Bewertung

Review: #3.16 The Image Disappears

Es ist immer unglaublich schwer, Folgen wie die dieswöchige "Switched at Birth"-Folge zu bewerten, weil tragische Ereignisse so gut wie immer eine gewisse Schwere und Traurigkeit auf eine Folge abladen, die selbstverständlich gerechtfertigt ist. Trotzdem hat es in der Vergangenheit schon Serien gegeben, die es geschafft haben, auch tragischste Ereignisse unterhaltsam darzustellen und kein Gefühl der Starre auszulösen. Und auch "Switched at Birth" konnte in der Vergangenheit mit Handlungssträngen wie Johns Herzinfarktmehr als überzeugen, weil sie mit Kreativität, viel Gefühl und trotzdem Dynamik umgesetzt wurden. Das hat mir in dieser Folge ehrlich gesagt ein wenig gefehlt.

"Braindeath is death."

Nach Angelos Unfall in der letzten Woche musste sich die Familie in dieser Episode mit den Folgen auseinandersetzen. Während alles zunächst nicht ganz so dramatisch aussah, war nach der Hälfte der Folge klar, dass er das Ganze nicht überleben würde. Das war mir persönlich ein wenig zu plötzlich und vor allem der Wechsel von "Zustand ist stabil, alles in Ordnung" zu "Hirntod" wirkte etwas gehetzt auf mich. Natürlich ist das durchaus realistisch, doch hier wurde Angelo damit meiner Meinung nach doch ein bisschen Unrecht getan. Nach der furchtbaren Nachricht – und natürlich auch schon zuvor – galt es für die Betroffenen, dies zu verkraften. Das ist bei einer Diagnose wie Hirntod bestimmt besonders schwer, eben weil die Person, wie Bay schon bemerkt, nach außen hin wirkt wie immer und ja sogar einen Herzschlag hat. Ihr und Regina fiel es, wie es zu erwarten war, am schwersten, die Tatsache zu akzeptieren, dass Angelo sterben würde. Doch auch in das, was in den anderen Charakteren vorging, bekam man einen Einblick, was immer etwas Spannendes und sehr Interessantes ist. Hier gefielen mir mit Abstand die Szenen zwischen Regina und Angelo am besten, da wir auch Momente zu sehen bekamen, die lange vor „unserer“ Zeit stattfanden. Regina gehört für mich zu einem der vielfältigsten und interessantesten Charaktere der Serie und das Drama rund um die Tatsache, dass sie schon vor langer Zeit Vertauschung in Kenntnis erfahren hatte, war schon ein wenig in Vergessenheit geraten, kam aber hier wieder auf. Auch der Vaterschaftstest, den Angelo damals durchführte, wurde wieder thematisiert und erneut muss man hier beide Seiten verstehen – welcher Vater würde schließlich bei einem negativen Vaterschaftstest keine gar nicht mal allzu voreiligen Schlüsse ziehen, sondern stattdessen an eine Vertauschung seines Kindes bei der Geburt denken? Und welche Mutter wäre angesichts eines so heftigen Vorwurfs nicht gekränkt und wütend? Genau solche Konflikte, die niemals einseitig oder schwarz und weiß sind, zeichnen SAB aus und die Momente zwischen Regina und Angelo bereiteten wirklich Gänsehaut, besonders natürlich ihr „Alternativende“, das sie sich kurz vor Schluss der Folge vorstellte.

Während Reginas Visualisierungen also wirklich überzeugend waren, hatte ich meine Schwierigkeiten mit denen von Bay und Daphne. Natürlich war es rührend zu sehen, wie lieb die beiden ihren Vater gewonnen hatten und gleichzeitig tragisch, dass sie die sich vorgestellten Momente mit ihm nun niemals erleben würden. Trotzdem waren für mich diese Szenen ein wenig zu viel des Guten und ich konnte nicht ganz so viel mit ihnen anfangen.

"Sometimes love means doing what the other person wants, even if it's not what you want."

Während es schon schlimm genug ist, sich mit dem Tod eines nahen Angehörigen auseinander zu setzen, stand die Kennish/Vasquez-Familie auch noch vor einer anderen Frage: Sollten Angelos Maschinen abgeschaltet werden und wenn ja, was sollte mit seinen Organen geschehen? Das Thema Organspende ist besonders in Deutschland ein immer aktuelles und es hat mir gut gefallen, dass es hier aufgegriffen wurde, da auch hier beide Seiten der Medaille anschaulich und verständlich beschrieben wurden. Bays Weigerung, Angelos Tod zu akzeptieren, die Maschinen abzuschalten oder seine Organe freizugeben, zeigte sehr realistisch die Verzweiflung eines jeden Familienmitgliedes in so einer Situation. Gleichzeitig verstand besonders Daphne, dass es Zeit war Abschied zu nehmen und Angelo durch eine Organspende noch etwas Gutes tun konnte. Er hätte es schließlich so gewollt. Während man dies zunächst nur vermuten konnte, stoßen Bay und Emmett irgendwann auf das entscheidende Papier, dass dies sogar beweist. Ein kurzes Hoch muss hier auf Emmett ausgesprochen werden, der Bay in dieser Folge rührend zur Seite stand und ein treuer, hilfsbereiter und trotzdem ehrlicher Freund war. Doch so verständlich Bays Verzweiflung auch war, ich persönlich war über den Fund des Testamentes sehr froh, denn ich hätte es nicht gerne gesehen, wenn diese Situation wieder zum Krieg zwischen Bay und Daphne geführt hätte. Dies hätte ich trotz allem Verständnis für Bay als ermüdend empfunden. Statt hier also weiter gegen die Wand zu fahren, bekamen wir stattdessen überraschenderweise eine klitzekleine Familienzusammenführung der besonderen Art zu sehen, denn Bay nahm Kontakt zu Angelos Mutter – ohja, Angelo hatte eine Mutter – auf. Das Telefonat der beiden war nicht lang, doch nicht minder rührend und ein kleines Licht für Bay in dieser dunklen Zeit. Ich bin gespannt, ob wir sie noch einmal zu sehen bekommen werden, ich würde mich darüber freuen.

"Whoa. Angelo is in the hospital with a brain injury and you were off taking some stupid test?"

Daphne kam in dieser Folge eine ganz besondere Rolle zu, da sie sich in der letzten Staffel ja unglaublich viel mit Medizin beschäftigt hatte und außerdem in der letzten Folge endlich einen großen Schritt in Richtung Angelo gemacht hatte. Kaum versöhnt, schon ist es wieder vorbei mit der Vater-Tochter-Beziehung. Während Daphne mir im Laufe der Staffeln einige Male schon gehörig auf die Nerven ging, bewies sie in dieser Folge – bis zu den letzten Sekunden, aber dazu später mehr – wirklich klasse. Sie kümmerte sich rührend um Angelo, doch nicht nur das, sie informierte sich gleichzeitig und versuchte trotz der unglaublich emotionalen Situation vernünftig zu bleiben. So muss ich sagen, dass ich es ihr nicht übel nahm, zum Test hingegangen zu sein. Es war schließlich nicht irgendein Test, sondern einer, der erheblich den Verlauf ihrer weiteren Karriere bestimmen würde. Und Regina hatte wirklich Recht damit, als sie Daphne gut zuredete. In dem Moment ging es Angelo noch nicht dramatisch schlechte und es hätte sich noch um weitere Monate im Krankenhaus handeln können, da hätte Daphne nicht ewig bei ihm bleiben können. Als Angelos Werte dann jedoch schlechter wurden und Daphne zurück ins Krankenhaus eilte, konnte ich nicht umhin mich zu fragen, ob das nun bedeutete, dass ein Studium der Medizin für sie nicht mehr möglich war? Das fände ich mehr als schade und sollte dies der Fall sein, wäre ich den Autoren auch etwas böse, denn dieser Handlungsstrang hatte wirklich Potential.

"When my kids are in trouble, I want them to come to me whether or not they believe in me."

Es darf natürlich nicht fehlen, meine Lieblingscharaktere der letzten Wochen zu erwähnen: Kathryn und John. Sie hielten sich in dieser Folge eher im Hintergrund, hatten sie doch nie eine allzu enge Beziehung zu Angelo, doch auch in dieser Position konnten sie auf ganzer Linie überzeugen. Besonders Kathryn war unglaublich emotional und empathisch und nahm sich Regina an. Die Szene, in der sie Regina zum Beten ermutigte, hatte etwas unglaublich Rührendes an sich und die beiden Frauen wirkten hier wirklich wie eine Familie – großartig. Auch Reginas Ausbruch nahmen sowohl Kathryn als auch John ohne jegliche Wut hin und zeigten vollstes Verständnis für ihre Situation. John hatte außerdem mit eigenen Schuldgefühlen zu kämpfen, da er immer ein besonders schwieriges Verhältnis zu Angelo gehabt hatte und ihm deshalb einen Kredit verwehrt und ihm seinen Misserfolg sogar gegönnt hatte. Hier zeigte SAB mal wieder mit besonderem Feingefühl, wie es bei schlimmen Schicksalsschlägen nicht nur diejenigen trifft, die dem Opfer besonders nahe standen, sondern auch die, die es vorher nicht einmal besonders gut leiden konnten. Niemand machte John einen Vorwurf und auch Kathryn erklärte ihm, er sei eben einfach menschlich.

"This is all your fault."

Ein Aspekt blieb fast die ganze Folge über ungeklärt und es wurde gerätselt, wie Angelos Unfall eigentlich passieren konnte, was die Ursache war. Ehrlich gesagt habe ich mich an der Auflösung dann etwas gestört. So tragisch Angelos Tod auch ist, so hätte ich hier mit einer größeren Enthüllung gerechnet. Natürlich wäre es schrecklich gewesen – besonders für Regina - , doch die Suizid-Idee ließ mich aufhorchen und leuchtete mir aus verschiedenen Gründen ein. Als dann die Polizei ins Spiel kam, lief es mir auf einmal kalt den Rücken hinunter und ich überlegte, ob es nicht etwas mit Reginas Geschäften oder Wes zu tun gehabt und möglicherweise sogar Mord gewesen sein könnte. Vielleicht habe ich einfach zu viele Krimis gesehen, doch die Enthüllung von Angelos Aneurysma war für mich dann doch etwas unspektakulär. Allerdings gefiel mir daran, dass man so wenigstens niemandem die Schuld dafür geben konnte, denn bei Selbstmord oder Mord hätte Regina wahrscheinlich aus Schuldgefühlen nie wieder glücklich werden können. Es gibt nur leider jemanden, der trotz natürlicher Todesursache Regina das Ganze in die Schuhe schiebt, und das ist Daphne. Es deutete sich in der zweiten Hälfte der Folge schon an und während ich hoffte, es würde anders kommen, zeigte sich dann in der Schlussszene, wie wütend Daphne auf ihre Mutter war. Diese Schuldzuweisung halte ich für absolut ungerecht und auch nicht zu der Daphne, die in dieser Folge sonst so viel Vernunft und Reife bewiesen hat. Der Stress, der das Aneurysma zum Platzen gebracht hat, hätte nun wirklich von allem ausgelöst werden können, denn Stress hatte Angelo nun wirklich genug in letzter Zeit. Da Daphne den großen Streit zwischen ihm und Regina miterlebte, war diese Reaktion vorherzusehen, ich war trotzdem enttäuscht, dass es wirklich so kam.

Fazit

Eine Folge, die man sich mit gemischten Gefühlen angesehen hat und nach der ein etwas ungutes Gefühl im Bauch zurückbleibt. Nun ist Angelo also tatsächlich tot und das wird sich mit Sicherheit maßgeblich auf den weiteren Verlauf der Staffel auswirken – wie gut dies dann umgesetzt wird, bleibt abzuwarten.

Klara g. - myFanbase

Die Serie "Switched at Birth" ansehen:


Vorherige Review:
#3.15 Und wir tragen das Licht
Alle ReviewsNächste Review:
#3.17 Mädchen mit Totenmaske

Diskussion zu dieser Episode

Du kannst hier mit anderen Fans von "Switched at Birth" über die Folge #3.16 The Image Disappears diskutieren.