Bewertung

Review: #8.06 Keine Angst

Foto: Shantel VanSanten, One Tree Hill - Copyright: Warner Bros. Entertainment Inc.
Shantel VanSanten, One Tree Hill
© Warner Bros. Entertainment Inc.

Eine Halloweenfolge – aha, war mein erster skeptischer Gedanke, als ich die Tweets von Kate Voegele und Sophia Bush zu dieser Folge gelesen habe und nach einem ersten Blick auf den Trailer wandelte sich dieses "aha" zu einem verzweifelten "oh nein": eine Lückenfüller-Episode voll billigem Trash-Horror, das schien alles zu sein, was man von dieser Folge erwarten konnte. Und das hätte wirklich ein sehr unansehnliches Loch in die bisherige Qualität der achten Staffel geschlagen. Doch glücklicherweise hat man sich dazu entschieden, (fast) das ganze Horror-Halloween-Arsenal in den ersten Minuten zu verpulvern, nämlich in einem Alptraum von Quinn. Ein skurriler und witziger Einstieg in die Folge, der allerdings blitzartig einer ernsten Stimmung weicht, als Quinn aus diesem Traum aufschreckt und sich als erstes vergewissert, dass ihre Pistole sich noch versteckt in der Schublade ihrer Kommode befindet.

I think it would be good for you to get away from Tree Hill for a few weeks.

Dass Quinn unter der Attacke von Katie noch immer leidet, war einerseits zu erwarten und andererseits gut vorbereitet: durch ihr zögerndes Nachfragen bei Nathan, wie es im Strandhaus aussieht, durch das fast schon panische Zuziehen der Vorhänge, nachdem sie das erste Mal wieder das Schlafzimmer betritt und natürlich durch das nächtliche Wachliegen am Ende von #8.05 Nobody Taught Us To Quit, das mit dem Alptraum zu Beginn der Folge schön weitergeführt wurde.

Die Umsetzung hat mir gerade vor dem Halloween-Hintergrund auch sehr gut gefallen, weil Quinns paranoide Angst durch dieses Setting sehr real wurde – schließlich wäre es nicht undenkbar gewesen, dass Katie die Gunst der Stunde nutzt und sich verkleidet an die Türe des Strandhauses schleicht, um den Anschlag zu wiederholen. Allerdings fand ich es sehr gut, dass mit dieser Möglichkeit nur gespielt wurde und Quinns Ängste ernst behandelt wurden, statt ein "Carrie 2.0"-Desaster herauf zu beschwören.

Schade ist dabei nur, dass diese Probleme, die ja eigentlich einiges an Potential besitzen, nun scheinbar nicht weiter verfolgt und ausgebaut werden, sondern wohl hauptsächlich dazu dienten, Quinn vorerst aus Tree Hill schaffen – aus welchem Grund auch immer. Auch wenn die auslösende Szene, Clays "This will save you... this won't", unheimlich stark inszeniert und gespielt war, hoffe ich doch, dass sich nun aus Quinns Reise etwas mehr ergibt als nur die Tatsache, dass man sich so nicht weiter mit ihrem Trauma infolge des Angriffs beschäftigen muss.

Now that basketball is over, I keep asking myself the same question over and over: will I ever be great at anything again?

Dafür kann man sich bei Nathan wirklich nicht beklagen, dass seine Entscheidung, seine NBA-Karriere zu beenden, nicht thematisiert wird, ganz im Gegenteil. Obwohl er bereits eine neue Aufgabe hat und obwohl er weiterhin hinter seinem Entschluss steht, beschäftigt ihn das Thema Basketball ständig, sei es durch einen Fan, der ihn auf das erste Spiel der Saison anspricht, das ohne ihn stattfinden wird, durch Troy, der ihm sein großes Talent bestätigt, oder seine eigenen Gedanken über eine Zukunft ohne Basketball.

Und ich finde es wirklich gut, dass dieses Thema nicht einfach nach Nathans Pressekonferenz fallen gelassen wird, denn dafür war Basketball ein zu großer Teil seines Lebens – man kann einfach nicht sieben Staffeln mit drei Folgen radikal beenden. Es ist nicht so extrem wie bei Brooke, die immer wieder betont, dass "Clothes over Bro's" ihre Identität ist, schließlich hat Nathan in seinem Leben auf jeden Fall immer noch seine Identität als Ehemann und vor allem als Vater. Es ist also nicht so, dass sein kompletter Lebensinhalt mit dem Ende seiner Karriere weg ist, aber er muss seinen Beruf, bzw. vielmehr seine Berufung, seine Leidenschaft, sein Talent aufgeben. Und natürlich kommt dabei zwangsläufig die Frage auf, ob er etwas Neues findet, das ihn erfüllt und worin er so talentiert ist, wie für Basketball.

Deshalb war es gut, dass Nathan noch in derselben Folge seinen ersten Auftritt als Agent oder zumindest als Clays Helfer hatte. Dass Troy wieder aufgetaucht ist, fand ich eine schöne Überraschung und es verleiht Clays ansonsten recht belanglosem Ausflug in #7.11 You Know I Love You, Don't You? im Nachhinein etwas mehr Sinn. Das Gespräch zwischen Nathan und Troy hat mir gut gefallen, vor allem weil es daran erinnert hat, in was Nathan schon früher, beispielsweise in der fünften Staffel mit Quentin oder auch in der sechsten mit Nino gut war: er kann jüngere Sportler führen und ihnen Ratschläge geben, er weiß, auf welcher Ebene er mit ihnen sprechen muss. Insofern hat Clay definitiv Recht, dass Nathan geradezu prädestiniert ist, als Agent zu arbeiten – auch wenn ich immer fand, dass diese Eigenschaft ihn viel eher zu einem tollen Coach machen würde. Aber ich lasse mich auch gern davon überzeugen, dass Nathan komplett abseits des Spielfelds auch eine neue Aufgabe finden kann und bin gespannt, wie er sich in Clays Agentur eingliedern wird.

Da es sich eigentlich nicht lohnt, dafür einen eigenen Abschnitt zu machen, packe ich Jamie und sein Halloween-Abenteuer bei Nathan mit hinein – denn dieser Aspekt, dass es Nathan wichtiger ist, seinen Sohn beim Trick or Treating zu begleiten, als die Saisoneröffnung bei den Knicks zu spielen, war das einzig Gute an Jamies Storyline. Den zweiten Teil mit Chucks ach so witzigem Plan hätte man sich getrost sparen können, denn das war wieder genau die Art Halloween-Folge, auf die ich ganz sicher verzichten kann.

Sláinte! – Cheers…

Auch Haley hatte den Großteil der Folge über keine relevante Story, allerdings fand ich es sehr witzig, ihre Angst vor Clowns mal wieder auszupacken. Denn was wäre dafür prädestinierter als Halloween? Ebenfalls eine nette kleine Anspielung auf frühere Folgen war Haleys versonnenes Lächeln, als Mia ihr ankündigt, dass die letzte Sängerin des Abends die Nummer 23 hat – auch wenn Nathan schon lange nicht mehr die 23 trägt, so war diese Zahl in den ersten Staffeln doch geradezu omnipräsent und ich habe ja sowieso eine Schwäche für diese kleinen Anspielungen.

Darüber hinaus war die Nummer 23 in dieser Folge allerdings auch der Anfang einer neuen Storyline für Haley, denn Nummer 23 war niemand geringeres als Laura Izibor alias Erin alias Haleys Krisen-Hotline-Buddy. Laura Izibor ist also die diesjährige Staffelmusikerin – und der Auftakt, sowohl im Intro als auch bei ihrem Auftritt, hat mir schon mal sehr gut gefallen. Und noch besser ist natürlich, dass es nicht wie bei Mia in der sechsten oder bei Grubbs in der siebten Staffel eine reine Nebenchara-Story wird, sondern dass Haley von Anfang an involviert ist. Und von Anfang an heißt hier sogar noch bevor Erin das erste Mal als Musikerin in Erscheinung tritt, denn schließlich hat Haley ihr davor schon in ihren Gesprächen geholfen, dass Erin überhaupt den Lebensmut hat, ihre Musik der Öffentlichkeit zu präsentieren. Das Erkennen, zumindest von Haleys Seite aus, durch das unbewusste Kennwort, war zwar etwas erzwungen, aber ist natürlich insofern interessant, wie Haley darauf reagiert, ob sie sich Erin ebenfalls zu erkennen gibt und wie dies ablaufen wird. Ich freue mich jedenfalls darüber, dass Haley wieder eine Musikstory hat, die nach dem Ende der letzten Staffel mit dem verbrannten Klavier noch ein Indiz dafür ist, dass Haley ihre Depression weiterhin Schritt für Schritt überwindet.

I wanna help with the wedding. Financially.

Als hätte Brooke nicht schon genug Probleme (und damit Storys) mit ihrer Firma, der Hochzeit und Victoria, kommt nun noch ein weiteres hinzu in Form von Julians alkoholfreudiger, alles an sich reißender Mutter Sylvia. Ich weiß noch nicht genau, was ich davon halten soll, dass bei Brooke derzeit alles etwas gehetzt wirkt: der Verlust ihrer Firma war nicht so schön vorbereitet wie Nathans Karriereende, das Zerwürfnis mit Victoria kam wie aus dem Nichts und nun bekommt sie auch noch eine Schwiegermutter vor die Nase gesetzt, die ihr das Leben durch ihre Art auch nicht gerade erleichtert.

Aber trotzdem freue ich mich auf jeden Fall über die Ankunft von Sylvia, vor allem wegen Sharon Lawrence, die sie einfach ganz wunderbar porträtiert und eine tolle Chemie mit Austin Nichols und Sophia Bush hat. Ich fand es schön, wie die Figurenzeichnung, die noch während ihrer Abwesenheit durch die Erzählungen von Julian angelegt wurde, aufgenommen und vertieft wurde, wie die enge Verbindung zwischen Mutter und Sohn und erste Andeutungen von Sylvias übermäßigem Alkoholgenuss. Einziger Wermutstropfen ist momentan die etwas zu klischeehafte Spannung zwischen Brooke und Sylvia und ich hoffe, dass die beiden bald auf einen Nenner kommen, sonst könnte eine solche Story schnell nervig werden.

Und auch wenn es keinen besonderen inhaltlichen Wert hatte, muss ich eine Stelle doch noch erwähnen: Julians High Five mit Nathan war wohl eine der mit Abstand witzigsten Szenen der gesamten Serie und trägt mal wieder zu Julians sympathischer Nerdiness bei, die zu meiner Freude in dieser Staffel ein Running Gag zu werden scheint.

You deserve someone who appreciates the kind of man that you are.

Mein Lieblingstriangle bleibt zur Zeit ein Duett mit wechselnder Besetzung: nachdem in der letzten Folge der Fokus auf Alex und Chase lag, kommt nach Alex' Abreise Mia wieder ins Spiel. Und ich muss sagen, dass die ganze Story mittlerweile richtig gut aufgebaut und vor allem realitätsnah gemacht ist, was in Drama-Serien nun doch eher die Ausnahme ist. Gut, Mia ist nicht gerade der Typ manipulatives Miststück, aber trotzdem fand ich es angenehm, dass sie sich nicht in die neue Beziehung von Chase eingemischt hat, obwohl sie darunter leidet, genau so wie ihre Ehrlichkeit, nachdem die Beziehung nun beendet scheint. Allerdings hatte ich mir doch erhofft, dass die Handlung hier nicht ganz so sehr auf der Stelle tritt und das Gespräch der beiden am Schluss, als Chase sich bei Mia entschuldigt, doch etwas ergiebiger wäre. Jetzt ist natürlich die größte Frage, wie lange Alex weg bleibt – und ob dieser Zeitraum ausreicht, dass Chase und Mia sich noch weiter annähern.

Fazit

Eine Halloween-Folge? Definitiv, auch wenn man glücklicherweise für den Großteil der Folge auf Horror-Einlagen verzichtet hat. Eine Lückenfüller-Folge? Nicht unbedingt, eher das Gegenteil ist der Fall. Brooke und Julian bekommen mit der Ankunft von Sylvia eine neue Storyline, ebenso wie Haley, deren Arbeit bei der Krisen-Hotline mit dem Auftauchen von Erin einen Sinn bekommt. Auch die Thematisierung von Quinns Ängsten und Nathans Zweifel, wie es nach dem Ende seiner NBA-Karriere weitergehen soll, waren alles andere als überflüssig sondern haben die ersten Storylines dieser Staffel schön abgerundet. Lediglich Jamies Halloween-Abenteuer und der Entwicklung zwischen Chase und Mia kann man den Stempel "Lückenfüller" aufdrücken – insgesamt also mit kleineren Abstrichen eine zwar nicht herausragende, aber durchaus gelungene und witzige Folge.

Lena Stadelmann - myFanbase

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