Review: #7.03 Erpressung
Die Autoren von "One Tree Hill" könnte ich in dieser Folge gleichzeitig küssen und zum Schämen in die Ecke stellen! Während ich bei Alex’ Eskapaden während des Fotoshootings und dem lächerlichen Kleinkrieg zwischen Mouth und Skills fast durchgängig die Augen verdreht habe, konnte die Episode dank einem hervorragend aufgelegten Paul Johansson und der tollen Chemie zwischen Nathan, Haley und Clay doch noch richtig punkten.
But it looks bad, Nathan! And she is smart enough to know that!
Die Story um Nathan und Renees Behauptung hat mich in dieser Folge komplett begeistert, nachdem jetzt (zumindest wenn die Autoren keine komplett zerstörerische 180-Grad-Wendung mehr machen) klar ist, dass es wirklich nur um die Auseinandersetzung mit der Behauptung eines Seitensprungs und nicht um einen tatsächlichen Seitensprung geht. Für manchen mag das vielleicht die langweiligere Alternative sein, für mich ist es die mutigere und durchdachtere, weil es nicht um schnelles, großes Drama geht, sondern um ein erfundenes und trotzdem zermürbendes Problem, das alle Beteiligten vor große Herausforderungen stellt. Besonders gut gefällt mir, wie viel Zeit sich die Autoren für die Storyline lassen: sie hätten durchaus auch den Weg wählen können, Renee jetzt zu bezahlen, die Geschichte ad acta zu legen und bei Bedarf wieder hervorzukramen, wenn man sie wieder benötigt, weil einem die Storys ausgehen – siehe Carrie, Psycho-Derek oder auch das Brucas-Leyton-Dreieck. Stattdessen fängt die Handlung eigentlich erst jetzt richtig an und verspricht großartige, intensive und emotionale Szenen, wenn es so weiter geht wie bisher.
Im Mittelpunkt stehen natürlich Nathan und Haley, aber auch Clay, und alle drei schaffen es, die Ausweglosigkeit der Situation absolut greifbar zu machen. Sämtliche Szenen der drei untereinander waren einfach nur grandios, allen voran das Gespräch zwischen Clay und Haley, das es wieder einmal geschafft hat, den Eindruck zu vermitteln, als wäre Clay schon viel länger als nur drei Folgen dabei. Auch wenn es in dem Drama um Renee ein bisschen unterging, fand ich es extrem interessant, dass die beiden, so gut sie sich auch verstehen, ein bisschen in Konkurrenz stehen, wenn es um Nathan geht, und ich bin gespannt, ob das Thema noch einmal aufgegriffen wird. So lange allerdings Renee ihr Unwesen treibt, ist es mir ganz recht, dass Clay sowohl Nathan als auch Haley als Freund zur Seite steht und versucht, den beiden nicht nur aus Managersicht zu einer Entscheidung zu verhelfen.
Und Nathan und Haley reden immer noch miteinander, ich kann es ja kaum fassen! Alleine schon, dass Nathan auf die Frage "Does Haley know?" mit einem klaren Ja antworten kann, ist ein absolutes Novum, aber die Gespräche zwischen den beiden in dieser Folge wurden ja immer besser! Vor allem Haleys Reaktionen fand ich toll: verständlich, dass sie anfangs schockiert und sauer auf Nathan ist, aber ich fand es gut, dass man es nicht zu lang gezogen hat, sondern Haley nach Nathans Entschuldigung einlenkt und ihn in jeder Entscheidung unterstützt. Endlich kommt es mal wieder dazu, dass die beiden gemeinsam ein Problem bewältigen müssen und trotzdem auch beide Charaktere einzeln schön in Szene gesetzt werden. Jetzt bin ich gespannt, wie schlimm Renee wirklich wird und ob die Storyline das hohe Niveau halten kann.
If people saw my life, they would feel a lot better about theirs.
Mindestens ebenso großartig war die Storyline um Dan und Rachel, die in dieser Woche genau das aufgeklärt hat, was ich mir gewünscht habe – und das auf absolut unnachahmliche Dan/Rachel-"Niemand kann besser Gefühle vorheucheln als wir"-Art! Natürlich hätte man auch einfach so ihr Kennenlernen im Stripclub zeigen können und es wäre ganz nett und witzig gewesen, aber richtig gut wurde es erst, weil es durch ihr Liebesgesäusel in der Fernsehshow so herrlich ironisiert wurde!
Fast noch besser hat mir allerdings der zweite Rückblick gefallen, in dem nicht nur enthüllt wurde, dass die komplette Vermarktung von Dans Reue allein Rachels Idee war, sondern für mich auch nachvollziehbar wurde, wieso Dan scheinbar tatsächlich Gefühle für Rachel hat und die Ehe der beiden nicht nur PR-Gründen dient. Der Ton der Szene war um einiges ernster und hat dafür gesorgt, dass sich meine Befürchtungen, ob die beiden ähnlich desaströs wie Dan/Carrie oder ähnlich belanglos wie Deb/Skills werden, komplett in Luft aufgelöst haben, denn Dan und Rachel haben jetzt schon mehr Tiefe und Potenzial, als ich der Storyline am Anfang zugetraut hätte. Das liegt vor allem daran, dass Paul Johannsons Darstellung schlichtweg großartig ist und ich immer wieder fasziniert bin, wie viele Facetten er Dan Scott noch geben kann: nach dem verzweifelten Auftritt bei Whitey im Finale der sechsten Staffel sehen wir in den Rückblicken einen resignierenden Dan, der nichts anderes zu tun hat, als auf seinen Tod zu warten, nur um sich dann dank Rachel wie Phoenix aus der Asche zu erheben und mit einer fast schon beängstigenden Gelassenheit die Fehler seines Lebens in eine erfolgreiche Ratgebersendung umzusetzen.
Die Rahmenhandlung in der Gegenwart mit dem von Rachel angeheuerten Störenfried, der Dans Vergangenheit wieder ins Gespräch bringt, war zwar etwas unlogisch (wenn es in der Sendung oder auch in dem Buch um Dans Reue geht, müsste der Mord an Keith doch eigentlich der Hauptbestandteil und allen bekannt sein), aber dank der tollen Szene zwischen Rachel und Dan, zu der sie geführt hat, kann ich über die Schwächen hinweg sehen. Rachel weiß also genau, wie sie Dan anzupacken hat, wie sie ihn dazu bringt, das zu tun was sie will, und vor allem, wie sie die Quoten der Show in die Höhe treiben kann. Allerdings habe ich mich bei Dans entsetztem Blick nach Rachels Abgang gefragt, ob sie diese Art Manipulation wirklich zum ersten Mal durchgezogen hat oder ob es Dan nur zum ersten Mal bewusst geworden ist und ich bin gespannt, ob das noch irgendwelche Konsequenzen hat. Wer weiß, vielleicht besinnt sich Dan ja doch wieder darauf, wie viel Macht der Bösewicht hat und reißt die Kontrolle wieder an sich…
You wanna talk about it? – Truthfully, I wanna drink about it.
Von Quinn hat man in dieser Folge zwar nicht wirklich mehr gesehen als in der letzten Woche, aber es hat mit gut gefallen, dass sie nicht mehr nur im Selbstmitleid versinkt. Das Fotoshooting mit Alex hat einerseits gezeigt, wie viel Spaß sie bei ihrem Job hat und wie gut sie darin ist, und außerdem ergab sich dadurch die Gelegenheit, dass man Brooke und Quinn mal zusammen sieht. So toll ich die beiden Schwestern miteinander finde, es wäre mit der Zeit doch recht eintönig, wenn Haley die einzige in Tree Hill wäre, mit der Quinn engeren Kontakt hätte. Brooke und Quinn harmonieren für mich sehr gut miteinander, es fehlt zwar noch die Tiefe, die die Gespräche von Quinn und Haley haben, aber die beiden haben sich ja schließlich auch erst kennen gelernt.
Die Szene mit Clay fand ich extrem gelungen, weil eigentlich alles, was ich mir von der Story der beiden erhoffe, darin vorkam: die gegenseitigen Provokationen, die dann doch zu einem ernsteren Gespräch führen, die gemeinsame Sorge um Nathan, Haley und Jamie und die Erkenntnis, dass sie beide ziemlich problembeladen sind, aber sich lieber irgendwie davon ablenken, als sich damit auseinanderzusetzen oder darüber zu reden. Dass Clay am Ende vor den Augen von Quinn mit Alex abzieht oder es zumindest angedeutet wird, hat mir gut gefallen, nicht nur weil es perfekt in das bisher gezeigte Verhaltensschema der beiden passt, sondern vor allem weil es die offensichtlich angelegte Love Story zwischen Clay und Quinn glaubhaft hinauszögert.
Dazu hat natürlich auch die von mir erhoffte Ankunft von David beigetragen und ich bin gespannt, wie sich das Zusammentreffen der beiden in der nächsten Folge entwickelt. Es wäre immer noch schön, einen tieferen Einblick zu bekommen, was denn nun bei den beiden schief gelaufen ist, und es würde mich auch interessieren, woher David wusste, dass Quinn in Tree Hill ist. Hatte Haley da vielleicht ihre Finger im Spiel, die ja schon seit Quinns Auftauchen immer wieder nachhakt und auf eine Versöhnung der beiden hofft? Wenn ja wäre ich gespannt, wie Quinn darauf reagieren würde, nachdem sie sich ja gerade vor Haley so vehement geweigert hat, mit ihrem Mann zu sprechen.
She looks healthy, smart… happy!
Alex hat es bis auf zwei kurze Momente am Ende der Folge geschafft, sämtliche Sympathien und die von mir letzte Woche zugestandenen positiven Aspekte zu verspielen: viel zu nervig, viel zu übertrieben, viel zu gewollt! Während bei Sam in der sechsten Staffel ihre Trotzreaktionen dazu geführt haben, dass die Tragik in ihrem Charakter noch besser hervorkam, verliert Alex unglaublich viel an Glaubwürdigkeit und vor allem mein Interesse mit ihrem unmöglichen Verhalten. Es ist für mich auch völlig unverständlich, dass Brooke und Millie sie nicht schon längst gefeuert haben, perfektes Gesicht für die Kampagne hin oder her, dafür, dass sie so ein professionell aufgebautes Unternehmen haben, verhalten sie sich Alex gegenüber extrem naiv!
Aber gut, irgendwoher muss Brooke ja einen neuen Schützling bekommen, und deshalb fand ich die letzte Szene von Alex dann doch wieder äußerst viel versprechend. Wie Brooke und Millie sich über sie unterhalten und man dann den Schnitt auf Alex hat, die überhaupt nicht glücklich aussieht – das sind die Szenen, die ich von ihr sehen will! Natürlich kann sie auch ab und zu die gespielte und übertriebene Alex sein, die alle in den Wahnsinn treibt, aber so langsam sollten diese Szenen nicht mehr den Großteil der Storyline einnehmen, denn die wirkliche Story steckt nicht hinter dem verzogenen und aufdringlichen Starlet, sondern hinter dem verzweifelten Mädchen, das man auf den Stufen von Clays Strandhaus gesehen hat.
Der andere kurze Moment, der mir wieder ein bisschen Hoffnung gegeben hat, dass Alex sich nicht zu meiner neuen Mia entwickelt, war die Szene mit Julian, als sie ihm das Drehbuch gibt. Da tauchte für einen Moment die intelligente Alex auf und sofort war mein Interesse wieder ein bisschen geweckt, auch weil es gepasst hat, dass sie danach gleich wieder auf die Flirtschiene ausgewichen ist. Aber ich hoffe, dass die Sache zwischen den beiden sich schnell auf die berufliche Ebene verlagert, denn dass Julian sich auf Alex einlässt wäre völlig unglaubwürdig und das würde ein Eifersuchtsdrama zwischen Alex und Brooke zu vorhersehbar und langweilig machen.
You should talk to Mouth, he’s your friend.
Irgendwie ist es sehr bezeichnend, dass die Storyline um Mouth, Skills und ihren Kampf um die Wohnung erst dann halbwegs erträglich wurde, als Jamie sich eingemischt hat. Ich habe sicherlich nichts gegen Füllstorylines, die ein bisschen Witz in die Folge bringen und sie auflockern, aber dafür haben in dieser Episode Dan und Rachel auf viel zu geniale Weise gesorgt, als dass auch noch zwei Nebencharaktere (denn mehr sind Mouth und Skills trotz nominellem Hauptcast nicht) dafür nötig wären! Denn zum Lachen hat mich bei den beiden seit dem nackten Liebesgeständnis nichts mehr gebracht – und das war vor zwei Folgen…
Deshalb war ich wirklich froh, dass der erzwungene Humor endlich ein Ende gefunden hat und die beiden sich tatsächlich damit auseinandersetzen, wieso Skills nicht ausziehen will, wobei der Grund mich auch nicht überzeugen konnte. Als ob sofort das Thema Heirat aufkommen würde, wenn man zusammen zieht und als ob zwei erwachsene Menschen dann nicht darüber reden könnten, wenn das Thema tatsächlich zur Sprache kommt… Aber immerhin haben Mouth und Skills darüber geredet und ich hoffe, dass die Story damit abgeschlossen ist.
Fazit
Auch wenn sie noch genügend Schwachstellen hatte, war die Folge dank der zwei wunderbar aufgebauten und toll umgesetzten Storylines um Nathan und Renees Anschuldigung sowie Dan und Rachel überzeugender und fesselnder als letzte Woche. Jetzt müssen es die Autoren nur noch schaffen, Alex nicht ganz so nervig erscheinen zu lassen und Quinn wieder die Präsenz des Staffelauftakts zu geben…
Lena Stadelmann - myFanbase
Die Serie "One Tree Hill" ansehen:
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Informationen zur Episode
Englischer Titel: Hold My Hand As I'm LoweredErstausstrahlung (US): 28.09.2009
Erstausstrahlung (DE): 28.05.2015
Regie: Liz Friedlander
Drehbuch: Mark Schwahn
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