Die besten Charaktere 2009/2010
Platz 6: Jack Bauer (24 - Twenty Four)

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Es gab nicht besonders viele Dinge, die man in der letzten Staffel von "24 – Twenty Four", einer Serie, die Fernsehgeschichte geschrieben hat, wirklich gut finden konnte. Lange Zeit hat man sich durch die Minuten der Episoden gequält und sich gefragt, was sich die Autoren nur gedacht haben. Es gibt aber auch die Momente, in denen man den Lohn für das Durchhaltevermögen erhalten hat. Der ständige Held der Serie, Jack Bauer, hat nämlich eine Entwicklung durchgemacht, die man ihm fast nicht mehr zugetraut hätte, aber voll und ganz nachvollziehen kann. Der Superheld ist wieder zu einem richtigen Menschen geworden, der seine Heldenhaftigkeit abgelegt hat.

"I Am Judge And Jury."

Wie harmonisch und friedlich waren doch die ersten Minuten dieser achten Staffel, als Jack mit seiner Enkelin vor dem Ferseher sitzt und er seinen verdienten Ruhestand genießt. Rundum glücklich ist er, doch der Zuschauer weiß natürlich bereits, dass es dabei nicht bleiben kann. Was dann aber passiert, schlägt doch alle Vorstellungen. Jack ist selbstverständlich sofort wieder mittendrin und sieht sich mit einer CTU konfrontiert, die noch grün hinter den Ohren ist. Er muss die Dinge in die Hand nehmen und rettet wie so oft die prekäre Lage. So weit, so gut. Nun aber taucht Renee Walker auf und die ohnehin schon schwere Entscheidung, sich von seiner Familie abzuwenden, um der CTU zu helfen, bekommt eine weitere emotionale Komponente, denn Jack fühlt sich für Renees Entwicklung mitverantwortlich. Dass sich die beiden während ihres furchtlosen Einsatzes näher kommen, gehörte zu den schönsten Momenten der Staffel, weil man Jack sein persönliches Liebesglück nach all den Leiden mit Teri Bauer und Audrey Raines sehr gegönnt hat. Doch man hat für Jack kein Happy End vorgesehen. Renee wird kaltblütig in dem Moment größter Glückseligkeit niedergeschossen und Jack kann nichts mehr machen. Das war so brutal, es liegt einem fern, auch nur zu behaupten, dass man sich vorstellen könnte, wie es Jack geht. Was nun folgt, ist die gelungendste Zeit der Staffel, denn Jack entwickelt einen völlig verständlichen Rachegedanken, der ihn die folgenden Stunden antreibt und über Leichen gehen lässt. So hat man Jack noch nicht gesehen. Er agiert böse, ohne Rücksicht auf Verluste, ohne Rücksicht auf Unschuldige. Jack sieht rot und niemand kann es ihm wirklich übel nehmen. Endlich versteht er wohl auch, was in Tony vorgegangen sein muss. Diesen hatte Jack in Staffel 7 noch verständnislos verabscheut, weil er aus Rache gehandelt hat. Nun hat auch Jack diesen Punkt erreicht.

Diese Entwicklung ist eigentlich längst überfällig gewesen, denn Jack hat schon zu viel gelitten, als dass man all dies mit seinem Patriotismus noch rechtfertigen könnte. Dass man ihm nun endlich den Zugang zur anderen Seite eröffnete, führte dazu, dass die Staffel noch mal einen deutlichen Satz nach vorne machte. Es war nicht nur ungeheuer spannend, weil man Jack in dieser Form noch nie erlebt hatte und man das Massaker, was er teilweise angerichtet hatte, nicht glauben wollte. Es war auch noch ungemein emotional, weil Jack einem über die acht Jahre irgendwie auch ans Herz gewachsen ist und Chloe O’Brian als Gutmensch mit ihrem objektiven Blick auf die Dinge versuchte, ihren Freund vor all seinen Fehlern zu bewahren. Doch für Jack ist alle Rationalität verloren gegangen und er hat es sogar fertig gebracht, Chloe anzugreifen, um seinen Rachefeldzug vollenden zu können. Hier hat man all das Potenzial des Charakters Jack Bauer ausgereizt und Kiefer Sutherland ist es auch gelungen, zu jeden Zeitpunkt glaubwürdig zu bleiben. Trotz aller Untaten litt man als Zuschauer mit ihm, nahm ihm nahezu nichts übel und baute trotzdem insgeheim auf Chloe, die der einzige Mensch ist, der Jack bekehren könnte. Dass ihr dies letztlich gelingt, passt genauso gut zu Jacks Entwicklung, der im tiefsten Inneren mit sich haderte. Nach außen war er voll überzeugt, der Richter sein zu dürfen, sein zu müssen. Chloe eröffnet ihm wieder den Weg, den er all die Jahre zuvor immer gegangen ist.

Nach acht Jahren hat man erwartet, dass Jack Bauer ein tolles Serienende geschrieben bekommt. Diesem ist man trotz der schwachen Staffel absolut gerecht geworden. Jacks Entwicklung war mitreißend, nachvollziehbar, konsequent und für alle Beteiligten überaus emotional. Endlich war der Held wieder ein Mensch, nahezu normal. Das reicht allemal, um sich zu den Top-Charakteren der letzten Season zu gesellen.

Emil Groth - myFanbase

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