Serienkiller im TV
Das Crime-Genre lebt nicht nur von guten Ermittlern, sondern auch von ihnen fast ebenbürtigen Kriminellen. Viele moderne Procedurals wie das CSI-Franchise oder NCIS ermitteln oft gegen Menschen, die in emotionale Extremsituationen geraten und oft aus dem Affekt heraus zum Mörder werden, oder stürzen sich ins organisierte Verbrechen. Nur selten bietet sich dem Zuschauer die Gelegenheit, einen Fall um einen Serientäter zu verfolgen und das, obwohl in Kinofilmen der Serienkiller schon sehr lange Einzug gehalten hat.
Es scheint jedoch so, als tun sich Serienschreiber schwer, eine interessante Geschichte zu entwickeln, denn von Serien erwartet der Zuschauer meist eine umfassende Charakterstudie und nicht zerstückelte Teenager. Da es schier unmöglich ist, eine komplexe kriminelle Energie in nur 42 Minuten zu präsentierten, zu etablieren und zu entmystifizieren und der Zuschauer auch nicht ewig lang auf eine schlüssige Auflösung warten will, ist der Serienkiller in TV-Serien selten geworden. Und genau deswegen sind Episoden oder folgenübergreifende Geschichten, die sich einem solchen Individuum widmen, nicht uninteressant.
Der Miniaturkiller
In "CSI - Den Tätern auf der Spur", ohne Zweifel das Urgestein der modernen Procedurals, tat man sich lange schwer, überhaupt episodenübergreifende Geschichten zu erzählen. Jede Woche präsentierten die Drehbuchautoren abgeschlossene Fälle, die manchmal mehr, manchmal weniger knifflig waren. Serientäter gab es zwar hin und wieder, aber richtig im Mittelpunkt standen sie nicht. Dies änderte sich im siebten Jahr der Erfolgsserie.
Grissom und sein Team fanden immer häufiger eine exakte Kopie des Tatorts im Miniaturmaßstab neben den Leichen, die keinerlei Verbindung zueinander zu haben schienen. Die Perfektion der Miniaturen ließ vermuten, dass es sich bei den Taten um von langer Hand geplante Morde handelte. Die Opfer schienen zwar willkürlich ausgewählt und auch die Art und Weise zu Töten war nicht ritualisiert, doch die Miniaturbildnisse ließen erahnen, dass der oder die Täter genau wussten, was sie taten.
Lange tappte das CSI-Team im Dunkeln und entgegen der CSI-Tradition innerhalb einer Folge eine Auflösung zu bieten, dauerte es eine gesamte Staffel, bis klar war, wer hinter den Taten steckte. Erst im Finale der siebten Staffel erfuhr der Zuschauer, wer hinter den grausamen Taten steckte, als Sara Sidle, Ermittlerin des Teams, in die Gewalt der Täterin geriet. Der Zuschauer erfuhr endlich, wer der mysteriöse Killer war und was sie zu ihren Taten trieb.
Im Falle von Natalie handelte es sich um den klassischen Fall einer Serientäterin, die aufgrund eines traumatischen Erlebnisses ein gestörtes Verhältnis zu ihrer Umwelt entwickelt hatte. Eifersucht trieb sie zu ihrem ersten Mord und Rache war es letztlich, was sie dazu bewog, Sara Sidle töten zu wollen. Hier haben wir also den klassichen "Psychokiller" mit gestörter Kindheit, der sein emotionales Trauma nur durch das Morden überwinden konnte. Diesem Typus von Killer bedient man sich vor allem in Filmen ganz gerne und präsentiert zunächst die grausamen Taten und anschließend den persönlichen Hintergrund der Person. Dies hält die Zuschauer bei Laune und war auch in CSI spannend umgesetzt worden.
Doch eigentlich war es in CSI gar nicht der Täter an sich, der den Zuschauer vor dem Fernseher fesselte, sondern das, was um die Morde herum geschah. Die kleinen Miniaturbildnisse des Tatorts waren faszinierend und erschreckend zugleich, denn sie deuteten darauf hin, dass der Täter ganz genau wusste, was er tat. Es war kein Mord im Affekt, kein Verbrechen aus Leidenschaft. Es war berechnet, geplant und mit großer Sorgfalt und viel Hingabe durchgeführt. Natalie war keine axt-schwingende, mutierte Gestalt, sondern eine Frau, wie sie jedem von uns jeden einzelnen Tag begegnen könnte. Und genau das macht ihren Fall so erschreckend.
Wollte man Serienkiller in Kategorien einteilen, so fiele Natalie definitiv in die Kategorie "Psychokiller". Ein Täter also, der ohne erkennbare Motivation tötet, dies aber sehr hingebungsvoll.
Die zweite Kategorie, die sich dem Zuschauer bietet, beinhaltet Täter, die aus der Situation heraus zum Täter werden, brutale Gewalt walten lassen, ihre Taten nicht sonderlich vorausschauend planen und deswegen letztendlich schwer einzuschätzen sind. In diese Kategorie fällt unter anderem auch Theodore Bagwell, besser bekant als T-Bag aus der Serie "Prison Break".
Der Brutale
Nach drei abgeschlossenen Staffeln blieb T-Bag der einzige Charakter, mit dem sich der Zuschauer wohl nicht so recht anfreunden kann. Sucre seien seine Diebstähle und C-Note seine Dummheit schnell verziehen, doch in T-Bag hat die Serie einen leibhaftigen Killer, der manchmal vom Zuschauer unterschätzt wird. Nur wenig ist über die Taten des Südstaatlers bekannt, nur ab und an ließen die Serienmacher durchblicken, dass man mit T-Bag kein Unschuldslamm vor sich hat. Genau dies gibt der Serie manchmal den rechten Schwung.
Bei dem Gedanken an "Prison Break" drängt sich schließlich die Frage nach einer handfesten Definition des Wortes "Serienkiller" auf. Im weitesten Sinne ist jeder Mensch, der mehr als drei Mitmenschen vorsätzlich zu Tode bringt, ein Serientäter. Demnach fielen jedoch auch Soldaten und manchmal auch Polizeibeamte unter diese Definition. Die Gesellschaft würde diese Berufsgruppen jedoch unter keinen Umständen der Kategorie "Serienkiller" zuordnen. Gleiches gilt wohl für Charaktere wie Ned aus "Pushing Daisies", der genau gesehen jeden einzelnen Menschen, den er mit seiner Berührung zum Leben erweckt hatte, auch wieder in den Tod schicken musste. Ihn würde man jedoch niemals als Serientäter in Betracht ziehen, so dass sich zeigt, dass die oben erwähnte Definition nicht wirklich das Wesen eines Serientäters erfasst.
Zum zweiten Teil der Kolumne
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