Die besten Charaktere 2008/2009
Platz 2: Vic Mackey (The Shield)
Detective Victor Samuel "Vic" Mackey war langjähriger Leiter des selbst unter Polizisten umstrittenen ehemaligen Strike Teams – und das völlig zu Recht: die Aufklärrate des Teams war zwar phänomenal, die Mittel, womit die Fälle gelöst werden, waren es aber sehr oft nicht. Vic erschoss nicht nur gleich in der ersten Folge einen Polizisten, der ihm die Korruptheit nachweisen wollte, er erleichterte mit seinen partners in crime auch die armenische Mafia um mehrere Millionen Dollar. Nebenbei drückte er einen Verdächtigen auch mal einige Sekunden auf eine heiße Herdplatte oder in ein Schlangenterrarium und schwängerte eine Kollegin, während er daheim den braven Familienvater mimte.
"The edge is where we live, all of us, all the time. People try to convince themselves otherwise is just an exercise in self-deception."
Das alles klingt nach einer recht einfachen Schlussfolgerung: Vic ist ein Sozio- und vielleicht sogar Psychopath. Vor allem deswegen kann man "The Shield" gar nicht hoch genug anrechnen, dass Vic trotzdem nachvollziehbar und teilweise richtiggehend sympathisch erscheint. So ist seine Brutalität Kriminellen gegenüber beispielsweise etwas, das manchmal nicht nur er als etwas ansieht, das diese in ihren Funktionen als Vergewaltiger, Kinderschänder oder Massenmörder regelrecht verdient haben. Zudem begeht Vic kriminelle Handlungen oft, um noch größere zu verhindern oder um seine Familie, für die er alles tun würde, vor allem monetär zu unterstützen. Er würde die (ehemaligen) Mitglieder seines Strike Teams nie im Stich lassen und beschützt sie wo immer es geht vor größerem Schaden, dem sie als seine treuen Diener durchaus manchmal zwangsläufig entgegen sehen. Diese Dualität in der Moral von Vic macht ihn zu einem der faszinierendsten Seriencharaktere des vergangenen Jahrzehnts.
In der siebten Staffel schließlich kulminiert Vics Verhalten in dem großen Höhepunkt der Serie: Vic treibt seinen ehemaligen besten Freund und Kollegen Shane dazu, dessen Frau und fünfjährigen Sohn, sowie anschließend sich selbst, zu töten. Zudem sorgt er dafür, dass der einzig verbleibende Freund lebenslang hinter Gittern kommt und schiebt seine Familie so weit von sich weg, dass sich diese genötigt sieht, ihn nicht nur zu hintergehen, indem sie mit der Polizei zusammen arbeitet, um ihn ans Messer zu liefern, sondern letzten Endes sogar aus Angst vor ihm in ein Zeugenschutzprogramm flüchtet. Nicht zu vergessen der rücksichtslose Vertrauensmissbrauch gegenüber einer ICE ("Immigration and Customs Enforcement") Agentin, um volle Immunität für seine kriminelle Vergangenheit zu erhalten.
Er wird in dieser Zeit zum ersten Mal in voller Härte mit etwas konfrontiert, dem er jahrelang aus dem Weg gehen konnte: den Konsequenzen seines eigenen Handelns. Dass es wahrlich nur ihn indirekt trifft und er nicht, wie am Anfang der Staffel durchaus zu erwarten war, getötet oder eingesperrt wird, ist die große Ironie von "The Shield". Dennoch hätte es für ihn kaum schlimmer kommen können: ohne den Job auf der Straße, der ihm alles bedeutet, ohne seine Freunde und Kollegen, ohne seine Familie und mit einem drei Jahre verpflichtend laufenden sterbenslangweiligen Bürojob bei ICE, wurde Vic allem beraubt, worauf er sich in schlechten Zeiten besinnen konnte. Es scheint fast so, als hätten ihn die Ereignisse der letzten Tage und Wochen gebrochen, doch dann ist es am Ende schnell wieder da, das Feuer in seinen Augen. Ein Vic Mackey lässt sich eben nicht unterkriegen.
Vic ist zweifelsohne ein Soziopath, bei dem sich viele seiner (ehemaligen) Gefährten wünschen, ihn nie getroffen zu haben. Dennoch handelte er in all der Zeit keineswegs grundlos böse, sondern hat sich ein nachvollziehbares Moralgerüst aufgebaut, anhand dessen er (ver-)urteilt. So ertappt man sich am Ende gar dabei, so etwas wie Mitleid für ihn in seiner momentanen Situation zu empfinden. Wenn eine Serie es schafft, einen derartigen Charakter über sieben Staffeln lang zu erschaffen und zu formen, dann sollte das Lob genug sein. Falls es das nicht ist, wird ein Emmy oder ein Golden Globe für Vic-Darsteller Michael Chiklis hoffentlich das Nötige tun.
Andreas K. - myFanbase
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