die neue Bedrohung ist, die dazu führt, dass Captain Hook am Ende der Folge vor Emma steht, die sich freilich nicht an ihn erinnern kann. Die Wiederbelebung der Blauen Fee wird wohl kaum die ganz großen Begeisterungsstürme unter den Zuschauern auslösen, genau wie ihr vorübergehendes Ableben keine spontane Staatstrauer bewirkt hat, wobei man ihr nun aber zu Gute halten muss, dass sie gegenüber Tinker Bell zugibt, zu streng gewesen zu sein. Die Blaue Fee bekommt eine zweite Chance und wird nun vielleicht etwas nachsichtiger und herzlicher, was sich andererseits durch ein mögliches Wiedersehen mit dem schwarzen Schaf der Feenfamilie wieder relativiert.
Theoretisch müsste neben der Blauen Fee auch Greg jetzt wieder unter den Lebenden weilen, sofern sein Körper noch intakt ist, was aber zumindest bezweifelt werden kann. Doch selbst wenn, sitzt er nun alleine in Neverland fest und kann sich bis in alle Ewigkeit grämen, auf Pan hereingefallen zu sein.
Der Kuss
Hook versucht Emma mit einem Kuss ihre Erinnerungen zurückzugeben, was offenbar nicht funktioniert, denn sie befördert ihn mit einem Tritt aus ihrer Reichweite. Man kann den Aufschrei, der durch die Fangemeinde geht, förmlich hören. Bedeutet dies, dass es bei Hook und Emma definitiv nicht die wahre Liebe ist? Hat Hook nun schon endgültig gegenüber Neal den Kürzeren gezogen? Gemach, gemach. Als Mr. Gold damals versuchte, Belle ihre Erinnerungen durch einen Kuss zurückzugeben, hat es auch nicht funktioniert. Der Kuss der wahren Liebe scheint zum Brechen von fiesen Zaubern ganz gut zu sein, bei der Rückgabe von Erinnerungen aber zumindest Mängel aufzuweisen. Ganz davon abgesehen war der Lippenkontakt zwischen Hook und Emma nur minimal, da sie ihn schnell abgewehrt hat. Man sollte dieses Schiff meiner Ansicht nach nicht vorschnell als versenkt betrachten.
Wie Hook überhaupt wieder in unsere Welt gelangt ist und warum gerade er es geschafft hat (oder geschickt wurde), sind nur wenige Auszüge aus einem gigantischen Fragenkatalog, der sich aus der neuen Situation ergibt. Es wird allein schon spannend zu entdecken, wie das Leben, dass Emma und Henry nun führen, genau aussieht.
Die Vermissten
Es ist ein leidiges Thema, aber es lässt sich nun einmal nicht leugnen, dass es sehr wenig Sinn macht, dass wir wieder einmal nichts von Ruby sehen. Auch einige andere Charaktere hätten durchaus gezeigt werden können, angesichts der Tatsache, dass Storybrooke ausgelöscht wird und die Bewohner in die Märchenwelt zurückkehren. Bei allem Wissen darum, dass die Schauspieler auch andere Verpflichtungen haben, fallen diese Vermisstenfälle doch negativ auf. Wir haben nie eine Erklärung dafür bekommen, warum Ruby plötzlich nicht mehr bei allen wichtigen Ereignissen dabei ist und sich nicht in der Nähe ihrer engen Freunde und ihrer eigenen Großmutter aufhält. Ich bin bestimmt nicht traurig darüber, dass man Ruby (bisher) nicht hat sterben lassen, aber sie so unkonsequent aus dem Geschehen zu entfernen, hinterlässt immer wieder einen ziemlich schalen Beigeschmack.
Maret Hosemann - myFanbase
Die Serie "Once Upon a Time" ansehen:
Vorherige Review: #3.10 Pans neues Neverland? | Alle Reviews | Nächste Review: #3.12 Grün ist das neue Schwarz |
Diskussion zu dieser Episode
Du kannst hier oder in unserem Forum mit anderen Fans von "Once Upon a Time" über die Folge #3.11 Es war keinmal... diskutieren.
Informationen zur Episode
Englischer Titel: Going HomeErstausstrahlung (US): 15.12.2013
Erstausstrahlung (DE): 10.12.2014
Regie: Ralph Hemecker
Drehbuch: Edward Kitsis, Adam Horowitz
Links
Jetzt ansehen/bestellen
Episode jetzt bei Apple TV+
ansehen
Episode jetzt bei Amazon.de
ansehen
DVD jetzt bei Amazon.de
bestellen
Meistgelesen
Aktuelle Kommentare
22.11.2024 21:56 von Chili_vanilli
Cruel Intentions: Cruel Intentions
Hat schon jemand reingeschaut? Bin akutell bei Folge 1... mehr
20.11.2024 15:18 von Catherine
Liebeskolumnen: Rory & Dean, Teil 3
Ich glaube, es wurde während des "Gilmore... mehr