Bewertung

Review: #2.09 Die Erhebung

Na, das war ja mal etwas anderes! In dieser Woche bekamen wir bei "Switched at Birth" eine Folge der ganz besonderen Art zu sehen. Wir erlebten nämlich die gesamte Handlung komplett ohne Ton.

Until hearing people walk a day in our shoes, they will never understand."

Die Intention dieser ungewöhnlichen Idee war natürlich eindeutig: Die Serienmacher wollten damit versuchen, den Zuschauer dazu zu bringen, zumindest einmal ansatzweise nachvollziehen zu können, wie sich das Leben eines gehörlosen Menschen so anfühlt. Und ich muss zugeben, dass es mir schwerer gefallen ist, der Handlung zu folgen, als ich es mir vorgestellt habe. Normalerweise mache ich mir während des Schauens einer Serie etwas zu essen oder spiele zeitweise an meinem Handy herum. Das ging diesmal nicht, denn man musste sehr aufmerksam den Untertiteln folgen, um ja alles mitzubekommen. Man konnte einen kleinen Einblick in diese Welt ohne Ton bekommen und ich muss sagen, dass es sich doch schon sehr, sehr ungewohnt angefühlt hat. Einem wird erst bewusst, wie selbstverständlich man es hinnimmt, dass man immer alles hört und vor allem, wie anders es wäre, könnte man das nicht. Auf der anderen Seite ist mir nach ungefähr einer halben Stunde auch aufgefallen, wie sehr doch alles Gewöhnungssache ist, denn gegen Ende hin fiel es mehr nicht mehr so schwer, mitzukommen und auch die anfängliche - ich gebe es offen zu - Genervtheit, nun eine lange Serienepisode gänzlich ohne Ton anschauen zu müssen, war verflogen. Die Idee der Autoren, den Zuschauer so noch mehr in diese Welt hineinzuführen, war auf jeden Fall ganz großartig und auch wenn ich nach dem Anschauen mehr als froh bin, ein gutes Gehör zu besitzen, wird einem auch klar, dass es doch auf jeden Fall die selbe Welt bleibt - bloß mit dem Fokus auf andere Dinge. So nimmt man auch mal eher Dinge wahr, auf die man sonst gar nicht achten müsste, weil man sich einfach auf seine Ohren verlassen kann.

"We move in. And we stay until they change their decision."

Die Idee, den Zuschauer die Folge ohne Ton miterleben zu lassen, passte natürlich ganz ausgezeichnet zur Haupthandlung dieser Folge: Die Carlton Schule soll geschlossen werden und das gefällt den Schülern verständlicherweise überhaupt nicht. In dieser Folge wurde deutlich, wie viel ihnen die Schule bedeutet und dass es für sie ein Ort ist, an dem sie ganz sie selbst sein können und nicht Rücksicht nehmen müssen auf die "Normalhörigen". Gleichzeitig wurde aber auch deutlich, dass es sich bei den gehörlosen Schülern eben in erster Linie um ganz normale Teenager handelt, die auch bloß ihren Spaß haben, Partys feiern und unter Gleichgesinnten sein wollten. Eine besonders schöne Szene war die, in der die Idee zum Aufstand entstand, denn die Kids schwelgten sehr gefühlvoll in alten Erinnerungen. Eine wirklich schöne Szene, die damit endete, dass Daphne zum Kampf aufrief und die anderen begeistert folgten.

Es war sehr bewegend, zu sehen, wie die Gruppe diesen Aufstand plante und sich emotional hineinhängte. Trotzdem fand ich es von Anfang an schade, dass sie Bay und Noah nicht einweihen wollten und das, obwohl Bay ihnen mit ihrer Kunst sehr half.

Das Theaterstück fungierte dann als Zünder für die Bombe des Aufstandes und die Schüler verbarrikadierten sich in der Schule und weigerten sich, diese zu verlassen, bevor ihre Forderungen nicht erfüllt würden. Mir hat es richtig gut gefallen, dass in einer amerikanischen Serie die Jugendlichen mal so ein großes Projekt erfüllten und so für ihren Traum bzw. ihre Stütze kämpften. Daphne war natürlich die treibende Kraft im ganzen Szenario und ich persönlich war der Meinung, dass sie es mehr als bravourös gemeistert hat. Doch schon bald entstanden die ersten Dispute, denn natürlich gibt es auch bei Aufständen von Gehörlosen ein paar Anti-Kämpfer, denen das alles nach einiger Zeit zu heiß wird. In diesem Falle hatte die Gruppe Glück, dass "nur" zwei der Kids schließlich das Gebäude wieder verließen.

Insgesamt schien der Aufstand mehr als erfolgreich zu sein und es war natürlich besonders schön, mit anzusehen, wie die Carlton-Schüler nach und nach Unterstützung aus der ganzen Welt erhielten. Das gefiel natürlich nicht allen so gut, denn vor der Schule brodelte es nur so. Etwas genervt war ich hier von John, der sich in den vergangenen Folgen als sehr sympathisch erwiesen hatte und hier nur wieder ein verständnisloses Ich durchhängen ließ: Bloß mit allen Mitteln versuchen, die Kinder da herauszuholen - wenn nötig mit unfairen Mitteln. Doch zum Glück wurde sein Vorschlag nicht erhört und es sah zunächst aus, als könnte man durchaus etwas erreichen. Doch das Versprechen eines erneuten Meetings rund um das Schicksal der Schule reichte den Schülern nicht und sie blieben nach dem Besuch von Melody, die mir übrigens immer besser gefällt, weiter in der Schule. Ob das ein gutes Ende nehmen wird, wissen wir noch nicht, denn die Folge endete mit dem Eintreffen der Polizei und der Ungewissheit.

"So I'm here fighting for a school that's just going to kick me out?"

Sehr interessant in diesem ganzen Szenario waren natürlich die Rollen von Bay und Noah. Bay steuerte zunächst ohne weitere Fragen ihr Plakat zum Aufstand bei und war schließlich diejenige, die den Einbruch in die Schule überhaupt ermöglichte. Das konnten die meisten durchaus zu schätzen wissen, weshalb sie sich auch für sie einsetzten. Einen kleinen Gänsehaut-Moment erlebte ich natürlich, als Emmett Bay mit den Worten "It's your school, too." an der Hand nahm und in die Schule führte. Diese beiden haben einfach eine unbeschreibliche Chemie und nachdem sich offenbar etwas zwischen Noah und Daphen entwickelt, steht ihrem Glück eigentlich nicht mehr so schrecklich viel im Wege. Trotzdem hoffe ich, dass der Kuss und die wahrscheinlich folgenden Momente zwischen Daphne und Noah nicht zu einem großen Streit zwischen ihr und Bay führen werden. Denn ihre Beziehung steht momentan sowieso auf wackeligen Beinen, denn Daphne gehörte nicht zu den Schülern, die sich dafür einsetzten, dass Bay und Noah auf der Schule bleiben könnten. Diese Diskussion war eine sehr spannende, bei der man beide Seiten irgendwie verstehen konnte: Natürlich wollen sich die gehörlosen Kids zu Hause fühlen und eben NICHT Rücksicht nehmen müssen. Andererseits: Wo soll man die Grenze ziehen? Schüler wie Noah, die ein schlechtes Gehör haben und irgendwann möglicherweise nie mehr hören können, sollten doch auf jeden Fall die Chance haben, auf der Schule zu bleiben. Hier gab es eigentlich nur einen, der gänzlich gegen diese Option war und das war - wenig überraschend - Travis. So gut ich ihn auch verstehen kann, seine Anti-Haltung geht schon fast in Richtung Diskriminierung der Nicht-Gehörlosen und das kann doch auch keinesfalls das Ziel sein. Noch ist dieser Disput nicht gelöst und falls die Polizei das Ganze nicht in die Luft sprengt, kann man auf jeden Fall gespannt sein, was daraus wird.

"Why should I come out? So I can take care of you when you're passed out drunk?"

Als ganz kleine und fast schon unwichtige Nebenhandlung findet Daphne in dieser Folge ihre Mutter betrunken auf dem Sofa. Nun kann sie ihre Augen auch nicht mehr davor verschließen, dass Regina wieder der Alkoholsucht verfallen wird. Ein weiteres Thema, was in dieser Serie geschickt zweiseitig dargestellt wird. Denn natürlich kann man Daphnes Wut verstehen - ihre Mutter hat sie angelogen und handelt sehr verantwortungslos. Doch genauso fühlt man mit Regina mit, die sich hilflos fühlt und keinen anderen Ausweg weiß als den Alkohol. Es tut mir wirklich weh, sie so zu sehen und ich hoffe sehr, dass man irgendeine Lösung finden wird, die nicht den Bruch der ganzen Kennish-Vasquez-Familie zur Folge hat.

Fazit

Eine wahnsinnig interessante Folge, bei der mehr als mutig etwas vollkommen Neues ausprobiert wurde. Der Zuschauer erhielt einen sehr anschaulichen Einblick in die Welt der Gehörlosen und wurde auf eine ganz andere Art und Weise auf die Probe gestellt. Man brauchte so seine Eingewöhnungszeit, doch dann hat man mal ganz anders eine Serie angeschaut als sonst immer. Hut ab für diese Idee! Handlungstechnisch brauchte die Folge allerdings ein Weilchen, bis sie in Schwung kam, deshalb noch nicht die volle Punktzahl.

Klara G. - myFanbase

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