Bewertung

Review: #3.06 Motel California

Foto: Dylan O'Brien & Tyler Posey, Teen Wolf - Copyright: MTV/Bob Mahoney
Dylan O'Brien & Tyler Posey, Teen Wolf
© MTV/Bob Mahoney

Eine Füllerepisode der Extraklasse! "Motel California" ist im Grunde eine Stand-Alone-Folge, die die Haupthandlung nicht wirklich vorangetrieben, aber unwahrscheinlich gut unterhalten hat. Und zwar, weil man sich hier des guten, alten Settings eines heruntergekommen Motels bedient hat, um eine richtig schöne Horror-Episode einfließen zu lassen mit Psychoterror, verwirrenden Charaktermomenten, tollen Kameraeinstellungen und dazu noch großen Emotionen.

"Welcome to the [M]otel California. You can check-out any time you like, but you can never leave!"

Wer den Eagles-Song "Hotel California" kennt, konnte sich direkt denken, dass uns ein verworrener Ritt erwartet, und die in der Zwischenüberschrift genannte Textzeile ist in diesem Alptraum-Motel tatsächlich Programm. Die Rezeptionistin aus der Hölle erklärt Lydia nicht ohne Stolz, dass dieses Etablissement das führende sei, wenn man nach dem Motel, in dem die meisten Selbstmorde verübt wurden, sucht. Gibt es da tatsächlich eine Statistik? Das Glen Capri jedenfalls kann in den letzten 40 Jahren stolz auf 198 Selbstmorde zurückblicken. Glen Capri ist übrigens tatsächlich der Name einer Motel-Kette in Glendale, Nähe Los Angeles, und die Außenaufnahmen zeigen das ursprüngliche Motel, das schon oft als Set für Filme gedient hat.

Nachdem wir in der Anfangssequenz erfahren hatten, dass ein Mitglied der Argent-Familie, Alexander Argent, sich 1977 just in diesem Hotel selbst erschossen hat, nachdem er bei Vollmond von einem Werwolf gebissen wurde, baute sich die Spannung rund um dieses Alptraum-Motel sehr schnell auf, als einige Mitglieder des Lacrosse-Teams nach dem Absteigen in diesem Etablissement und der Zimmerverteilung sofort anfingen, verrückt zu spielen. Es ließ sich zunächst kein Grund erkennen und auch kein Muster. Scott sah seine roten Alpha-Augen für einen Moment aufblitzen und besuchte bald darauf Allison beim Duschen in ihrem Bad. Boyd schlug wütend die Scheibe eines Snackautomaten ein, als sein Erdnussriegel steckenblieb. Soweit alles noch im Rahmen, wenn Teenager eine Nacht zusammen in einem Motel abgestellt werden. Sehr bald aber begann alles verdächtig an die Ereignisse aus #2.09 Party oder Ähnliches zu erinnern, wo die Werwölfe nach der unwissentlichen Einnahme von Wolfseisenhut von Halluzinationen ihrer größten Ängste heimgesucht wurden. Hier wurde zusätzlich Spannung erzeugt, indem sich die Zahl der Selbstmorde auf dem Motel-eigenen Zähler plötzlich um drei erhöhte. Scott und Isaac waren dabei zwar noch eine sichere Bank, aber nachdem man sich Ericas bereits entledigt hatte, konnte man sich Boyds nicht wirklich sicher sein. Und da war ja auch noch Ethan.

Isaac kam bei dieser Art Psychoterror leider die unspektakulärste Rolle zu. Wir wissen bereits, dass er von seinem Vater misshandelt wurde und dass diese Ereignisse noch schwer auf seiner Seele lasten. Daniel Sharman spielte die kleine Hommage an den Motel-Horrorklassiker "Psycho", in der Isaac beide Seiten der Auseinandersetzung mit seinem Vater nachstellt, die ihm ursprünglich die ungeheure Bestrafung, in die Kühltruhe eingesperrt zu werden, einhandelte, zwar großartig, aber leider hatte er ansonsten keine oder kaum Interaktion mit den anderen Figuren, was nicht zuletzt aufgrund der sich entwickelnden Bromance mit Scott einfach bedauerlich ist.

Von Boyd erfuhren wir allerdings mal ein wenig Hintergrundgeschichte. Er hat also als kleiner Junge seine Schwester Alicia verloren, während er damit beauftragt war, auf sie aufzupassen. Darunter litt er hier in seiner Trance und deshalb wollte er sich in der Wanne ertränken. Große Emotionen ruft diese Szene allerdings nicht hervor, man weiß einfach zu wenig über Boyd, als dass man mit ihm mitfühlen könnte. Ethan dagegen bekam in dieser Episode schlagartig einiges an Profil und das eigentlich mit ein paar einfachen Kniffen. Zum einen landet er mit Danny im Bett und darf in einer für eine Teenieserie wirklich erstaunlich expliziten Sexszene ein wenig echte Gefühle für Danny durchscheinen lassen. Danny kennt die tiefere Bedeutung von Ethans Worten zwar nicht, aber der Zwillingsalpha scheint sich tatsächlich zu wünschen, dass Danny einer von ihnen wird oder zumindest nicht zu Schaden kommt. Zum zweiten geht das Zwillingsdasein und das Teilen des Riesenalpha-Körpers nicht spurlos an ihm vorüber, denn er will die zweite Gestalt, die sich in seinem Körper befindet, mit der Kreissäge herausschneiden. Zum dritten zeigt sich in ihm eine bisher noch nicht zutage getretene Art von Ehre und Anstand, als er sich bei Scott für die Rettung seines Lebens bedankt und ihn dafür wissen lässt, dass Derek noch lebt. Dies ist bisher das beste Stückchen Charakterarbeit, das wir von Deucalions Handlangern zu sehen bekommen haben. Und angesichts dieser Charakterzüge Ethans kündigt sich schon ein ausgewachsener Zwist innerhalb des Alpharudels an, nämlich für den Zeitpunkt, an dem das Rudel erfährt, dass nicht Derek sondern Deucalion ihren Kumpel Ennis ermordet hat.

Scott kommt der weitaus emotionalste Teil der Haupthandlung zu. Er sieht, wie Deucalion seine Mutter abschlachtet, und diese Halluzination drängt ihn dazu, Harakiri machen zu wollen. In Anwesenheit von Allison, Lydia und Stiles erklärt der vollkommen verzweifelte und von Selbstvorwürfen zerfressene Scott, dass er sich sein Leben, wie es vor der Verwandlung war, zurückwünscht. Damals war er ein Niemand, aber er war auch nicht für den Schmerz all seiner Freunde verantwortlich. Jetzt möchte er wieder niemand sein – im wahrsten Sinne des Wortes. Tyler Posey spielt Scotts Abschiedsrede an seine Freunde schon wirklich berührend, aber Dylan O'Brien entpuppt sich hier erneut als absoluter Scene-Stealer! Er beherrscht die komödiantischen Momente wie kein anderer in der Serie, aber in den emotionalen Momenten kann ihm auch kaum einer seiner "Teen Wolf"-Kollegen das Wasser reichen. Stiles' Tränen, als er mit den Worten, Scott sei sein bester Freund, im Grunde sogar sein Bruder, in die Benzinpfütze tritt, um gegebenenfalls mit Scott durch die Hölle zu gehen, lieber aber noch, um ihn retten, dürften niemanden ungerührt gelassen haben. Egal, dass man wusste, dass weder Scott noch Stiles draufgehen würden, hier hat man einfach wirklich richtig mitgefühlt!

Die Freundschaft zwischen Scott und Stiles ist ebenso über jeden Zweifel erhaben wie die Bindung zwischen Scott und Allison. In beide Gefüge wurde in der aktuellen Staffel zwar ein wenig Isaac beigemischt, aber die Dosierung dessen gefällt mir ausgesprochen gut. Ich sehe in Isaac keinen Konkurrenten für Scott um die Gunst von Allison und auch keinen für Stiles um die Freundschaft mit Scott. Während Stiles der althergebrachte Fels in der Brandung für Scott ist, wirkt Isaac mehr wie ein kleiner Bruder. Das kann perfekt nebeneinander funktionieren. Und etwas Romantisches sehe ich an Isaacs Horizont noch nicht so bald, dafür ist der Charakter noch viel zu verloren und von seinen psychischen Problemen belastet.

"There were voices down the corridor, I thought I heard them say... Welcome to the [M]otel California."

Das Rätsel um Lydia ist in dieser Episode im Grunde das interessanteste, da es Auswirkungen auf die restliche Staffelhandlung haben wird. In Staffel 2 konnte sie den toten Peter Hale sehen und war gezwungen, seine Pläne zu verwirklichen. In der aktuellen Episode hörte sie die Stimmen der vormaligen Selbstmörder und erkannte in Zusammenarbeit mit Sherlock Stiles, dass sie dadurch die Selbstmorde der Werwölfe verhindern konnte. Diese seherischen Fähigkeiten könnten bedeuten, dass wir es bei ihr mit einer Druidin zu tun haben – einer guten Druidin im Ausgleich zu dem bösen Druiden, dem Darach. Den wir übrigens in dieser Episode zum ersten Mal zu Gesicht bekommen haben. Lydia sah seine Gestalt in den Flammen, die durch Scotts Beinahe-Selbstmord ausgelöst wurden, und die meisten "Vampire Diaries"-Fans werden wohl nicht umhin gekommen sein, eine frappierende Ähnlichkeit zwischen ihm und Silas zu sehen.

Die Tatsache, dass der Darach am Motel auftauchte, war gleichzeitig eine Spaßbremse wie ein Katalysator für neue Fragen. Spaßbremse deshalb, weil das mit Trillerpfeife und Wolfseisenhut eine unendlich lahme Erklärung für die herrlich verrückten Vorgänge in diesem Motel ist. Zudem erklärt es die anderen Selbstmorde nicht. Neue Fragen wiederum wären: Wer hatte Zugang zur Trillerpfeife des Coachs? Seine Lehrerkolleginnen Ms. Blake oder Ms. Morell? Ist die Silas-ähnliche Gestalt die einzige Gestalt des Darachs oder ist er auch ein Gestaltenwandler? Warum will er jetzt schon Werwölfe töten? Sind sie nicht sein Endgame? Ist er selbst überhaupt ein Big Bad oder eher das neue Kanima? Wer ist dann sein Meister? Gerard Argent?

"This could be Heaven or this could be Hell"

Dereks Storyline kränkelt im Moment leider sehr. Seine Szenen dienten allein der Intensivierung der Beziehung zu Jennifer Blake, aber der Funke vermochte nicht überzuspringen. Man hatte als Zuschauer keinen Moment Angst um sein Leben und dennoch irritierte es ein wenig, dass Jennifer auch nicht allzu sehr darum zu bangen schien. Zumindest hielt sie es für den passenden Moment zum Flirten und intim zu werden. Klar, die Tatsache, dass man Tyler Hoechlin endlich in einer Liebesszene sehen konnte, lenkte schon sehr davon ab, dass eigentlich große, schwarze Wunden an Dereks Körper klafften, aber doch nicht genug, um sich nicht zumindest zu fragen, was Jennifer für eine Frau sein muss, wenn sie sich in dieser Situation auf die Liebe einlässt. Sie kennt Derek so gut wie gar nicht, er warnt sie vor sich selbst, er hatte bei zwei ihrer drei bisherigen Treffen große offene Wunden und sie kommt ihm mit dem Vorschlag, sein Überleben zu verheimlichen und Vorteil daraus zu schlagen. Da stimmt doch etwas nicht! Wer ist diese Frau? Wir wissen verdächtig wenig über sie! Derek allerdings verfällt ihr mit Haut und Haar. Sein übliches Misstrauen ist wie weggeblasen. Seine Wunden heilten zuvor nicht, weil er keine Hoffnung mehr hatte. Nachdem Jennifer ihm ein wenig Wärme und Zuneigung geschenkt hat, heilen sie sofort.

Randnotizen

  • Gerard Argent war nicht tot. Das wussten wir im Finale der zweiten Staffel. Aber es wäre hier trotzdem schön gewesen, wenn man seinen Namen nicht schon in den Credits am Anfang genannt und damit die Überraschung des zeitigen Wiedersehens vorweg genommen hätte.
  • Deucalion hat Chris Argents Onkel Alexander auf dem Gewissen und Chris weiß, dass Allison das Familiengeschäft wieder aufgenommen hat. Damit dürfte er auch wieder im Spiel sein. Sehr gut!
  • Holland Rodens Augen spiegelten die Spannung des Zuschauers eindrucksvoll wieder. Sie mausert sich hier im Rahmen ihrer Anforderungen zu einer ausdrucksstarken Schauspielerin!
  • Das Fehlen Coras an der Seite ihres Bruders, genauso wie die hartnäckig fehlende Erklärung über ihren Verbleib in den letzten sechs Jahren, macht sie zunehmend suspekt!

Fazit

Das Tempo in dieser Episode war gewohnt hoch, die Handlung der einzelnen Figuren gut verknüpft, die emotionalen Momente überzeugten in der Haupthandlung auf ganzer Linie, nur auf Dereks Nebenhandlung hätte man beinahe verzichten können, wenn sie nicht letztlich noch im Hinblick auf das Überwinden der Hoffnungslosigkeit sehr gut mit Scotts Nervenzusammenbruch parallel geschaltet gewesen wäre.

Nicole Oebel - myFanbase

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