Review: #3.22 Kampf des Verstandes
Nach der etwas ruhigeren und weniger spektakulären Folge der letzten Woche geht es bei "Teen Wolf" jetzt in die Vollen und in großen Schritten aufs Finale zu. Viele Schauplätze mit dramatischer Handlung, perfekt inszenierter Action und gelungenen Effekten sorgen dafür, dass man emotional in verschiedene Richtungen gezerrt wird, und das obwohl alle Handlungsstränge gekonnt miteinander verflochten sind und zum Hauptplot gehören. Jeff Davis präsentiert diese Woche ein Drehbuch, das auf eindrucksvolle Weise zeigt, was es für ein Gewinn es ist, wenn die Autoren genauso an den Details einer langjährigen Storyentwicklung interessiert sind wie die Fans. Charakterzeichnungen werden abgerundet, indem man althergebrachte Konflikte erforscht, das wiederum erzeugt Spannung, und es werden nicht nur die langjährigen Zuschauer belohnt, auch bekommt jeder einzelne Darsteller gutes Material, um richtig Gas geben zu können.
"The kind of spirit that's lived too long to play by human rules."
Nur mal kurz vorweg: Wo war "Outfoxing the fox" geblieben? Bestand Sheriff Stilinskis Plan tatsächlich nur darin, VoidStiles Handschellen anzulegen? Das erinnert mich doch wirklich wieder an meine "Ghostbusters"-Lieblingsstelle: "Schnappt sie euch, das war dein ganzer Plan?" Phantastischer Plan! Naja, der gute Wille zählt und bei Papa Stilinski sowieso! Außerdem gipfelte der misslungene Plan in einer großartigen Fortsetzung des Western-Duell-Motivs, denn nach der "Hi Dad"-Gegenüberstellung der letzten Woche fiel es VoidStiles in etwa genauso leicht wie Bud Spencer und Terrence Hill, seine Gegner an die Wand zu klatschen, bis sich die Cowboys mit den Pistolen in der Hand selbst in eine Pattsituation manövrierten: Chris Argent mit seiner Waffe auf Stiles, Sheriff Stilinski mit seiner auf Chris Argent gerichtet. Und wie VoidStiles sich die Verlagerung der Gewalt, als die Oni herein schwebten, zur Nutze machte und sich – ganz der schlaksige, wehrlose Teenager – von seinen eben-noch-Angreifern verteidigen ließ, war einfach zum Niederknien!
Zum Niederknien war diesmal auch fraglos wieder Dylan O'Briens Darstellung. Noch in keiner Episode zuvor durfte er so oft und schnell zwischen Stiles, VoidStiles und VoidStiles, der Stiles spielt, hin und her switchen. Stellvertretend sei da nur der Moment mit Mama McCall genannt, als diese auf Stiles' Tränen reinfiel. Welche Mutter oder überhaupt welcher Mensch mit einem schlagenden Herzen in der Brust wäre darauf nicht reingefallen? VoidStiles hat seine Marionetten fest im Griff und das, weil er nicht nur über Stiles' Körper, sondern auch über dessen Wissen verfügt. Und das macht sich der böse Fuchs für sein Spiel in wahrer Brillanz zu nutzen, indem er die vereinte Front rund um Scott und seine Freunde aufbricht und ihre alten, kaum verheilten Wunden aufreißt.
Seinen Anfang nimmt dies in einer Konfrontation zwischen Noshiko Yukimura und VoidStiles im Keller des Eichen House, wo Rhys' Leiche verborgen liegt. Wir erleben dort eine ziemlich machtlose Noshiko, die ihre Oni zurückgepfiffen hat, weil sie anscheinend nun doch kein Teenager-Leben mehr opfern will, und die nicht verhindern kann, dass VoidStiles ihren letzten Fuchsschwanz / Dolch stiehlt und ihn sich den Bauch rammt. Nur kurz am Rande: Niemand darf die Bauchmuskeln der einzigen Sahneschnitte zerschneiden, die wir in der Show noch nicht shirtless zu sehen bekommen haben! Niemand! Die Horde der Fliegen, die aus Stiles' Bauch entweicht, sorgt nun für das rasante Chaos, das diese Folge zu einer Zerreißprobe macht. Die Szenen, in denen je eine der Fliegen sich in Isaac, Derek, Ethan und Aiden einschleicht, waren ungeheuer ekelhaft und weckten vermutlich den Insektophobiker in jedem von uns.
Und damit wurden die zum Wohle eines besseren Miteinanders im Kampf gegen gemeinsame Feinde beiseitegelegten Konflikte wieder ans Tageslicht befördert. Isaac sieht nun nämlich keinen Grund mehr, die Zwillinge nicht für ihre Beihilfe zum Mord an Erica und Boyd zur Rechenschaft zu ziehen, die Zwillinge werden durch nichts mehr davon abgehalten, sich aufgrund ihres unterschiedlichen Temperaments zerfleischen zu wollen, und Derek hält es für an der Zeit, die Argents niederzubrennen, wie sie einst seine Familie niedergebrannt haben. Besonders hervorzuheben ist an dieser Stelle die wunderbare Chemie zwischen Tyler Hoechlin und JR Bourne, und vor allem Hoechlin darf mal aus der üblichen wütend-cool-überlegenen Rolle des Derek ausbrechen und dessen Hirnverbranntheit mit viel Elan zur Schau stellen. Bitte sehr viel mehr davon!
"Do I actually have to remind you that you're a werewolf?"
Der Episodentitel De-Void hat nicht enttäuscht, es hat eine gewisse Trennung zwischen Stiles und VoidStiles stattgefunden, und wie es dazu kam, ist in vielerlei Hinsicht genial. Zum einen ist da das "Wer": Lydia und Scott als Team sind einfach die perfekte Wahl. Scotts Verbindung zu Stiles ist nicht zu toppen und wenn überhaupt dann von Lydia, dem Mädel, das in Stiles' Träumen im Staffelbeginn wie selbstverständlich in seinem Bett lag. Lydia kam in dieser Staffel bisher ein wenig zu kurz, das aber wird hier dadurch wettgemacht, dass sie diejenige sein darf, die den wiedermal auf dem Schlauch stehenden Scott den Schubser in die richtige Richtung gibt. Während die beiden sich in Stiles' Kopf befinden, erinnert sie ihn daran, dass sein Rudel nunmal nicht nur aus Werwölfen besteht und er auch Stiles mit seinem Alphagebrüll erreichen kann. Und sie hat Recht!
Zum anderen ist da das "Wie": VoidStiles wird mit Kanima-Gift betäubt – Verknüpfung mit Staffel 2. Peter Hale lehrt Scott den Griff in den Nacken, um in Stiles' Kopf eindringen zu können – Verknüpfung zum Staffelauftakt 3a, als Peter damit Informationen aus Isaac herausholte. Scott und Lydia finden sich in Stiles' Kopf zunächst ans Bett fixiert wieder – Verknüpfung zu Stiles' Erlebnissen aus der aktuellen Staffel #3.18 Echo House. Dann irren beide durch ein Labyrinth aus Erinnerungen, Lydia im Abschlussballkleid und Scott knutschend im Schrank mit Allison – Verknüpfung mit Staffel 1 und 2. Und schließlich landen sie wieder im cinematographischen Jenseits, dem strahlend weißen, leeren Großraumbüro – Verknüpfung zu Staffel 3a – in welchem der Nogitsune mit Stiles auf dem Nemeton sitzt und die beiden in das japanische Strategie-Spiel "Go" vertieft sind.
Der böse Fuchs verwickelt Sherlock Stiles also in ein Strategie-Spiel, bei welchem Leben und Tod grundlegende Elemente sind. Tot ist eine Gruppe beim "Go", wenn sie auf keinen Fall gerettet werden kann, und der Nemeton ist ein Ort des Gleichgewichts zwischen Gut und Böse. Im Staffelauftakt zog der Nemeton Stiles in seinem Traum magisch an und wollte, dass er seine Hand auf dem Baumstumpf legt. Der Nogitsune war zu diesem Zeitpunkt ja bereits erweckt. Wie also soll das Gleichgewicht wieder hergestellt werden? Stiles ist nicht tot, momentan sieht es so aus, als sei er fürs Erste gerettet. Durch Scotts Alphagebrüll in seinem Kopf und erstaunlicher Weise genau zu dem Zeitpunkt, als Lydia Peter Hale den Namen seiner Tochter, Malia, nennt, würgt VoidStiles in einer sehr gut gemachten Szene meterlange Verbände aus, aus denen der echte Stiles emporsteigt – aber VoidStiles ist noch da und kann ungesehen mit Lydia verschwinden! Bekommen wir also den ultimativen Showdown zwischen Stiles und VoidStiles? Wird Sherlock Stiles die Partie "Go" gewinnen?
Randnotizen
- Nicht nur Tyler Hoechlin darf Derek diesmal in einem anderen Licht zeigen, auch Ian Bohens Darstellung des Peter Hale bekommt neue Facetten. Als Lydia im Trancezustand die Nase zu bluten anfängt, ist er vor Sorge ganz außer sich. Das liegt zwar sicherlich vor allem daran, dass er den Namen seines Kindes von ihr wissen will, aber es macht nicht wenig Spaß, ein bisschen mehr in diesem Moment hinein zu interpretieren! Zumal kurz darauf der Flüstermoment folgte... Hui, was flogen da die Funken!
- Kira und Allison hatten als Kriegerinnen-Duo ganz schön viel Kick! Auf der Romantikebene allerdings muss ich zugeben, so sehr mir Scotts und Kiras scheue Annäherung über die gesamte Winterstaffel gefallen hat, so sehr war ich bei der Schrank-Knutschszene wieder daran erinnert, wie viel heißer das Knistern zwischen Scott und Allison war.
- "I guess that's the part where I say something witty. I'm not witty." Ach Isaac, wir sind so froh, dich zurückzuhaben, stell dein Licht mal nicht untern Scheffel! Auch wenn's diesmal mit dem Witz wirklich nicht so gut geklappt hat, so gibt es hoffentlich ein nächstes Mal!
- Lydias Banshee-Fähigkeiten werden klarer – diesmal sogar so klar wie die freundliche Stimme eines Navigationsgeräts. Ich muss sagen, mir fehlt noch immer ein wenig mehr vom guten, alten "Teen Wolf"-Humor, aber solche Momente wie der, als Aiden Lydia darauf hinweist, dass das Navi gar nicht eingeschaltet ist, sind unbezahlbar!
- Last but not least: Der McCall-Konflikt, der sich ganz sparsam über die Staffel verteilt angebahnt hat, könnte etwas werden, was auch erst in voller Breite in Staffel 4 ausgespielt wird. Die Stilinskis wissen, was es ist, und somit weiß es auch VoidStiles, und nachdem er in dieser Folge Mama McCall damit unter Druck gesetzt hat, ist man unheimlich zum Spekulieren angespornt. Kyle McCall verließ die Familie also wegen etwas, das Melissa getan hat. Hatte Melissa eine Affäre? Warum sollte Kyle dann aber auch seinen Sohn vernachlässigen? Ist er nicht sein leibliches Kind? Oder ist Scott sogar ein Findelkind, das Mama McCall aus irgendwelchen Gründen unerlaubter aus dem Krankenhaus mitgenommen hat? Dafür sieht Tyler Posey aber eigentlich viel zu sehr wie das wirklich Kind von Melissa Ponzio und Matthew Del Negro aus. Es bleibt spannend!
Fazit
"Teen Wolf" macht seine Sache so gut, wie man es sich nur wünschen kann. Als Ergebnis bekommen wir erneut eine faszinierende Episode in dieser wirklich atemberaubend guten Staffel, bei der die durch die Bank talentierten Beteiligten zeigen, wie sehr es sich auszahlt, sorgfältige Charakterarbeit und Storyentwicklung zu betreiben.
Nicole Oebel - myFanbase
Die Serie "Teen Wolf" ansehen:
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Informationen zur Episode
Englischer Titel: De-VoidErstausstrahlung (US): 10.03.2014
Erstausstrahlung (DE): kein Termin
Regie: Christian Taylor
Drehbuch: Jeff Davis
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