Review: #1.15 Vertreibung aus dem Paradies
Nachdem man sich in den ersten vier Folgen nach der langen Pause hauptsächlich mit den Problemen der Jugendlichen beschäftigt hat, treten nun die Erwachsenen wieder mehr in den Fokus. An erster Stelle steht hierbei natürlich Angelo, dessen mysteriöse Vergangenheit enthüllt wird und alle schockiert.
There is a warrant for Angelo in Italy. He's a fugitive.
Doch schon davor geht es turbulent zu, nachdem der Kuss am Ende der letzten Folge dazu führt, dass Regina sich wieder auf Angelo einlässt und die beiden miteinander schlafen. Gut, das war alles andere als unerwartet, denn dass die beiden wieder zusammenkommen war seit Angelos Auftauchen absehbar. Aber ich war doch positiv überrascht, wie schnell ihre aufgefrischte Beziehung publik wird und mir hat es gut gefallen, dass Regina es, obwohl sie es versucht, überhaupt nicht verbergen kann – schon gar nicht vor Adrianna, die seit der Ankunft von Angelo mit Argusaugen das Wohlergehen ihrer Tochter überwacht. Aber wie Regina Daphne so schön erklärt: es ist eben nicht so, dass sie sich nun wieder in Angelo verliebt hat, nach allem was er ihr angetan hat, sondern dass sie ihn trotz der Enttäuschungen, die er ihr zugefügt hat, immer geliebt hat. Beide sind nun 13 Jahre reifer, trinken nicht mehr und können die Fehler ihrer Vergangenheit reflektierter betrachten – sowohl die eigenen als auch die des anderen. Und ich fand es sehr schön, dass gerade diese Reife, dieses Verständnis füreinander in der letzten Folge der Ursprung des Kusses und damit auch der Versöhnung zwischen den beiden war.
Mir hat auch die Annäherung zwischen Kathryn und Angelo gut gefallen, auch wenn ich den Zufall, dass ihre italienischen Vorfahren in Nachbardörfern gelebt haben, doch etwas zu dick aufgetragen finde. Aber es war schön, dass die beiden (bzw. hauptsächlich Kathryn) Gemeinsamkeiten entdecken und feststellen, dass der andere nicht das Böse in Person ist und ich hoffe sehr, dass Kathryns kurzer Rückfall am Ende der Folge nicht von Dauer ist, sondern John und sie sich wirklich dazu entschließen, Angelo zu helfen. Natürlich haben sie das Recht, enttäuscht zu sein, nachdem Angelo sie offen angelogen hat, und der Vergleich mit Reginas unterschlagenem Wissen um den Tausch der Mädchen passt sehr gut auf die Situation. Aber genau aus diesem Grund bin ich zuversichtlich, dass Johns und Kathryns Ärger nicht allzu lange anhält, da sie schließlich den beiden Mädels zuliebe auch Regina verziehen haben. Dass es letztlich Adrianna ist, die der Ausländerbehörde die Wahrheit über Angelo erzählt, wird für die Beziehung zwischen ihr und Regina bestimmt eine große Belastung darstellen und für Drama im Hause Vasquez sorgen, auch wenn Angelo jetzt erst mal weg ist.
Aber um noch einmal kurz auf Angelos Geheimnis zurückzukommen: ich dachte beim Anruf von Martino kurzzeitig, dass Angelo vor der Mafia flieht und das wäre mir dann doch etwas zu viel Italiener-Klischee gewesen. Andererseits passt es aber zu meiner grundsätzlichen Vermutung, dass Angelo nicht mit Hintergedanken nach Kansas City gekommen ist, sondern wirklich nur seine leibliche Tochter kennenlernen und vielleicht auch Regina wiedersehen wollte. Da Angelo mir seit der letzten Folge wirklich richtig sympathisch geworden ist, hoffe ich nach dem Schluss der Folge sehr, dass er nicht allzu lange verschwunden bleibt und vor allem, dass er nicht noch Schlimmeres auf dem Kerbholz hat.
Do you think that John would have an affair?
Nicht nur Angelo, auch John hat ein Geheimnis und Daphne kommt ihm auf die Schliche: er trifft sich mit einer Reporterin namens Sarah Lazar, die er noch aus seiner Zeit als Profi-Sportler kennt. Daphnes Angst und Misstrauen aufgrund dieser Situation und der ganzen Heimlichkeiten kann ich sehr gut nachvollziehen, auch bevor sie ihre Sorgen Regina und John gegenüber offenbart. In den Folgen seit Angelos Auftauchen hat sie immer wieder deutlich gemacht, wie nachhaltig und tief sie durch dessen Verschwinden in ihrer Kindheit verletzt wurde und wie sehr die Angst des Verlassenwerdens und der Enttäuschung sie immer noch dominiert. Natürlich überträgt sich diese Angst jetzt auch auf die Beziehung zu ihrem leiblichen Vater, vermutlich noch dadurch potenziert, dass John ihr von Anfang an wie der perfekte Vater erschien.
Mir hat es sehr gut gefallen, dass sie ihn gleich in dieser Folge auf sein Treffen mit Sarah anspricht, bevor es (wie so oft in Drama-Serien) zu einem folgenschweren Missverständnis und einer völlig verfahrenen Situation kommt. Stattdessen gibt es eine wirklich tolle und berührende Vater-Tochter-Szene, die es seit langem mal wieder schafft, dass ich mit Daphne mitleiden kann. Und auch John, dessen Ruf als "jackpot in the biological father department" ich nicht immer vollständig teilen kann (vielleicht auch deshalb, weil ich in D.W. Moffett immer noch ein bisschen den Antagonisten alias Joe McCoy sehe), hat in diesem Gespräch ordentlich Sympathiepunkte gesammelt. Nicht nur, dass er Daphne ohne Umschweife den wahren Grund für das Treffen mit Sarah erzählt, er schafft es darüber hinaus auch noch wirklich glaubhaft, ihr einerseits die Illusion zu nehmen, dass er oder seine Familie perfekt sind, aber ihr andererseits auch klar zu machen, dass Daphne sich trotzdem immer auf ihn verlassen kann.
Erwähnenswert sind bei dieser Storyline definitiv auch noch die skurrilen Versuche von Kathryn und Toby, die Alarmanlage auszustellen: Toby, der mit einem Sportlerbuch voller Statistiken über seinen Vater vor dem Ziffernblock steht und aus dessen On-Base Percentage einen Code erstellt, war wirklich ein Bild für die Götter und unglaublich witzig – ebenso romantisch natürlich auch der tatsächliche Code mit dem ersten Date von Kathryn und John, der die liebevolle Verbundenheit der beiden zueinander beweist und eine Affäre von John noch vor seiner Erklärung gegenüber Daphne eigentlich ausschließt.
Does it bother you that I'm not a vegetable?
Emmett ist nun zu seinem Vater gezogen und das beeinflusst auch seine Beziehung zu Bay extrem, denn im Gegensatz zu Melody hat Cameron keine Absichten, Emmett diese Beziehung zu vermiesen oder gar zu verbieten. Die erste Szene zwischen Emmett, Bay, Cameron und Olivia hat mir sehr gut gefallen: sie war witzig, sympathisch und die neuen Figuren wurden toll eingeführt. Auch wenn Bay durch einige Sachen zunächst irritiert war, hat man gemerkt, wie viel selbstsicherer sie in dieser Umgebung im Gegensatz zu ihren Treffen mit Melody war. Anstatt den Kontakt zwischen Emmett und Bay zu unterbinden, regt Olivia mit ihrer Erlaubnis, das Bay bei ihnen übernachten kann, ein Gespräch über den nächsten Schritt in der Beziehung zwischen den beiden an und es kommt zur berühmten V-Frage – sehr süß und verspielt verpackt dank Bays kleinem Fehler.
Dass Emmett bereits Sex hatte ist nicht unbedingt überraschend, dass Bay noch Jungfrau ist dagegen schon. Ja, sie ist gerade mal 16 Jahre alt, aber bei Ty war sie überraschend schnell bereit, mit ihm zu schlafen und ihrem Gespräch mit Daphne in #1.04 Dance Amongst Daggers ließ sich entnehmen, dass die Beziehung mit Liam alles andere als nur aus Händchenhalten bestand – aber scheinbar sollte "I know how to keep a guy interested" eher bedeuten, dass sie Liam nur sehr geschickt hingehalten hat. Wie auch immer, Bay ist also noch Jungfrau und irgendwie scheint Emmetts Erfahrungsvorsprung sie doch zu hemmen, auch wenn sie sagt, dass es ihr nichts ausmacht. Aus ihren Plänen, die erste gemeinsame Nacht miteinander zu verbringen, wird jedoch nichts, nachdem Angelos Geheimnis aufgeflogen ist und Bay und Emmett in Streit geraten, als sie ihm von der Sache erzählt.
Und damit kommen wir an einen Punkt an dem ich zum ersten Mal seit langem Bays Verhalten nicht wirklich nachvollziehen kann. Gut, Angelos Enthüllung war auch für sie ein Schock und sie hat Angst, ihn wieder zu verlieren, falls John und Kathryn ihn der Polizei ausliefern. Aber das ist für mich noch lange kein Grund, dass sie Emmett, der sich nur Sorgen um sie macht, derartig angreift. Und ich verstehe auch nicht, wie die künstlerische, freiheitsliebende Bay sich über die liberale Familienpolitik von Cameron und Olivia aufregen kann – aber wie Toby bereits gesagt hat, es steckt wohl doch mehr von Kathryn in Bay, als es auf den ersten Blick erscheint. Die ganze Story um Bay und Emmett, die in dieser Folge durch Emmetts veränderte Wohnsituation angerissen wurde, hat einige gute Ansätze, aber gerade bei Bay fehlte mir, vor allem am Ende, ein bisschen die Erklärung und ich hoffe, dass darauf nächste Woche nochmal eingegangen wird – aber davon gehe ich ehrlich gesagt sicher aus, denn der Streit zwischen Emmett und Bay muss ja auch beigelegt werden.
I've never worked this hard for anybody in my life.
Auch bei Daphne und Wilke gibt es ein großes Missverständnis: während Wilke sich ihr gegenüber öffnet wie noch keiner anderen Frau zuvor, denkt Daphne, dass sie nur eine weitere auf seiner Liste ist, die er nachts mit auf den Golfplatz nimmt. Mir tat Wilke wirklich leid, vor allem als nicht mal Toby glaubt, dass Daphne ihm mehr bedeutet als seine anderen Eroberungen. Es ist im Prinzip schon seit ihren ersten gemeinsamen Szenen in #1.06 The Persistance of Memory völlig offensichtlich, dass Wilke sehr viel an Daphne liegt, und auch wenn er zwischendurch mit viel Humor seine Gefühle zu überspielen versucht, ist für den Zuschauer klar, dass die Beziehung zu Daphne etwas Besonderes für ihn ist. Das ist auch ein bisschen der Punkt, der mir nicht ganz so gut gefällt, bzw. wovon ich mir noch eine starke Entwicklung für die kommenden Folgen erhoffe, weil Wilke momentan zu 100% in dieser Beziehung ist und Daphne vielleicht gerade mal zu 30%. Es wäre natürlich interessant zu erfahren, ob Daphne aufgrund ihrer Gefühle zu Emmett ihre Distanz hält oder ob es wirklich daran liegt, dass sie Wilke noch nicht vollständig vertraut. Aber die Verbundenheit der beiden wurde nun zunächst gestärkt, indem Wilke ihr sein Geheimnis verrät, dass er als Kind Skoliose hatte. Daphne ist klar geworden, dass sein Leben nicht immer aus oberflächlichem Spaß bestand und vielleicht ist das der Anstoß, den sie brauchte, um Wilke nun tatsächlich eine Chance zu geben.
Fazit
"Switched at Birth" schafft es mit dieser Folge auf wunderbare Weise, alte Storylines mit neuen zu verknüpfen und dabei vor allem durch das zentrale Problem mit Angelo fast alle Charaktere zu involvieren. Es war eine ausgewogene Mischung aus Humor, Drama und Liebe und die Serie demonstrierte auf beeindruckende Weise ihre Stärke in Sachen zwischenmenschlicher Beziehungen, egal ob familiär oder romantisch. Ein paar winzige Kleinigkeiten haben mich dennoch gestört, deshalb gibt es nicht ganz die volle Punktzahl.
Lena Stadelmann - myFanbase
Die Serie "Switched at Birth" ansehen:
Vorherige Review: #1.14 Gabrielle d'Estrées und eine ihrer Schwestern | Alle Reviews | Nächste Review: #1.16 Die zwei Fridas |
Diskussion zu dieser Episode
Du kannst hier oder in unserem Forum mit anderen Fans von "Switched at Birth" über die Folge #1.15 Vertreibung aus dem Paradies diskutieren.
Informationen zur Episode
Englischer Titel: Expulsion From The Garden Of EdenErstausstrahlung (US): 31.01.2012
Erstausstrahlung (DE): 05.05.2014
Regie: Steve Miner
Drehbuch: Chad Fiveash & James Stoteraux
Links
Jetzt ansehen/bestellen
Episode jetzt bei Apple TV+
ansehen
Episode jetzt bei Amazon.de
ansehen
DVD jetzt bei Amazon.de
bestellen
Meistgelesen
Aktuelle Kommentare
22.11.2024 21:56 von Chili_vanilli
Cruel Intentions: Cruel Intentions
Hat schon jemand reingeschaut? Bin akutell bei Folge 1... mehr
20.11.2024 15:18 von Catherine
Liebeskolumnen: Rory & Dean, Teil 3
Ich glaube, es wurde während des "Gilmore... mehr