Bewertung

Review: #3.11 Unten durch

Foto: William Fichtner, Prison Break - Copyright: Twentieth Century Fox Home Entertainment
William Fichtner, Prison Break
© Twentieth Century Fox Home Entertainment

Es gab bei "Prison Break" schon immer Folgen, in denen das Tempo gedrosselt wurde, und diese Episoden haben dann ihren Reiz, wenn es endlich mal wieder mehr Dialog gibt! Genau deshalb hat mir diese Episode wieder richtig gut gefallen, denn bei einigen unserer Hauptdarsteller liegt das Talent nunmal in erster Linie in der Darstellung von Dialogen mit Mimik, Gestik und Intonation, anstatt bei der Inszenierung irgendwelcher Action. Allen voran T-Bag und Bellick.

You and me are a lot more alike than you think!

T-Bag erschien mir dort in diesem Tunnel wie eine riesige Spinne! Er sitzt mitten im Netz und wägt ab, wer sein Opfer wird, wen er ganz langsam aber sicher mit seinen klebrigen Fäden an sich bindet, um dann sein Gift zu verspritzen und ihn genüsslich zu verspeisen. Genauso versucht er, erst Alex und dann später Lechero Honig ums Maul zu schmieren, indem er ihre vermeintlichen Gemeinsamkeiten hervorkehrt und sein Wissen über die Hintergründe der Männer einsetzt, damit sie auf der Flucht mit ihm ein Team bilden. Das sind Robert Kneppers große Momente, dort zeigt sich sein ganz spezieller widerlicher Charme. Davon gab es bisher viel zu wenig in der dritten Staffel, daher ist dies ein sehr großer Pluspunkt für die Folge.

You got room for one more?

Bellick sucht ein Zuhause! Ich kann nicht aufhören, mich darüber zu wundern, wie Wade Williams immer und immer wieder mein Mitgefühl wecken kann. Mit seinem kindlichen Gemüt stellt er sich vor, dass Alex und er Räuber und Gendarme spielen könnten, indem sie nach dem Ausbruch die vier, später dann sogar fünf anderen Männer ganz einfach gefangen nehmen, um sie in den USA auszuliefern und als große Helden gefeiert zu werden, die ihre Erlebnisse als Butch Cassidy und Sundance Kid in einem Abenteuerroman niederschreiben und auf die Bestsellerliste bringen. Danke, Bellick, endlich darf man mal wieder lachen bei "Prison Break"! Als er Alex dann, nach dessen Zurückweisung seiner glorreichen Idee, tatsächlich noch fragte, ob er bei seiner Familie ein Plätzchen für ihn frei hätte, da war die Illusion des einsamen Knuddelbären, der in dem Arm genommen werden möchte, perfekt.

Just let Scofield get us out of here and then we’ll worry about everthing else.

Viel unglaublicher war allerdings sogar noch, dass Alex die Güte hatte, Bellick nicht laut ins Gesicht zu lachen! Er kann offensichtlich noch zwischen armen Schweinen und wirklichen Psychopathen unterscheiden, denn T-Bag gegenüber fiel die Zurückweisung wesentlich härter aus. Ihm machte er klar, dass der Platz, der ihm zustünde, nichts anderes als ein anonymes Grab wäre. Ich liebe es, wie Alex sich verhält, seit er seinen Entzug überstanden hat. Er ist ganz der ruhige, überlegte Vermittler, allerdings nicht mehr so kalt wie in der zweiten Staffel, sondern voll von berechtigter Sorge und Gefühl, und vor allem avanciert er langsam ein wenig zum Beschützer Michaels, wenn bei den anderen Männern die Nerven blank liegen. Er kann sicherlich am besten nachvollziehen, welchen Druck der Psychoterror auf Michael ausübt und er ist auch der Einzige innerhalb Sonas, der überhaut darüber nachzudenken scheint. Ich hoffe, der kleine Blick Michaels in Alex' Richtung, als sie alle miteinander im Flur standen, sollte bedeuten, dass Michael es langsam mal wohlwollend zur Kenntnis nimmt, wie Alex sich ihm gegenüber verhält!

Tired of choices and consequences.

Außerhalb Sonas ist es Linc, der bemerkt hat, dass sein Bruder dem Druck bald nicht mehr standhalten kann. Ihm gegenüber erklärt Michael, dass er keine Kraft mehr hat. Er sagt Linc auch, dass er nicht nur aufgrund der Tatsache, dass T-Bag nunmehr wieder mit hinaus in die Freiheit kommt, besorgt ist, sondern wegen jeder anderen der beteiligten Personen ebenso. Meint er damit auch sich selbst? Er macht ja Whistler gegenüber klar, dass er das Gefängnis für den richtigen Ort hält, um für seine Sünden zu bezahlen. Meint Michael sogar auch Linc? Hat er seinem Bruder das Verschweigen von Saras Tod noch nicht verziehen?

Michael ist zur Zeit ein wenig undurchsichtig, in ihm scheinen viele Geister zu kämpfen und es ist sicherlich noch nicht klar, welcher dabei die Oberhand gewinnt. Der labile Zustand wird bildlich gut unterstützt durch die Kameraeinstellung schräg von unten oder oben in den Nahaufnahmen seines Gesichtes, dadurch wirkt er eigentümlich verzerrt.

Tief in ihm drin steckt noch Hoffnung, das ist zu spüren an seinem Einlenken gegenüber McGrady. Meines Erachtens steht dies im direkten Zusammenhang mit Whistlers Gefühlsausbruch, als er mit dem Kidnapping und der Folterung Sofias konfrontiert wird. Whistler spricht Michael und Linc volles Vertrauen aus und spielt seinen letzten Trumpf gegenüber Susan aus. Er gibt ihr nur die Hälfte der geforderten Koordinaten, um damit Sicherheiten für Sofia, Michael, Linc und LJ zu erkaufen. Michael scheint daraus Hoffnung zu schöpfen, dass der ein oder andere von ihnen doch noch die Chance auf ein besseres Leben hat, denn direkt danach erlaubt er McGrady doch an der Flucht teilzunehmen, wohingegen er dies kurz zuvor noch trotz dessen herzerweichendem Bitten und Betteln abgelehnt hatte.

Randnotizen

Als Randnotizen bleibt noch zu erwähnen, dass ich Sucre mal wieder für den einen einzigen stolzen Blick liebe, der sein Gesicht erhellt, als er sieht, dass der LKW der Wächter aufgrund seiner Manipulation stehenbleibt. Zudem kann ich langsam eine gewisse Begeisterung für Jodi Lyn O'Keefes manchmal beinahe schizophren anmutende Darstellung der Susan nicht mehr leugnen. Ich fand Jodi in "Nash Bridges" als Don Johnsons pubertierende Tochter absolut farblos, aber hier lebt ihre gesamte Rolle von ihrer Mimik, wie zum Beispiel dem blitzschnellen Wechsel zwischen ihrem irrwitzig süßem Lächeln und eiskalter, arroganter Härte. Es schadet der Darstellung allerdings sicher auch nicht, dass Jodi einfach umwerfend gut aussieht mit ihren Schneewittchenfarben plus eisblauen Augen.

Fazit

Es gab Spannung in den Szenen rund um den vom Einstürzen bedrohten Tunnel, es gab gute Dialoge, und es gab endlich wieder etwas mehr Raum für die Entfaltung des schauspielerischen Talentes mancher Darsteller. Deshalb hat mir diese Folge Spaß gemacht und deshalb sehe ich auch über offensichtliche Schwächen in der Story hinweg.

Nicole Oebel - myFanbase

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