Review: #4.20 Solange es Mütter gibt
Es ist ein ultimativer Moment, der vor drei Jahren noch undenkbar schien, sich aber zuletzt abgezeichnet hat: die (ehemalige) Böse Königin gelangt zu der Erkenntnis, dass sie ihrem Glück immer selbst im Wege stand. Sie, die über so viele Jahre stets anderen Menschen die Schuld an ihrem Unglück gegeben und so viele unschuldige Personen hat leiden lassen, findet die Antworten nun bei sich selbst. Endlich akzeptiert sie ihr Leben so, wie es ist: unperfekt, aber mit viel Gutem und Schönem darin. Dieser Augenblick schließt eine lange Entwicklung ab. Man kann also fast von einem epischen Moment sprechen, einem Moment der ... umgeschrieben wird. Isaac hat jetzt alle Zutaten, die er braucht, um wieder im Vollbesitz seiner Autorenkräfte zu sein und macht sich in Mr. Golds Auftrag daran, ein neues Märchenbuch zu schreiben, das den Titel "Helden & Schurken" trägt. Auch ohne das Inhaltsverzeichnis studiert oder den Klappentext gelesen zu haben, dürfte außer Frage stehen, dass diese neue Geschichte absolut alles durcheinander bringen wird. Ich bin gespannt darauf und fürchte mich davor.
Tragischerweise hat Regina dies selbst mitverursacht, indem sie die entscheidende Zutat – Lilys Blut – beisteuerte. Mr. Gold wäre in seinem Zustand sicher nicht mehr in der Lage gewesen, zu erkennen, dass Lilys Blut die gleiche Wirkung wie das einer bösen Retterin hat, geschweige denn das er es hätte besorgen können, und Isaac ist nur mit der Feder stark, ansonsten aber nicht der Typ, der sich selbst zu helfen weiß. Kurz bevor Regina also erkannt hat, wie sehr sie ihrem Glück immer selbst im Wege stand, hat sie sich ihrem Glück noch ein weiteres Mal in den Weg gestellt.
Der Originaltitel dieser Episode, "Mother", könnte kaum passender sein, trifft er doch auf fast jede Storyline der Folge zu.
Die herzlose Mutter
Dass "herzlos" in Bezug auf Cora nicht nur metaphorisch, sondern wortwörtlich zu verstehen ist, wissen wir schon seit längerem. Bekanntlich erhielt sie ihr Herz, das sie sich selbst rausgerissen hat, erst kurz vor ihrem Tod zurück und erkannte zu spät, welches Glück ihr entgangen ist. In dieser Folge sehen wir noch einmal einen Flashback mit Cora, der sich zeitlich nach ihrer Verbannung ins Wunderland, jedoch bevor Regina ihr Hook auf den Hals geschickt hat, abspielt. Dieses unerwartete Zwischenkapitel beweist wieder einmal, dass man sich bei "Once Upon a Time" wirklich nie sicher sein darf, alle relevanten Punkte auf der Zeitlinie bereits zu kennen, selbst wenn es so scheint. Zu dem Wiedersehen zwischen Mutter und Tochter, so enthüllen uns die Rückblenden, kommt es ausgerechnet an Daniels jährlichem Todestag, der Königin Regina in eine äußerst mörderische Stimmung versetzt. Wer schon wieder drauf und dran war, angesichts von Reginas positiver Entwicklung in Storybrooke zu vergessen, wie grausam sie als Böse Königin gewesen ist, bekommt hier noch einmal eine eindringliche Erinnerung. Ihr Schmerz über Daniels Tod ist definitiv keine legitime Entschuldigung dafür, einen harmlosen Jüngling auf seiner Hochzeitsfeier zu ermorden.
Cora ihrerseits schmiedet bereits Hochzeits- und Babypläne für Regina. Cora wurde von Tinker Bell über die Existenz von Reginas Seelenverwandtem, zu diesem Zeitpunkt nur bekannt als "Mann mit dem Löwentattoo", informiert und will diesen nun finden. An dieser Stelle ein kurzer Einschub: Tinker Bell ist offenbar sehr viel rumgekommen, nachdem sie ihre Flügel verloren hat, und war vor ihrem Asyl in Neverland auch im Wunderland unterwegs. Ihre Odyssee wäre definitiv einige Flashbacks wert, auch um zu erfahren, wie genau die Begegnung zwischen der Ex-Fee und der Herzkönigin eigentlich verlief. Vermutlich wird es zu diesen Flashbacks aber niemals kommen. Tinker Bell zählt momentan zu den unsichtbaren Nebencharakteren, die irgendwie noch dazugehören, aber nicht mehr mit dabei sind. Die Darstellerin Rose McIver treibt sich dafür als Zombie in einer unterhaltsamen CW-Serie herum. Übrigens zusammen mit David Anders, dessen "Once"-Charakter Dr. Whale in dieser Episode auch mal wieder erwähnt wird, aber nicht zu sehen ist.
Kommen wir zurück zu Cora. Die Idee, Regina mit ihrem Seelenverwandten zusammenzubringen, ist eigentlich ziemlich gut und hätte bei Erfolg noch so einige Leben gerettet, aber Coras gesamte Vorgehensweise bei diesem Unterfangen lag irgendwo zwischen dilettantisch und diabolisch. In ihrer Herzlosigkeit glaubt sie nicht wirklich an das Konzept der wahren Liebe und sieht den Seelenverwandten nur als Mittel zum Zweck. Als sie über den Mann mit dem Löwentattoo alias Robin Hood Dinge erfährt, die ihr nicht zusagen, beschließt sie einfach, den extrem unsympathischen, aber in ihren Augen starken und entschlossenen Sheriff von Notthingham, seines Zeichens Robin Hoods Erzfeind und damit in gewisser Weise dessen genaues Gegenteil, als Reginas Traumprinzen auszugeben. Hauptsache, Regina hält ihn für ihren Seelenverwandten, heißt ihre Mutter wieder in der Familie willkommen und gründet eine Dynastie. Das klappt natürlich nicht, denn ein gefälschtes Tattoo ersetzt keine echte Seelenverwandtschaft und der Sheriff gibt in Reginas Gegenwart wirklich genau die falschen Dinge von sich. Besonders gut vorbereitet wurde er von Cora auf seine Rolle nicht.
Wütend und enttäuscht beschließt Regina, sich selbst zu verstümmeln, um ihre Mutter zu strafen. Mit einem Zaubertrank nimmt sich Regina die Fähigkeit, Kinder zu gebären. Das ist ein wahres Paradebeispiel dafür, wie man seinem eigenen Glück unüberwindbare Felsbrocken in den Weg legen kann. Regina denkt hier nicht daran, was für sie das Beste ist, sondern nur daran, was für ihre Mutter das Schlechteste sein könnte. Ich glaube gar nicht mal, dass Cora im Sinn hatte, Regina einen plötzlichen und mysteriösen Tod sterben zu lassen, um durch einen kleinen Enkel, der zum Regieren noch zu jung gewesen wäre, dann selbst an die Macht zu kommen. Cora wollte einfach eine Herrscherdynastie begründen und ein Teil von dieser sein.
Die Drachenmutter
Maleficents hoffnungsvolle und zugleich ängstliche Nervosität, während sie darauf wartet, dass Lily aus dem Auto steigt und sich Mutter und Tochter das erste Mal begegnen, geht einem wirklich nahe. Respekt an Kristin Bauer van Straten für diese schauspielerische Leistung. Richtig rund läuft das Kennenlernen von Maleficent und Lily danach nicht, denn während Maleficent die Vergangenheit ruhen lassen und die gemeinsame Zukunft mit ihrer Tochter nicht durch Rachepläne zerstören will, ist Lily immer noch voller Wut und Vergeltungssucht. Dahinter steckt aber noch mehr. Ähnlich wie bei Emma damals ist es für Lily nicht leicht, sich ihrer Mutter zu öffnen und ihr zu verzeihen, dass sie die ganze Zeit nicht da war. Hinzukommt Lilys Angst, gleich wieder alles zu ruinieren, wie es sich aus bekannten Gründen bisher als roter Faden durch ihr Leben gezogen hat. Dass sie dies ihrer Mutter gesteht, ist aber schon mal ein erster Schritt in die richtige Richtung. Lily verspricht Maleficent, zumindest die berühmte eine Woche in Storybrooke zu bleiben - die eine Woche, die auch Emma ursprünglich nur bleiben wollte. Wieder eine interessante Parallele. Die Chance, dass Lily in der fünften Staffel weiterhin dabei ist, besteht also, aber natürlich müssen wir auch hier zunächst abwarten, was Isaacs literarische Ergüsse bewirken.
Die reuige Mutter
Mary Margarets Leiden unter der kalten Schulter ihrer Tochter findet in dieser Episode ihr Ende. Es kommt zur Versöhnung zwischen ihr und Emma. Gott sei Dank. Emmas Wut und Enttäuschung war sicherlich nicht unbegründet, aber durch ihre harte Haltung gegenüber ihren Eltern lief sie Gefahr, sich wie einst Regina am Ende nur selbst zu bestrafen. Mary Margaret ist bzw. Snow White war keine unfehlbare, immer selbstlose Heldin, so viel steht inzwischen fest, aber sie bereut ihre Fehler und hat aus diesen Lehren gezogen, um ein besserer Mensch zu werden.
Die werdende Mutter
Zelena ist tatsächlich schwanger ... scheinbar. Oder so. Auch in dieser Folge zweifelt absolut niemand ihre Schwangerschaft an, ohne dass wir erfahren, warum dem so ist. Kein einziges Mal wird auch nur der Verdacht geäußert, dass Zelena vielleicht eine weitere Scharade betreibt. Das bleibt für mich schwer nachvollziehbar, aber wir haben ja noch mindestens eine ganze Staffel, um uns diesem Thema zu widmen, falls Isaac das nicht irgendwie für immer ausradiert. Vorerst darf es sich Zelena in einer der Gummizellen gemütlich machen, die auch schon sichere Verwahrstellen für Belle und Sidney Glass waren. Das beschert uns auch ein kurzes Wiedersehen mit der so genannten "strengen Krankenschwester", die in der Psychiatrie ihren Dienst verrichtet und deren Blick eindeutig aussagt, dass sie sich nicht davor scheut, jedem der ihr dumm kommt eine Gratis-Elektroschocktherapie zu spendieren. Wenn ich raten müsste, welche literarische Figur sie ist/war, würde ich auf Schwester Ratched aus "Einer flog über das Kuckucksnest" tippen, wenngleich dieser Roman (und Film) so gar nichts mit Disney zu tun hat und kaum ins "Once Upon a Time"-Schema passt. Der namenlosen Schwester wird damit mehr Screentime gewährt als August, der aus unerfindlichen Gründen wieder komplett aus der Autor-Storyline verbannt wurde. Eine Begegnung zwischen ihm und Isaac wäre schon sehr interessant.
P.S. Am zweiten Sonntag im Mai ist Muttertag.
Maret Hosemann - myFanbase
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Informationen zur Episode
Englischer Titel: MotherErstausstrahlung (US): 03.05.2015
Erstausstrahlung (DE): 09.12.2017
Regie: Ron Underwood
Drehbuch: Jane Espenson
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