Review: #4.08 Wunschdenken
Wenn man sich die vierte Staffel so ansieht, möchte man fast meinen, "Supernatural" befinde sich in einer Selbstfindungskrise. Und #4.08 Wishful Thinking beweist eindrucksvoll, wie uneins die Serie im Moment mit sich selbst ist.
Der Fall
Das beginnt schon beim Aufzug der Episode. In der Anfangsszene stellt sich bei jedem eingefleischten Fan bereits das Gefühl ein zu Hause zu sein. Immerhin weiß man ja, dass gleich die hübsche Frau unter der Dusche auf sehr übernatürliche Weise ins Totenreich geschickt wird, woher ihr Mörder sehr wahrscheinlich gerade kommt. Ja, so denkt man und wird bitter enttäuscht, sobald man die Stimme eines Teenagers im Stimmbruch hört und sich wünscht, es sei alles nur ein schlechter Traum. Kein gruseliger Fall wie in der ersten Staffel. Keine großen Geheimnisse wie in der zweiten Staffel. Und auch keine lebensbedrohlichen Kämpfe wie in der dritten Staffel. Willkommen in der neuen Horror-Comedy-Show des CW!
Dabei könnte alles wieder so sein wie ganz am Anfang. Das große Rätselraten der Jungs. Wer steckt hinter dem Ganzen? Wer wird das nächste Opfer? Wie kann man es aufhalten? Die Recherche der Winchesters versetzt einen sofort wieder zurück zu den ersten Episoden der Serie. Der Dialog, ob sie den Teddy erschießen oder verbrennen sollen, um auf Nummer sicher zu gehen, ist bestes Beispiel dafür. Aber man erkennt auch schon von Weitem den Fehler in dem Satz: Teddy...
Der Humor der Serie ist existentiell, allerdings geht es hier um gut geführte Dialoge à la "Lollipop-Krankheit". Es geht um Situationskomik, um die große Klappe, die beide Protagonisten aufzuweisen haben. Was definitiv fehl am Platz ist, ist der Slapstick-Humor, mit dem man uns in der vierten Staffel definitiv zu oft bestraft hat. Zwar lacht man wieder mit, weil es ja doch irgendwie komisch ist, aber bereits bei dem Selbstmordversuch des Bären beginnt man den Kopf zu schütteln und nachdem Sams Schuhe rauchend am Boden stehen bleiben, nachdem dieser vom Blitz getroffen wird, kann man nur noch mit Fassungslosigkeit reagieren. Das ist nicht "Supernatural" und so nett die Comedy in den letzten Wochen war, langsam könnte man wirklich einen Schlussstrich unter die Sache ziehen.
Was großartig war? Die Idee. Genial. Ein Gott des Chaos lässt die Wünsche der Menschen in Erfüllung gehen. Großartig. Nur was man daraus gemacht hat, ist, wie bei #4.06 Yellow Fever, eigentlich nur zum Heulen. Solche Ideen muss man ernster angehen, denn sie hätten Potential. Wenn man nicht alles ins Lächerliche ziehen würde, wäre der Serie sehr geholfen.
Sam
Sehr zwiespältig präsentiert sich über die ganze Folge der jüngere Winchester. Sam hatte ja in den letzten Episoden leider mehr eine Nebenrolle. Erstmals scheint er wieder ein wenig klarer gezeichnet. Er kann nicht mehr zurück in sein altes Leben und wünscht sich Liliths Kopf auf einem Tablett – blutig. Das ist wieder der mit sich ringende Sam, den man sehen will. Jemand, der, nachdem er Dean aus dem Schlaf reißt, sagt, dass man ihm nichts vormachen könne. Jemand, der die Probleme seines Bruders sieht und ihm unbedingt helfen will. Das ist die Symbiose zwischen Sam und Dean, die man braucht, um die Qualität der Charaktere halten zu können.
Und ganz geschafft hat man das noch nicht. So ist mir vollkommen unerklärlich, wie Sam so auf das Geständnis seines Bruders am Ende der Folge reagieren konnte. In #2.04 Spiel nicht mit toten Dingen heult Sam Rotz und Wasser, als Dean im sagt, dass er sich schuldig wegen Johns Tod fühle. Und jetzt teilt sein großer Bruder ihm mit, dass er sich an jede Sekunde in der Hölle erinnert. Und er sagt nur: "Okay, reden wir darüber." Dann geht es noch weiter. Dean teilt Sam mit, dass er nichts sagen wird, weil ihm für so etwas die Worte fehlen, weil es so schlimm war und dass er nichts vergessen kann, weil es sich in sein Gehirn gebrannt hat. Vor ihm steht ein Wrack, das seinen Schmerz in Alkohol ertränkt, weil die Bilder, die er in seinem Kopf mit sich durch die Gegend trägt, so schlimm sind, dass die Wirklichkeit unerträglich wird. Ein Wrack, das als Gipfel der ganzen Szenerie sein Bruder ist. Und der gute Sam Winchester sieht zwar schon ein wenig betroffen drein, aber besonders zu berühren scheint ihn die ganze Sache nicht. Das ist unglaubwürdig und falsch, weil es einfach nicht zu dem Charakter passt, den man über Jahre hinweg entwickelt hat. Sam ist blass geworden, regelrecht farblos. Mich persönlich stört das gewaltig, weil man den ganzen Zauber der Beziehung zwischen den Brüdern ruiniert und gleichzeitig das Potential Jared Padaleckis vollkommen unausgeschöpft lässt.
Dean
In der Zwischenzeit darf Jensen Ackles Alleinunterhalter spielen. Im Moment ruht die Qualität der Serie vollkommen auf seinen Schultern und, falls er in einer Episode auftaucht, auf denen von Misha Collins. Jensen Ackles schafft es auch in dieser Staffel Dean weiterzuentwickeln. Man nimmt ihm seinen selbstzerstörerischen Trip ab. Dean sieht in der finalen Szene zehn Jahre älter aus, was genial und erschreckend zugleich ist. Die Ausweglosigkeit der Lüge, die er seinem Bruder jeden Tag vorlebt, ist zuvor in jeder Szene zwischen den Brüdern zu sehen, sei es in der Bar am Anfang oder nach seinem Alptraum im Hotel. Aber so sehr ich Jensen Ackles als Schauspieler verehre, er hat einen großartigen Cast an seiner Seite. Mir persönlich erschließt sich nicht, warum man nicht aus dem Vollen schöpft wie in den Staffeln zuvor.
Immerhin haben wir wieder ein wenig Interaktion zwischen Sam und Dean. Man rechnete ja länger damit, dass Dean bald auspackt, aber ich persönlich hätte es mir spektakulärer vorgestellt. Die abgestumpfte Ruhe, die in Deans Rede am Ende der Episode liegt, hat aber bei Weitem mehr getroffen und macht Lust auf mehr. Mehr Infos und mehr Momente wie diesen!
Nebendarsteller
Eines lässt aber weiterhin auf Gutes hoffen: bei den Nebendarstellern hat man wie immer nicht gespart. Sowohl Ted Raimi als durchgeknallter Freak, der den Stein ins Rollen bringt, als auch Nicole Leduc als süße Teddy-Besitzerin Audrey sind perfekt getroffen. Wie man für die Serie immer wieder so talentierte Kinder finden kann, bleibt ohnehin ein Geheimnis der Serienmacher. Großes Kompliment dafür.
Fazit
Die Folge hätte sowohl von der Handlung als auch von der Storyline oder der Zeichnung der Protagonisten durchaus an die früheren Staffeln anknüpfen können. Warum diese Chance verschenkt wurde, weiß wohl niemand so genau. Die Serie ist im Moment zu "hell", zu komisch, zu dick aufgetragen. Da das eigentlich der Quintessenz von "Supernatural" vollkommen widerspricht, wäre ein wenig mehr Dunkelheit, Drama und Authentizität dringend von Nöten.
Eva K. - myFanbase
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Informationen zur Episode
Englischer Titel: Wishful ThinkingErstausstrahlung (US): 06.11.2008
Erstausstrahlung (DE): 11.10.2010
Regie: Robert Singer
Drehbuch: Ben Edlund & Lou Bollo
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