Bewertung

Review: #4.19 Lily in der Welt der Lügen

Foto: Jared S. Gilmore, Once Upon a Time - Copyright: 2017 ABC Studios; ABC/Jack Rowand
Jared S. Gilmore, Once Upon a Time
© 2017 ABC Studios; ABC/Jack Rowand

Und kurz vor dem Abspann die Enthüllung: "Sie ist schwanger". Schockierte, fassungslose Blicke in die Kamera. Ausblende. Willkommen zu dem Moment, in dem "Once Upon a Time" zur Seifenoper wird! Jetzt mal ehrlich, diese letzte Sequenz der Folge hat schon einen sehr soapigen Charakter und lässt die Zuschauer im doppelten Sinne ziemlich baff zurück – baff darüber, dass Zelena angeblich ein Kind von Robin Hood erwartet und baff, dass eine Folge von "Once Upon a Time" so endet. Bis zu diesen eigenwilligen Abschlussminuten erleben wir aber eine fraglos intensive, düstere, mit starken Charaktermomenten gespickte Episode, die über weite Strecken die guten Eindrücke aus der Vorwoche bestätigt.

Emmas und Reginas Road-Trip entwickelt sich zu einem weiteren sehr bemerkenswerten Kapitel in der Beziehung der beiden Frauen. Emmas Wut und Anspannung, die in einigen Momenten in Raserei mündet und in anderen Situationen einen fast trance-ähnlichen Betäubungszustand bei ihr hervorruft, wird durch Reginas Ruhe und Rationalität einigermaßen in Zaum gehalten. Dass Emmas Gefühlswelt, die uns doch einige Schrecken in dieser Folge einjagt, nicht eskaliert, verdanken wir Regina. Es ist schon sehr faszinierend, wie sich Emma und Regina momentan ergänzen. Emma befindet sich in einer Situation, die Regina nur allzu vertraut ist. Regina hat es damals nach Daniels Ermordung nicht geschafft, der negativen Gefühle Herr zu werden und der Manipulationen durch Rumpelstilzchen zu widerstehen. Die Auswirkungen sind bekannt und unvergessen. Nun leistet Regina einiges, um zu verhindern, dass Emma ebenso scheitert und damit alle ins Verderben stürzt. In der vielleicht besten Szene dieser Folge, als Regina verhindert, dass Emma Lily erschießt, erscheint die einstige Böse Königin wie die Feuerschutztür zwischen Emma und Lily, den beiden (Ex-)Besties, die seit 30 Jahren eine selbstzerstörerische Verbindung haben. Eine Schutztür kann einen Brand aber nicht löschen und das Feuer zwischen Emma und Lily ist noch lange nicht aus.

Emmas und Lilys Verbindung ist der zweite ungemein spannende Aspekt dieser Folge. Eigentlich dachte ich, die beiden hätten sich, nachdem Emma erfahren hat, dass Lily kein elternloses Pflegekind ist, nicht wiedergesehen, aber es gab doch noch eine weitere Begegnung zwischen ihnen, die auf die gleiche Weise endete: mit einer wütenden Emma, die eine verzweifelte Lily zurücklässt.

Durch den Zauber, den Snow White und Prinz Charming vor 30 Jahren veranlasst haben, wurde eine äußerst ungesunde Verbindung zwischen Emma und Lily geschaffen. Lily selbst spricht von Emma und sich als "Retterin und Anti-Retterin" und auch ich musste unweigerlich an das berühmte Bild vom bösen Zwilling denken. Wenn Emma und Lily zusammen sind, geht es Lily besser, Emma aber schlechter. Während Emma gewissermaßen das Licht in Lilys bringt, bringt Lily die Dunkelheit in das von Emma - eben die (potentielle) Dunkelheit, die durch den Zauber von Emma auf Lily übertragen wurde. Um es mal poetisch auszudrücken: Emma ist das Licht für Lilys Schatten und Lily der Schatten für Emmas Licht. Indem Lily aber damals dafür sorgte, dass Emma famillienlos blieb, schuf sie gleichzeitig die Vorraussetzungen dafür, dass Emma schließlich ihre leiblichen Eltern finden und den Fluch über Storybrooke brechen konnte. Dies unterstreicht, wie schicksalhaft die Bindung zwischen Emma und Lily ist. Bisher war Lily dabei immer die Verliererin, die Anti-Retterin eben, die ihren Beitrag dazu geleistet hat, dass Emma die Retterin werden konnte, dafür aber nur Probleme und Zurückweisung geerntet hat. Im Gegensatz zu Emma wurde Lily zwar adoptiert, konnte aber kein Glück finden, da sie, wie sie es selbst ausdrückt, auf "falsche Entscheidungen gepolt wurde".

Ein bisschen erinnert Emmas Vergangenheit mit Lily an ihre Vergangenheit mit Neal. Auch Neal hat Emma verraten und in eine Falle gelockt, die daraus bestand, dass Emma etwas holen sollte, allerdings tat er es mit dem konkreten Wissen, wer Emma ist und welche Aufgabe sie hat.

Emma und das Schicksal ...

... so könnte durchaus die Überschrift über diese zweite Hälfte der vierten Staffel lauten. Im gefühlten Minutentakt wird Emma derzeit mit Erkenntnissen konfrontiert, wie oft das Schicksal und andere Mächte in ihr Leben eingegriffen haben und wie viele ihrer Erlebnisse nicht, oder zumindest nicht nur, auf ihre freien Entscheidungen zurückzuführen sind. Diese Erkenntnisse gab es in früheren Staffeln natürlich auch schon und haben Emma mit ihrem Retterinnen-Status vertraut gemacht, aber so extrem wie jetzt war es noch nie. Ein mehr als deutliches Beispiel ist der Moment, in dem das plötzliche Auftauchen eines Wolfs auf der Straße dazu führt, dass Emma Lily in dem Diner findet. Wir und auch Emma selbst erinnern uns noch gut daran, wie einst ein Wolf auf der Straße ihr Verschwinden unverichteter Dinge aus Storybrooke vereitelte (#1.01 Das verlorene Happy End). Diese ganzen Einflüsse können einen Menschen durchaus dazu verleiten, sich einfach damit abzufinden und nicht mehr für den eigenen Willen zu kämpfen. Das darf Emma auf keinen Fall passieren. Leider ist das mit dem zwielichtigen Autor Isaac im Rücken, der kein großer Verfechter des freien Willens und des natürlichen Verlaufes einer Geschichte mehr ist, seit er cruella-fiziert wurde, nicht eben einfach.

Die finalen Folgen dieser Staffel werden wohl die größten und schmerzhaftesten Herausforderungen ihres bisherigen Lebens für Emma bereithalten und da eine fünfte Staffel schon sicher ist, dürfen wir nicht von einem guten Ende ausgehen. Ein dramatischer Cliffhanger ist da schon deutlich wahrscheinlicher.

Mit Lily in Storybrooke scheint Emma zwar die Chance zu haben, den Fehler ihrer Eltern zu sühnen und sich von eigenen Schuldgefühlen zu befreien, aber sie übersieht oder ignoriert dabei einen ganz wesentlichen Punkt: Lilys Rachewunsch. Von diesem ist Lily nämlich mit keinem Wort abgerückt. Vielmehr hat sie sogar recht deutlich klargestellt, dass sie, wenn Emma sie am Leben lässt, auf jeden Fall versuchen wird, Emmas Eltern leiden zu lassen. In dem Moment, da Lily die Stadtgrenze passiert, wird sie außerdem mit großer Wahrscheinlichkeit magische Kräfte, ähnlich denen ihrer Mutter, entwickeln. Auch das scheint Emma nicht wirklich zu bedenken.

Wenn wir schon mal bei mangelndem Bedenken sind: an den Zauberlehrling, der offenbar nach wie vor im Zauberhut gefangen ist, denkt irgendwie keiner mehr. Zumindest Hook weiß von diesem namenlosen alten Mann im Hut und sollte eigentlich Interesse daran haben, dass dieser ebenso wie schon die Feen/Nonnen befreit wird. Das bringt uns zu Mr. Gold, dessen Auftritte momentan auch unter einer Überschrift zusammengefasst werden können:

Mr. Gold und das Herz

Während sein eigenes Herz immer dunkler und klumpiger wird, bringt er seiner Frau Belle ihr absolut reines Herz, das sich Regina ungefragt ausgeliehen hat, zurück. Als Zuschauer können wir uns ziemlich sicher sein, dass Regina es Belle ohnehin heil zurückgegeben hätte, aber so konnte er Belle ausnahmsweise mal wieder etwas Gutes tun. Er hat diese Gelegenheit auch gleich genutzt, um durch eine Entschuldigung und rührende Worte Belles (frisch re-transplantiertes) Herz zu erweichen. Der Blick, mit dem sie ihm hinterhersieht, spricht Bände. Persönlich kann ich allerdings so gar nichts Romantisches daran finden, dass Mr. Gold gegenüber Belle mal wieder die sanften Tönen eines reuigen Sünders anschlägt, während er gleichzeitig daran arbeitet, die große Liebe seines toten Sohnes und Mutter seines einzigen Enkelkindes auf die dunkle Seite zu ziehen. Mr. Gold schafft es, selbst in seinen ehrlichen Moment immer noch ein Lügner und Betrüger zu sein. Mit der einen Hand hält er liebevoll Belles Herz, die andere legt er (sprichwörtlich) um Emmas Kehle. Für mich hat die Vorstellung, dass Mr. Gold am Ende dieser Staffel durch einen Herzinfarkt dahinscheidet, schon etwas sehr ansprechendes, aber ich rechne nicht damit.

Gutes Märchen, Schlechtes Märchen ...

... oder doch eher Verhexte Liebe? Storybrooke Story? Unter Oz? Ja richtig, es geht wieder um das Ende dieser Folge. Zelena soll also angeblich schwanger sein. Nachdem Robin gerade erfahren hat, dass seine vermeintliche Ehefrau Marian gar nicht wirklich Marian ist, sondern eine böse Hexe, die seine echte Frau ermordet hat, glaubt er dennoch, dass ihre Schwangerschaft der Wahrheit entspricht. Das finde ich etwas merkwürdig, aber gut, er muss den Schock natürlich erst einmal verdauen. Außerdem wissen wir ja nicht, ob er vielleicht gerade erst am Vortag mit "Marian" beim Ultraschall war und überzeugende Beweise für ihre Schwangerschaft gesehen hat. Sollte Zelena wirklich schwanger sein, wäre das eine ziemlich absurde Situation. Wollen Regina und Robin dann Zelena neun Monate gefangen halten, bis das Baby geboren ist, und es dann gemeinsam aufziehen? Was machen sie danach mit Zelena? Wenn ich das so im Kopf durchspiele, erscheint mir das einfach zu schräg. Es wird wohl auf eine andere Entwicklung hinauslaufen. Vorgetäuschte Schwangerschaften sind ja auch ein äußerst beliebtes Thema in Seifenopern.

Ist euch aufgefallen, dass ...

... Emma offenbar auch außerhalb Storybrookes über Magie verfügt? Zumindest deutet die Szene, in der Emma einen Schlag von Lily kassiert und daraufhin ein Blitz einschlägt, darauf hin. Das wäre natürlich ein Hammer, der Emma eine noch größere Ausnahmestellung verleiht.

Maret Hosemann - myFanbase

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