Bewertung

Review: #3.09 Pokerspiel

Auch wenn die deutschen Episodentitel lange nicht an die Komplexität der Originaltitel heranreichen, lässt sich bei dieser Episode der Titel zumindest metaphorisch auf mehrere Handlungsstränge beziehen. Denn neben dem offensichtlichen Bezug auf Nathans und Chris' kleinen Pokerausflug kann man auch sagen, dass einige Charaktere in dieser Folge alles auf eine Karte setzen und viele Handlungsstränge, die sich eigentlich schon seit dem Ende der zweiten Staffel entwickeln, in dieser Folge zu Ende geführt werden.

Sweet! Road Trip, Nate!

Mein absolutes Highlight in dieser Folge, die insgesamt eine Aneinanderreihung von Highlights ist, sind Nathan und Chris auf ihrem Road Trip. Und ja, ich muss gestehen, ich mag Chris Keller! Die persona non grata der zweiten Staffel, die das Traumpaar schlechthin auseinander gebracht hat und sich durch sein Tête-à-tête mit Brooke auch nicht gerade sympathischer gemacht hat, wird plötzlich zum heimlichen Star der Folge! Dass er, wenn er sein arrogantes Verhalten mal ablegt, ganz witzig sein kann (wenn auch unfreiwillig), hat sich ja schon in der Folge #3.07 Falsche Dates gezeigt. Aber diese Szenen toppen drehbuchtechnisch einfach alles! Man möchte am liebsten jeden ihrer Dialoge hier zitieren, weil sie nur so vor Schlagfertigkeit und Ironie sprühen – etwas, das mir bei "One Tree Hill" meistens etwas zu kurz kommt. Deshalb zumindest meine absolute Lieblingsszene, die mich auch nach dem fünften Mal anschauen noch zum Lachen bringt:

Chris: I kissed Haley at the masquerade party.

Nathan: What?( punches him)

Chris: Man, I was trying to help you! (Nathan punches him again) See, this is why I’m never honest! Now stop hitting me.

Nathan: Stop kissing my wife!

Chris: I will, when you start kissing her! (Nathan punches him again)

Und Chris ist in dieser Szene tatsächlich erstaunt, dass Nathan auf ihn wütend ist!!! Gleichzeitig zeigt die Szene aber auch, dass Chris wirklich etwas daran liegt, dass Nathan und Haley sich endlich wieder versöhnen und dass er das seit seiner Ankunft in Tree Hill im Sinn hatte. Dass er zum Schluss sogar seine Gitarre verkauft, um damit alles wieder gut zu machen, bewirkt fast ein bisschen Wehmut, wenn er danach aus der Stadt verschwindet. Wie er selbst sagt, "Chris Kellers work here is done", sowohl mit Haleys Musik als auch mit ihrer Ehe, aber er hat uns einen wunderschönen Abgang beschert!

Who knew my subconscious could be such a bitch?

Jetzt wissen wir also auch, wie es in Peytons Innenleben aussieht! Eine großartige Idee von Mark Schwahn, der das Drehbuch zu dieser Episode selbst schrieb, diesen inneren Kampf Peytons durch ihr Todesengel-Alter ego aus der Folge #3.04 Der Maskenball zu visualisieren! Hilarie Burton liefert wirklich eine herausragende (Doppel-)Leistung ab und hatte ganz eindeutig Spaß bei der Aufgabe, zum einen die verunsicherte Peyton und zum anderen ihr gemeines und wirklich zickiges Gewissen zu verkörpern und auch hier finden sich einige Dialoge, die einfach genial sind:

Peyton (fake happy voice): Hey! What are you doing here?

Peytons Subconscious (fake happy voice): I’m having a snack. See, it’s pretty great actually. I eat, and you get fat!

Doch natürlich hat dieser Kniff noch einen weiteren Sinn, als nur uns Zuschauer zu amüsieren: man erfährt endlich die Dinge, die Peyton beschäftigen, die sie aber niemandem anvertrauen kann. Zum einen ist da die offensichtliche Angst, dass sie alle Menschen dazu bringt, von ihr wegzugehen, allen voran natürlich Ellie, die sie ja buchstäblich weggeschickt hat. Dieser Themenkomplex mit Peytons krebskranker leiblicher Mutter bildet den Dreh- und Angelpunkt der Gespräche und so endet dieser Handlungsstrang logischerweise auch damit, dass Peyton im Internet Ellies Adresse ausfindig macht.

Erwähnenswert und für den weiteren Handlungsverlauf eventuell folgenreich sind auch die Gedanken, die Peytons Gewissen uns über Jake und Lucas mitteilt. Dabei erfährt man, dass sich Peyton im Nachhinein nicht mehr sicher ist, ob Jake sie wirklich geliebt hat oder nur mit ihr schlafen wollte. Eine Überlegung, die nicht sehr verwundert, wenn man bedenkt, dass Jake sich seit seinem Weggang nicht mehr bei ihr gemeldet hat. Viel interessanter ist allerdings die Bemerkung über Lucas: Peyton denkt also tatsächlich darüber nach, ob Lucas nicht lieber mit ihr zusammen sein sollte statt mit Brooke! Und auch wenn sie es danach gleich leugnet bleibt zu bedenken, dass auch Peytons Gewissen immer noch Peyton ist und diese Gedanken damit irgendwo in ihr schlummern. Da kann man nur abwarten, wie sie mit diesen inneren Überlegungen umgeht, klar ist jedoch, dass sie immer noch Gefühle für Lucas hat, die über eine reine Freundschaft hinausgehen.

You can’t kill Dan Scott!

Dan Scott, der Unsterbliche und Unbesiegbare! Es ist wirklich unglaublich, wie dieser Mann immer wieder aufsteht, wenn er von allen schon tot geglaubt ist – im doppelten Wortsinn! Die Wahl war für ihn nach der Veröffentlichung des Videos, das Mouth in der Folge zuvor in der Kabine der Ravens gemacht hat, eigentlich gelaufen. Doch Dan hat mal wieder einen Trumpf in der Hand: mit einem Video, das anscheinend die Person zeigt, die versucht hat, ihn zu töten, will er Karen dazu erpressen, sich geschlagen zu geben. Ganz ehrlich: am Liebsten hätte ich es wirklich gesehen, wenn Dan nur durch diesen miesen Schachzug gewonnen hätte, allein aus dem Grund, weil Karen zurücktritt und es keinen anderen Kandidaten gibt. Andererseits zeigt sein Gewinn trotz Karen als Gegenkandidatin, dass Dan Scott in dieser Stadt anscheinend mit allem davon kommt: er kann seinen einen Sohn ignorieren, den anderen misshandeln, die Menschen in Tree Hill sehen in ihm trotzdem ihre ehemalige Basketball-Legende – auf High School-Niveau, wohlgemerkt! – und wählen ihn tatsächlich zu ihrem Bürgermeister.

Neben dieser symbolischen Wiederauferstehung gibt es aber immer noch die tatsächliche, das Dan es geschafft hat, einem Mordanschlag zu entgehen. Und endlich wissen wir auch, wer diesen verübt hat: Deb! Großartige Ironie, dass Dan genau in dem Moment seine "unterstützende Ehefrau" an seine Seite ruft, in dem jeder Zuschauer weiß, dass sie ihn kaltblütig ermorden wollte. Doch durch Karens Telefonanruf bleibt der Verdacht, dass Dan jemand ganz anderen verdächtigt und keinesfalls daran denkt, seine Ermittlungen einzustellen.

This is how I spent my summer, Luke. Wanting you.

Neben Dan als Bürgermeister hat die Folge aber auch zwei wirklich schöne Entwicklungen. Seit der Mitte der zweiten Staffel hat man gehofft, dass Lucas und Brooke sich endlich kriegen, doch das war durch Brookes Fehltritt scheinbar in weite Ferne gerückt. Aber nachdem Lucas eineinhalb Folgen stinksauer auf Brooke war, beschließt er aus heiterem Himmel, dass er Brooke verzeihen kann. Nun gut, nicht ganz aus heiterem Himmel: kurz zuvor zeigt Brooke ihm die 82 Briefe, die sie ihm den Sommer über geschrieben und nie abgeschickt hat. Sie erklärt ihm, dass sie zuviel Angst hatte vor den Gefühlen, die sie für ihn empfindet und davor, wieder so verletzt zu werden. Das rechtfertigt zwar, zumindest für mich, immer noch nicht, weshalb sie mit Chris Keller schläft, aber Lucas reicht es anscheinend aus, um ihr zu verzeihen. Vielleicht war dieses kleine Zwischenhindernis mit Chris aber auch nötig, um für die Beziehung ausgeglichene Anfangschancen zu schaffen, damit Lucas sich nicht ständig für sein Verhalten in der ersten Staffel entschuldigen muss. Die Zusammenführung wirkt deshalb zwar etwas konstruiert und überstürzt, aber vor allem die Schlussszene ist wirklich süß und auch sehr schön gespielt, und letztendlich ist vermutlich jeder einfach nur froh, dass die beiden sich ENDLICH zusammengerauft haben.

You know, for most of my life, I would have gone through all this alone. Then I met you, and I finally found someone I could depend on when life got like this.

Und wir haben noch ein ENDLICH! Und das ist ebenfalls wunderschön und zudem gar nicht konstruiert! Denn dass Nathan und Haley wieder zusammen finden war erstens immer nur eine Frage der Zeit und hat sich zweitens schon in mehreren Folgen zuvor angedeutet. Schon in #3.07 Falsche Dates zeigt sich, dass Nathan keineswegs wie angedeutet auf eine Scheidung zusteuert, sondern einfach Zeit braucht, um Haley wieder zu vertrauen. Auch der Schluss der letzten Folge verdeutlichte die Annäherung zwischen den beiden, als Nathan nach dem schlechten Spiel eben nicht alleine nach Hause geht, um es zu verarbeiten, sondern mit Haley darüber redet. Und nun ist ihm also endgültig wieder klar, weshalb er sich in Haley verliebt hat und dass dieses Sicherheitsgefühl, das sie ihm vermittelt, immer noch (oder vielleicht auch wieder) vorhanden ist. Die ganze Szene in Nathans Zimmer war mal wieder typisch Naley: hochromantisch, aber auf eine so ehrliche Weise, dass es nicht ins Kitschige abdriftet, sondern absolut authentisch bleibt.

Fazit

Eine grandiose Folge, die die perfekte Mischung aus Humor, Liebe, Tiefgang und Dan Scott beinhaltet! Bleibt zu hoffen, dass die dritte Staffel, nachdem in dieser Folge einige Handlungsstränge zu Ende erzählt wurden, dieses hohe Niveau hält und uns noch mehr dieser tollen Dialoge und Momente bietet.

Lena Stadelmann - myFanbase

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