Review: #5.16 Vom Zerfall und Erwachen der Tugend

Hades, du alter Romantiker! Der Herrscher der Unterwelt hat sein Reich optisch an Storybrooke angepasst, um Zelena damit eine Freude zu machen. Sie sollte das haben, was Regina hat, nur dass in der Unterwelt leider Verzweiflung und Verfall herrschen, weshalb die Kopie nicht hundertprozentig gelungen ist, aber zu Zelena passen Verzweiflung und Verfall ja eigentlich auch ganz gut. Damit wäre das Rätsel um die Parallelen zwischen Storybrooke und Underbrooke endgültig gelöst. Es ist weniger eine beängstigende und mysteriöse Erklärung, die dem Ruf des dunklen Fluchs gerecht wird, als eine eigentlich ziemlich banale Auflösung, die aber auf seltsame Art durchaus stimmig ist. Das schöne, aber verfluchte Storybrooke wurde für Regina geschaffen und das unschöne, verfluchte Underbrooke gewissermaßen für ihre Schwester Zelena, die immer das haben wollte, was Regina hatte.

Diese ganze Episode lebt geradezu davon, dass sie voller eigenwilliger bis irgendwie bekloppter Ideen steckt, aber dennoch gut funktioniert. Viel besser als so manch andere Folge in jüngster Vergangenheit. Ein gutes Beispiel ist das öffentliche Spuk-Telefon, das Snow und David benutzen, um Baby Neal "anzurufen". Im Grunde ist das ja ziemlich albern, aber es entspricht einer Welt, in der die Menschen dazu verdonnert sind, für Jahrzehnte oder gar Jahrhunderte ein banales Anti-Leben zu führen. Als der Mann, den David anspricht, erklärt, dass er hofft, dass seine Anrufe im Diesseits tatsächlich empfangen werden, da er sonst 30 Jahre lang etwas völlig Sinnloses getan hat, begreift man dann erst so richtig, dass diese Telefonzelle perfekt in die Unterwelt passt und in ihrer Lächerlichkeit sehr tragisch und perfide ist. Für die Unterweltbewohner ist es die einzige Möglichkeit, mit ihren Hinterbliebenen zu kommunizieren, doch sie können die Lebenden dabei weder sehen, noch erhalten sie Antwort. Sie erfahren nie, ob ihre Nachrichten überhaupt ankommen. Das ist Hoffnung gepaart mit Qual – und damit kennt sich die griechische Mythologie nun wirklich prima aus. Der Faktor Qual wird für Snow und David allerdings eliminiert durch Henry, der als Autor ein bisschen tiefer blicken kann. Noch empfängt er vergleichsweise unwichtige Geschichten, aber vielleicht sind es ja genau diese, die Hades zu Fall bringen. Wenn Henry die Geschichten der Verstorbenen niederschreibt, findet er dabei vielleicht den Schlüssel zu ihrer Erlösung. Es wurde zwar bisher nicht eindeutig gesagt, aber ich vermute, dass Hades durch jede Seele, die ihm entkommt, geschwächt wird.

Wir erfahren einiges über Hades in dieser Episode, einschließlich des sehr überraschenden Faktes, dass er Fahrrad fahren kann. Auch diese Fahrradszenen sind eigentlich behämmert und passen gar nicht zu den Charakteren Hades und Zelena, aber das ist wiederum das Besondere. Der Herrscher der Unterwelt mit dem gefrorenen Herzen und die vor Neid ergrünte Böse Hexe des Westens erleben durch so etwas Einfachem wie ein Fahrrad einen kurzen Moment der Unbeschwertheit. Für einen Augenblick sind sie frei von ihrem Hass und ihrer Wut, aber eben wirklich nur einen Augenblick.

Hades' Geschichte wird hier im Vergleich zur griechischen Mythologie verändert. Wir erfahren, dass er von seinem Bruder Zeus emotional verstümmelt wurde, indem dieser Hades' Herz zum Stillstand brachte, und Hades seitdem dazu verdammt ist, über die Unterwelt zu herrschen. Zumindest ist das Hades' Version der Geschichte, bei der er möglicherweise wichtige Details ausgelassen hat. Hades will den Zeitreisezauber, auf den Zelena nicht rechtzeitig das Copyright angemeldet hat, wiederholen bzw. planmäßig durchführen, um seine Geschichte dahingehend zu ändern, dass Zeus derjenige ist, der in der Unterwelt landet. Hades will seinerseits den Olymp regieren. In der griechischen Mythologie haben die Brüder Zeus, Poseidon und Hades die Welt per Los unter sich aufgeteilt. Hades zog dabei die Unterwelt, vom Olymp verbannt war er aber nicht.

Hades ist in der griechischen Mythologie übrigens auch kein Single, sondern mit Persephone verheiratet, die er in die Unterwelt entführt hatte, da dort freiwillig keine Frau leben wollte. Die Unterwelt muss die schlimmste Junggesellenbude aller Zeiten gewesen sein. Zeus entschied schließlich, dass Persephone immer sechs Monate eines Jahres bei Hades in der Unterwelt verbringen muss und die anderen sechs Monate nach Hause zu ihrer Mutter Demeter darf. Womöglich nimmt Zelena letztlich den Part von Persephone ein und es entsteht ein ähnliches Arrangement, so dass die Helden Frieden mit Hades schließen. So richtig vorstellen kann ich mir das aber momentan nicht.

Es kommt in dieser Folge auch zu einem Wiedersehen mit der inzwischen erwachsenen Dorothy, die erfahren hat, dass sie von Zelena hereingelegt wurde und die Böse Hexe des Westens mitnichten geschmolzen ist. Gebracht hat Dorothys Rückkehr offensichtlich nicht das Geringste, denn Zelena wurde bekanntlich nicht gestoppt, aber vielleicht bekommt Dorothy ja noch eine Chance. Nennenswerten Eindruck hinterlässt sie in dieser Folge trotzdem nicht. Nur ihr Name und ihre Rolle in der ursprünglichen "Der Zauberer von Oz"-Geschichte verhindern, dass man sie gleich wieder vergisst.

Ein paar Worte noch zu Zelena. Sie feiert in Oz einsam ihren "Geburtstag", der genau genommen der Tag ist, an dem sie von Cora verlassen wurde. Die Szene erinnert sehr stark an Emmas 28. Geburtstag, mit dem die Serie begann. Unfassbar, wie weit Emma seitdem gekommen ist. Auch Zelena zeigt zumindest Ansätze von Fortschritt. Sie trifft eine Entscheidung allein zum Wohle ihrer Tochter. Sie ist nicht wie Cora, das steht fest, aber das bedeutet noch nicht, dass sie es schafft, die Vergangenheit hinter sich und ihre Feinde zu ihrer Familie werden zu lassen, wie Regina es getan hat. Neid ist eine sehr starke, zersetzende Emotion - und schlecht für den Teint.

Was Hades betrifft, so sind seine Gefühle für Zelena sicherlich ernst gemeint bzw. er ist davon überzeugt, dass es sich um Liebe handelt, soweit er solche noch empfinden kann. Dass sie allerdings stärker ist als seine Wut und sein Hass muss sich noch zeigen. Ich zweifle daran. Bemerkenswert finde ich auch, dass er gegenüber Zelena betont, dass er Cora leiden lässt, allerdings hatte er sie vorher zur Bürgermeisterin gemacht und erst abgesägt, nachdem sie ihm nicht mehr nützlich war. So wichtig schien es ihm also nicht gewesen zu sein, Zelenas Rachsucht zu befriedigen. Oder wurde das nur einfach mal wieder nicht richtig von den Autoren durchdacht?

Neben Zelena und ihrem Baby kommen auch Belle und ihr ungeborener Nachwuchs in der Unterwelt an. Für Belle geht es wahrlich Schlag auf Schlag. Sie fällt durch ein Portal, trifft ihren Mann wieder, erfährt, dass sie schwanger ist, ihr Mann das Kind aber schon verkauft hat und besagter Mann wieder der Dunkle ist. Belle und Mr. Gold haben endlich das Ende aller romantischen Illusionen erreicht. In dieser Version von "Die Schöne und das Biest" bleibt das Biest ein Biest. Mr. Gold wird sich nie ändern, dafür liebt er die Macht zu sehr und ist zu schwach und zu feige, ohne sie zu leben. Vielleicht kann er ihr mal für kurze Zeit widerstehen, aber auf Dauer keinesfalls. Belle muss sich nun entscheiden, ob sie ihn so akzeptieren kann oder nicht. Eigentlich dürfte die Antwort nur "oder nicht" lauten, aber ich fürchte, Robin mit seiner kleinen Tochter zu sehen und gerade nur von Paaren umgeben zu sein, lässt Belle einknicken. "Die Schöne und das Biest" ist hier schon lange kein romantisches Märchen mehr, sondern ein Drama in sehr vielen Akten.

Maret Hosemann - myFanbase

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