Phönix aus der Asche – Review Staffel 4
Highway to Hell
Kommen wir zu den teuflischen Antagonisten, die mir persönlich ja immer besonders am Herzen liegen. Ein gut gemachter Bösewicht ist die ultimative Bereicherung für jede Geschichte und "Supernatural", so scheint es, hat das Böse geradezu erfunden.
Lilith bleibt grandios. Ob als Kind, oder als erwachsene Frau, der erste Dämon Lucifers spielt mit seinen Opfern wie die Katze mit der Maus. Wieder ist es ihr "Spieltrieb" der einem die wohlbekannte Gänsehaut über den Rücken jagt und seitdem klar ist, dass sie mit Azazel gemeinsame Sache gemacht hat, ist Lilith in meinem Ansehen sogar noch gestiegen. Der Gelbäugige Dämon selbst versüßt einem noch ein letztes Mal die ein oder andere Szene mit Gastauftritten und wenn spätestens, wenn dann Alastair – der Folterknecht der Hölle seinen großen Auftritt hat, schwebt man als Liebhaber gut gezeichneter Widersacher im siebten Himmel, denn der große Gegenspieler Deans sorgt unter anderem mit Gesangseinlagen und Grausamkeiten à la carte für einige Höhepunkte im Handlungsbogen dieser Staffel.
Ruby, die letzten Endes – oh welch Erstaunen – doch böse, durchtrieben und hinterlistig war, bildet zwar das schwächste Glied der teuflischen Kette, rundet aber den perfiden Plan perfekt ab: am Ende wirkt Sam machthungrig und ist süchtig nach Dämonenblut, Dean ist so weit von seinem Bruder entfernt, wie noch nie zuvor und spätestens wenn sich Lilith opfert und Lucifer ins Spiel kommt, kann man getrost sagen: Noch nie zuvor waren die Bösen so unglaublich gut.
Dean und Sam
Wenn zwei sich streiten… stehen Sam und Dean meist in der Mitte und versuchen Welt und sich selbst irgendwie aus der Schussbahn zu bringen. Erst ganz am Ende der Staffel wird klar, in welchem Ausmaß die Winchesters als Schachfiguren missbraucht wurden und das schon lange vor ihrer Geburt. Dass das Spiel von Himmel und Hölle Spuren hinterlässt, war klar. Wie extrem jedoch die Entwicklung der Brüder werden würde, hätte sich wohl kaum jemand denken können.
Dean leidet. Oft. Meistens. Anscheinend hat er wirklich alles verloren – sich selbst, seine Prinzipien und den Draht zu seinem kleinen Bruder. Und dennoch kämpft er eine ganze Staffel lang gegen seine eigenen und gegen echte Dämonen, um alles irgendwie doch noch hinzubekommen. Jensen Ackles ist wie immer in dieser Rolle eine Ausnahmeerscheinung. Er schafft es wieder, jedes Gefühl, jede Entwicklung und sogar die Leere, die in Dean zu herrschen scheint, zu den Zuschauern zu bringen. Man leidet mit. Nebenbei ist man zwar immer wieder geschockt, wenn man beispielsweise hört, was Dean wirklich in der Hölle widerfahren ist, aber den Großteil der Zeit hat man einfach nur unheimliches Mitleid und wünscht sich so sehr, dass für den älteren Winchester endlich einmal bessere Zeiten anbrechen. Dennoch wird der Teufelskreis um ihn enger und wenn man bedenkt, dass er sich offenbar im Staffelfinale geschlossen hat, dann kann man wohl davon ausgehen, dass Dean, zumindest in näherer Zukunft, weiterleiden muss.
Sam hingegen wirkt distanziert. Auf der einen Seite kann man sogar das irgendwie verstehen, aber den Großteil der Zeit verbringt man damit, sich zu fragen, was mit dem Jungen los ist. Jared Padalecki kommt in dieser Staffel selten zu den Szenen, die er sich mit seinem Talent eigentlich verdienen würde. Zwar ist das vermutlich gewollt, immerhin wird Sams unterkühltes Handeln relativ gut durch seine Rachegefühle begründet, doch irgendwie komme ich persönlich nicht darüber hinweg, dass auf Sams Weg Sammy irgendwie verloren gegangen ist.
So oder so, die Brüder haben sich entwickelt, beide auf ihre Art und Weise und in unterschiedliche Richtungen. Diese Entwicklungen bieten große Möglichkeiten und viel Raum für die Zukunft. Wünschenswert wäre allerdings, wenn die Brüder wieder etwas finden könnten, was sie zusammenschweißt. Diesen Aspekt muss man nämlich in der vierten Staffel wohl oder übel schmerzlich vermissen.
Stärken und Schwächen
Die Stärken der Serie blieben die gleichen – grandiose Schauspieler, interessante Charaktere, spannende Geschichten und einfallsreiche Wendungen und hinter hinter allem ein eingespieltes und starkes Team. Der rote Faden um die 66 Siegel blieb abwechslungsreich und spannend, aber auch die Fälle abseits des Weges wussten immer wieder zu bestechen und trugen mehr zur Qualität der Serie bei, als man zunächst vermuten möchte. Es gab viele herausragend gute Folgen und grandiose neue Charaktere. Es gab starke und herzzerreißende Momente und ein Finale, wie man es sich als Fan einer Serie wünscht. Im Großen und Ganzen bleibt "Supernatural" also "Supernatural", wie wir es kennen und lieben und man darf vermuten, dass das auch in Zukunft so bleiben wird.
Was hingegen über die ganze Staffel hinweg ein wenig zermürbt, ist die Tatsache, dass in einigen wenigen Episoden die Gratwanderung zwischen Unterhaltung und Drama nicht in gewohnter Weise gelingen will. Am Anfang gab es zu viel Slapstick-Humor und zu wenig Entwicklung in der Storyline und bei den Charakteren. Es wirkt beinahe so, als wollte man sich zwingen, komisch zu sein, wo es eigentlich nichts zu lachen gegeben hätte. Später hingegen ruhte man sich oft zu sehr auf der Tragik der Geschichte aus, frei nach dem Motto: "Die Schauspieler werden's schon richten..." Mir drängt sich der Gedanke auf, dass die Serie ein klein wenig von ihrer Leichtigkeit eingebüßt hat. Nicht in einem Ausmaß, dass man aufhören will, zuzuschauen, aber doch gerade so viel, dass man als Zuschauer merkt, wie irgendetwas nicht ganz rund läuft. Ein wenig mehr Freiheit für die Winchesters und geringerer Zug im Handlungsbogen würden mitunter vielleicht ganz gut tun.
Aussichten
Das Ende der Staffel verspricht viel und macht sehr, sehr, sehr viel Lust auf mehr. Der Teufel scheint eine neue Chance zu sein und wenn er so gut umgesetzt wird, wie seine himmlischen Spiegelbilder, gibt es genug Grund, sich auf eine fünfte Staffel zu freuen. Zusätzlich fragt man sich natürlich, wie es mit Sam und Dean weitergeht und ob sie sich endlich aus ihrem Elend heraus aufraffen können, um endlich wieder einen Schritt nach vorne zu machen. Wie man sieht, ist genug Potential für die Zukunft vorhanden, das es jetzt nur noch zu nutzen gilt.
Fazit
Als treuer Fan der ersten Stunde muss man des Öfteren Nachsicht walten lassen. Wenn man das schafft und nebenbei offen für Neues ist und sich nicht zu sehr auf das Grundkonzept versteift, dann wird man dafür auch weiterhin mit einer Serie belohnt, die man irgendwie einfach lieben muss, trotz aller Schwächen. Einfach, weil sie uns zum Lachen bringt, zum Weinen und ab und zu sogar zum Schreien. Und ganz ehrlich – mehr braucht man doch eigentlich nicht, um als Zuschauer glücklich zu sein...
Eva Kügerl – myFanbase
Meistgelesen
Aktuelle Kommentare
20.11.2024 15:18 von Catherine
Liebeskolumnen: Rory & Dean, Teil 3
Ich glaube, es wurde während des "Gilmore... mehr
22.11.2024 21:56 von Chili_vanilli
Cruel Intentions: Cruel Intentions
Hat schon jemand reingeschaut? Bin akutell bei Folge 1... mehr