Big Sky - Review Staffel 3

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Die ersten beiden Staffeln der Krimiserie "Big Sky" von ABC, die hierzulande auf Disney+ zu streamen ist, habe ich völlig unterschiedlich wahrgenommen. Die erste Staffel war zweigeteilt und hat zwei größere Fälle präsentiert, was mir ausgesprochen gut gefallen hat. In der zweiten Staffel wiederum gab es einen großen Fall mit einigen Nebenbaustellen, was zwar auch seine Höhepunkte anbieten konnte, aber mir für die Staffellänge doch zu langgezogen war, weswegen die Begeisterung schon etwas gedämpft war. Und wer hätte es gedacht: auch Staffel 3 schickt sich an, noch einmal einen ganz anderen Eindruck zu hinterlassen. Wenn ich nicht immer mit den Hauptfiguren einen Anker setzen könnte, könnte ich wohl meinen, jeweils eine andere Serie gesehen zu haben.

Foto: Jensen Ackles & Katheryn Winnick, Big Sky - Copyright: 2022-2023 20th Television. All Rights Reserved; ABC/Michael Moriatis
Jensen Ackles & Katheryn Winnick, Big Sky
© 2022-2023 20th Television. All Rights Reserved; ABC/Michael Moriatis

In Staffel 3 gibt es zwar wieder eine durchgängige Ermittlung, die ihren Ursprung bei Cassie (Kylie Bunbury) hat und rund um die Ereignisse im Camp von Sunny Barnes (Reba McEntire) gestaltet ist, aber ansonsten haben Jenny (Katheryn Winnick), ihr Partner Poppernak (J. Anthony Pena) und der neue Boss Beau (Jensen Ackles) es mit zahlreichen Fällen zu tun. Die Struktur war nicht immer durchgängig, denn gerade nach hinten raus kollidieren beide Stränge miteinander, aber gerade in der ersten Staffelhälfte hatte ich stark das Gefühl, eine Procedural-Serie zu sehen. Das ist nicht per se negativ, weil ich in dem Genre auch zuhause bin, aber ich habe dennoch nicht verstanden, warum die Stilistik wieder abgewandelt wurde. Denn so ist es schwer, Erzählstrukturen zu etablieren, auf die man sich als Zuschauer*innen verlassen kann. Vielleicht hat mich dieser neuerliche Wandel auch nur so gestört, weil diese Staffel auch andere Schwachstellen hatte, so dass es in der Gesamtschau wohl einfach etwas viel war.

Foto: Jensen Ackles & J. Anthony Pena, Big Sky - Copyright: 2022-2023 20th Television. All Rights Reserved; ABC/Michael Moriatis
Jensen Ackles & J. Anthony Pena, Big Sky
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Kommen wir aber erstmal zum Guten dieser Staffel und das ist Beau Arlen. Auch wenn ich "Supernatural" völlig verpasst habe, ist mir Jensen Ackles natürlich bestens ein Begriff. Nachdem ich ihn im vergangenen Jahr schon in der dritten Staffle von "The Boys" gesehen habe, muss sich jetzt nach seiner Staffel 3-Hautrolle konstatieren, dass er wirklich eine einnehmende TV-Präsenz hat. Aber es ist nicht nur er alleine, sondern seine Figur bekommt von den Drehbuchautoren auch genau das geschenkt, was es braucht, um in einem etablierten Cast schnell auf eigenen Beinen stehen zu können. Es ist wirklich die Staffel von Beau. Zum einen liegt das daran, dass das erste Viertel der dritten Staffel bemüht ist, es mir seinem Geflirte gegenüber Cassie und Jenny sehr offen zu halten. Bei beiden Paarungen bekommt man so als Zuschauer*in das Gefühl, dass da echt etwas entstehen könnte. Zum anderen ist er durch die durchgängige Ermittlung der Staffel persönlich am stärksten involviert. Wir lernen auch seine Tochter Emily (Cree) und seine Ex Carla (Angelique Cabral) kennen, so dass alles rund um Beau sehr intensiv ausgearbeitet wirkt. Deswegen hatte ich am Ende der Staffel auch wirklich das Gefühl, ihn kennengelernt zu haben und dass er eigentlich immer schon ein Teil von "Big Sky" war. Zwar ist es immer noch ein Geheimnis, was genau in Houston vorgefallen ist und eine Liebesgeschichte gen Cassie, (aber wohl eher) gen Jenny ist noch nicht entschieden losgetreten worden, aber dennoch ist für ihn alles getan worden. Beau durfte hart, charmant, witzig und verletzlich sein und hat damit entscheidend zur Unterhaltung beigetragen.

Gegen Cassie und Jenny kann ich im Grunde auch nichts sagen, weil ich sie als Figuren weiterhin großartig finde und es einfach mag, dass sie so tough auf ihre ganz eigene Art sein dürfen. Dennoch hatte ich schon mehrfach kritisiert, dass es im Privaten immer nur punktuell zu überzeugen weiß und das fällt nun im starken Kontrast zu Beau besonders ins Auge. Beide sind Mütter, doch ihre Söhne spielen überhaupt keine Rolle. Bei Jenny ist er als junger Mann zwar gar nicht in der Stadt, aber würde ein angedeutetes Telefonat wirklich schaden? Jenny bekommt zwar diesmal Besuch von ihrer Mutter Gigi (Rosanna Arquette) und das zerrüttete Verhältnis wird aufgearbeitet und Cassie flirtet letztlich mit Cormac (Luke Mitchell), aber für 13 Episoden ist mir das einfach zu wenig. Zudem bleibt es einfach schade, dass die schon länger als Hauptrolle etablierte Denise (Dedee Pfeiffer) oft nur als gute Laune hinter dem Schreibtisch verbleiben darf und auch der in den Hauptcast beförderte Poppernak bleibt bis auf eine persönliche Verbindung in einer Ermittlung schmückendes Beiwerk. Ich finde ihn zwar in der Dynamik mit Beau und Jenny großartig, aber er hat es verdient, mehr als ein Mittel zum Zweck zu sein. Umgekehrt schaue ich dann auf Tonya (Jamie-Lynn Sigler), die meiner Meinung nach anschließend an Staffel 2 auch hätte verschwinden können, und die bekommt wesentlich mehr angeboten. Ihre Verbindung zu Donno (Ryan O'Nan, der im Übrigen Berater der Serie ist) hat sicherlich in ihrer Ungewöhnlichkeit viel Potenzial, aber gleichzeitig hätte die Staffel ohne die beiden auch wunderbar geklappt und es wäre vielleicht mehr Zeit für die etablierten Hauptfiguren geblieben.

Foto: Henry Ian Cusick & Cree Cicchino, Big Sky - Copyright: 2022-2023 20th Television. All Rights Reserved; ABC/Michael Moriatis
Henry Ian Cusick & Cree Cicchino, Big Sky
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"Big Sky" hat bislang immer mit einem großen Nebencast gearbeitet, um die Fälle groß aufzubauschen und ich gestehe auch, dass ich immer wieder Spaß daran haben. Denn wenn wir diesmal auch auf Namen wie McEntire, Rex Linn, den schon angesprochenen Mitchell, dazu Henry Ian Cusick oder auch Seth Gabel blicken, dann sind das sehr viele beliebte TV-Gesichter und das hat einfach was. Aber auch sie tragen natürlich dazu bei, dass man sie genauso kennenlernen und erleben will wie Jenny und Cassie auch. Dafür bleibt aber immer Erzählzeit auf der Strecke, so dass es sich trotz aller Freude dann doch wieder nicht ausgewogen erzählt anfühlt. Die Geschichte rund um das Camp von Sunny hat mir dennoch sehr gut gefallen, weil sie am intensivsten aufgebaut war und weil sie einige komplexe Charaktere aufzuweisen hatte. Dazu waren hiermit auch die meisten Überraschungen der Staffel verbunden. "Big Sky" hat sich schließlich auch in mein Herz gespielt, weil die ABC-Serie von Anfang an nicht zimperlich war und man immer davon ausgehen konnte, alle Figuren sind zu allem fähig. Während die auf eine Episode beschränkten Fälle diese Stilistik für mich nicht bestätigen konnten, hat es die Komplexität aus gestohlenen Bitcoins, verschwunden geglaubtem Serienkiller, suspekter unehelicher Sohn, der im Wald leben muss, sehr wohl getan. Hier wurde mir nie langweilig und ich hätte mir mit der ersten Episode der Staffel niemals ausmalen können, wie es am Ende ausgeht.

Foto: Reba McEntire, Luke Mitchell & Rex Linn, Big Sky - Copyright: 2022-2023 20th Television. All Rights Reserved; ABC/Michael Moriatis
Reba McEntire, Luke Mitchell & Rex Linn, Big Sky
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Grandios war auch die Optik der ersten Episoden, denn da ist über das Camp auch eine lebensfrohe und heimelige Atmosphäre verbreitet worden. Die Farben der Umgebung waren unwahrscheinlich intensiv und dazu McEntire mit ihren intensiven roten Haaren, das hat für das Auge echt was hergemacht. Wenn nicht rund um das Camp erste besorgniserregende Ereignisse stattgefunden hätten, dann hätte ich im übertragenen Sinne gerne meine Sachen gepackt, um einmal vorbeizuschauen. Später hat sich die Optik etwas angepasst, weil es auch nichts mehr zu beschönigen gab, denn eigentlich alle in dem Camp hatten irgendwie Dreck am Stecken oder sind tot geendet. Hier hat sich aus Stilistik und Erzählweise eine gute Symbiose ergeben. So wie es Beaus Staffel auf der Seite der 'Guten' war, so ist es Sunnys Staffel auf Seiten der 'Bösen'. Sie ist sicherlich nicht so ein Kaliber, wie wir sie beispielsweise in Ren Bhullar (Janina Gavankar) in der vergangenen zweiten Staffel kennengelernt haben, aber sie hat sich mit einigen sehr komplizierten Männern umgeben. Ob es nun Behinderung der Justiz, unterlassene Hilfeleistung ist, Sunny kann man einiges vorwerfen, aber sie ist auch ziemlich loyal und nicht klein zu kriegen. Diesen Eindruck, den sie hinterlässt, das hat sie natürlich der Darstellung von McEntire zu verdanken, die alleine mit ihrer Mimik unheimlich viel bei mir auslösen konnte. Sie ist zwar manchmal auch ganz schön bedauernswert, aber dann sieht man ihr ins Gesicht und weiß, diese Frau hat sich ihren Platz im Leben erkämpft, sie ist von nichts und niemandem unterzukriegen.

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Die dritte Staffel endet auf einer sehr friedlichen Note, wahrscheinlich sehr bewusst gewählt, denn die Zukunft der Serie ist wahrlich nicht gesichert. Auch wenn ich einiges zu bemängeln hatte und gerade in Bezug auf Cassie und Jenny so oft daran denke, wie viel Potenzial bislang liegen geblieben ist, so ist genau das eigentlich für mich Antrieb zu sagen, noch ein Runde! Denn es ist alles an Potenzial da und warum sollte es nicht gelingen, dass alles auf einmal genau ineinander passt? Sollte ABC aber andere Pläne haben, dann kann ich "Big Sky" ruhigen Gewissens gehen lassen. Zwischen Cassie und Cormac scheint es keine einmalige Sache zu sein, da liegt Tieferes in der Luft und dass Beau trotz eines schrecklichen Tages noch bei Jenny auftaucht, sagt auch alles. Von daher können wir jetzt nur auf die kommenden Wochen und Monate schauen, um die Entscheidung über die Serienzukunft abzuwarten

Fazit

"Big Sky" erfindet sich in der Erzählweise zum dritten Mal neu, da es diesmal auch pro Episode abgehandelte Kriminalfälle gibt. Das ist nicht unbedingt clever, da es ein wenig konstantes Bild abgibt und gewisse Schwächen der Serie mehr in den Fokus rückt. Dafür gelingt die Einführung von Beau Arlen sehr gut und mit einem erneut beeindruckenden Nebencast lässt sich auch ein wie gewohnt spannender durchgängiger Fall erzählen. Es ist zwar ein gemischtes Gesamtbild, dennoch wäre ich bei einer möglichen Staffel 4 wieder an Bord.

Die Serie "Big Sky" ansehen:

Lena Donth - myFanbase

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