Bewertung

Review: #5.19 Die Bestie von Beacon Hills

Foto: Cody Christian - Copyright: Kerstin Fries
Cody Christian
© Kerstin Fries

Jeff Davis kündigte die Staffelhälfte 5B als einen einzigen großen Monsterfilm an, und was er meinte, sehen wir jetzt. Mehr als in anderen Staffeln gehören die Episoden zusammen, denn Action und Spannung reißen nicht ab. Wir sehen jedoch nur eilig vorbeisausende 40 Minuten, verdrehen unsere Gehirnwindungen bis zum Anschlag, und es wird immer schwerer, die eigenen Überlegungen und Hoffnungen der vergangenen Woche mit dem tatsächlichen Geschehen zu überschreiben. Was "Teen Wolf" hier an Spezialeffekt-lastigen Kämpfen auffährt, ist ganz schön wagemutig. In der Haupthandlung gibt es eine Menge Antworten, und alles Augenverschließen nützt nichts, Mason ist das Biest. War das Biest. Wo ist er nun? Wie Mason wurde ich als Zuschauer förmlich von diesem tobenden Biest verschluckt, obwohl es ganz klar die kleinen Momente der Episode waren, die mich berührt haben.

"I think I should probably have a gun. ... ... ... I probably shouldn't have a gun."

Ist Mason wirklich verloren? Sind wir als Zuschauer von diesem Monster verschlungen worden, in dessen Bauch wir gar nicht sein wollen? Ich glaube es nicht, und zwar weil zwischen all der Monsteraction diese kleinen aber feinen "Teen Wolf"-Momente aufgeleuchtet haben: Scotts stolzes Lächeln, als er hört, dass sein Rudel beisammen ist und pläneschmiedend auf ihn wartet. Seine Bewerbung um ein Stipendium, die an den Anfang der Staffel anknüpft, als die Hölle unser Rudel noch nicht verschluckt hatte. Stiles' unfehlbar liebenswerte Tollpatschigkeit, die angesichts seiner Entwicklung vielleicht überholt wirkt, durch Dylan O'Briens natürliches, komödiantisches Talent aber immer wieder ins Schwarze trifft. Und last but not least: Sheriff Stilinski und Lydia, die Parrish zurückholen und damit genau den Zusammenhalt wieder herstellen, der zuvor in dieser Staffelhälfte ihr Leben gerettet hat. Linden Ashby und Holland Roden ergänzen einander in dieser Szene perfekt, Linden mit seiner väterlich tonangebenden Ausstrahlung, Holland mit der Überzeugungskraft einer jungen Frau, die gelernt hat, auf sich selbst zu vertrauen, auch wenn das manchmal verwirrend ist.

Das waren die Charaktermomente, die mir Hoffnung geben, dass "Teen Wolf" so persönlich bleibt, wie es immer war. Mason kann noch nicht verloren sein. Selbst wenn uns erklärt wurde, dass der Teenager aufhört zu existieren, wenn das Biest sich wieder in den Mann von Gévaudan verwandelt, so hatte Masons "Tod" rein gar nichts persönliches. Und selbst wenn Mason für mich kein Herzenscharakter geworden ist, hier war zu wenig Drama. Das kann es noch nicht gewesen sein!

"Take their pain, take their life, take their power."

Es gab einiges an Antworten rund um die Bösen dieser Staffel, aber zu ihrer Motivation bleiben doch noch immer viele Fragezeichen. Sehr viel mehr als ich mir für die letzte Folge vor dem Finale gewünscht hätte. Deucalion lüftet endlich das Geheimnis, dass er sich absichtlich ein gemütliches Teestündchen in Theos Horrorkabinett gegönnt hat. Theo steht damit so sehr wie ein begossener Pudel da, dass der gerissene Werwolf-Kojote aus 5A nur noch eine verzerrte Erinnerung zu sein scheint. Seine Selbstüberschätzung hat ihn blinder gemacht, als Deucalion es je war. Warum aber hat Deucalion sich die Irrungen und Wirrung dieses Baby-Frankenstein-Chimärenrudels so lange angeschaut? Seine Motivation, Scotts Augen haben zu wollen, kann doch nur eine ebensolche List sein wie sein gesamter Auftritt vor Theo. Mal abgesehen vom zuletzt eher friedlichen Stand der Dinge zwischen ihm und Scott, hätte er sich Scott doch besser geschnappt, als dieser am Boden war und ohne sein Rudel dastand.

Hängt seine Motivation eher mit Gerard Argents Anwesenheit zusammen? Gerard war Deucalions wirklicher Gegner, und wenn Deucalion alles genau beobachtet hat, dann weiß er, dass Scott sich wieder einmal mit dem "necessary evil" verbündet hat. Genau das könnte es gewesen sein, was für Deucalion die Lage geändert hat. Denn wie Deucalion nun also Theo in das Einmaleins des brutalen Kräftediebstahls einweist, "wenn du ihnen die Schmerzen entziehst, dann ziehe immer weiter, bis du ihnen jegliches Leben und dabei auch ihre Kraft ausgesaugt hast", erinnert sehr an good old big bad Deucalion, der sein eigenes Rudel ermordete und dasselbe von seinen Rudel-Alphas und Derek verlangte. Deucalion ist jedoch auch in Historienfragen gut informiert, und wenn Gerard Argent sein Endgegner ist, dann braucht er dem Mörder von Gévaudan – wie es aussieht – doch nur freien Lauf zu lassen, anstatt Theo zu zeigen, wie man das Biest besiegt. Hier ergeben sich also wieder neue Fragen für das Finale.

"True evil only comes from corrupting something truly good."

Eine große Menge an Antworten bekamen wir heute durch die ungewöhnlich redseligen Dread Doctors. Wie wir von Valack wussten, gab es einen bestimmten Grund, dass Theo als erstes Versuchskaninchen ausgewählt wurde. Diesen Grund haben wir nun erfahren. Die Dread Doctors glaubten, um den perfekten Killer wiederzubeleben, bräuchten sie ein von Natur aus böses Versuchskaninchen. Theo war als Zehnjähriger bereit, den Tod seiner Schwester herbeizuführen und ihr sogar beim Sterben zuzusehen, um selbst in ein mächtigeres Wesen verwandelt zu werden. Der perfekte Böse als Hülle für den perfekten Killer. Aber dabei hatten sie sich getäuscht und durch das Experiment mit Theo gelernt. Es bedurfte der Zerstörung eines von Natur aus guten Menschen, um das wahre Böse zu erschaffen. Und tatsächlich, als Mason sich mit letzter Kraft aufbäumt, um mit seinen Freunden zu kämpfen, genau in diesem Moment geschieht die erste eigenständige Verwandlung in das Biest.

Und gerade weil damit feststeht, dass Theo niemals etwas anderes war als eigensüchtig, hat es mich sehr beeindruckt, wie sehr ich ihn in seiner verzweifelten Entschlossenheit, irgendwie heil aus der Sache rauszukommen, angefeuert habe. Hut ab vor Cody Christian! Theo hatte in 5A einen Traumeinstand. Auftritte in jeder Episode, ohne Ende Quality Time mit den Hauptfiguren, aber in 5B war er doch auf dem verlorenen Posten. Ging jedem auf die Nerven. Aber Cody Christian hat Theo mit weit mehr ausgestattet als mit umwerfend attraktivem Aussehen. Theo wirkte meistens selbstbewusst, gelassen, Herr der Lage - für einen gerade mal 20-jährigen Darsteller eine reife Leistung. Und selbst wenn ich nun kaum mehr einen echten Ausweg für ihn sehe, so wäre ich dennoch interessiert zu beobachten, wie Cody sich der Herausforderung stellt, aus diesem Charakter langfristig etwas zu machen.

Mason war alles andere als mein Traumkandidat für das Biest. Zu naheliegend, weil der einzige menschliche Teenager, der noch nicht vom Übernatürlichen heimgesucht wurde. Zu unwahrscheinlich, weil die persönliche Verbindung zu den Schurken fehlte und uns Informationen vorenthalten wurden. Die große Erkenntnis, dass er im Mutterleib einen Zwilling hatte (Verlorener-Zwilling-Syndrom) und deshalb zweierlei DNA in sich trägt, ringt mir entsprechend nicht mehr als ein Augenrollen ab. Wenn schon die Zwillingsthematik, dann wäre es ein echter Coup gewesen, die Staffel mit Ethan zu beenden, so wie sie mit (der Halluzination von) Aiden begonnen hat.

Herrlich war es nichtsdestotrotz zu sehen, wie endlich jemand den Dread Doctors den Kopf abreißt! Danke, Biest! Das war längst überfällig, vor allem nachdem man erneut das metallische Ding Dong hören konnte, als Theo sich wiedermal die Knöchel an den Stahlmasken wundschlug. Sind die Doktoren nun alle tot? Hatten sie gedacht, der perfekte Killer würde sie verschonen? Und wie sieht nun die Aufstellung im Finale aus? Sebastien Valet, Deucalion, Gerard Argent - Theo, die Chimären, Mason - Parrish, Lydia, Scotts Rudel. Ganz zu schweigen von Kira, Malia und dem Wüstenwolf. Viele Schauplätze, unklare Allianzen, mir raucht nach wie vor der Kopf!

Randnotizen

  • Theo erklärt, der Körper in der Röhre der Doktoren sei ein Nazi-Alphawerwolf. Na klar! Durch seinen Saft verlängern die Docs ihr Leben. Wenn Deucalion sich die Infusion der lähmenden schwarzen Brühe so leicht aus dem Arm ziehen konnte, wieso konnte dieser Alpha das nicht? Und wenn es das lebenserhaltende Elixier war, mit dem Theo die Chimären wiederbelebt hat, dann möchte ich gerne wissen, wie lange eine einzige Spritze dieses Mittels wirkt.
  • Parrish sieht in seiner Vision Lydia mit zerrissener Kehle. Stiles hatte eine Wendigo-Bisswunde und blutete neulich noch aus dem Ohr. Ich war extrem dankbar, dass das Thema Vorahnungen, Visionen und deren Unbestimmtheit heute durch Lydia angeschnitten wurde, aber die Schockmomente werden nicht gerade größer, je häufiger man uns mit solchen Bildern konfrontiert, wenn sie nicht irgendwann wieder aufgegriffen werden.
  • Scott konnte Deucalion in der Jungsumkleide – immer wieder ein phantastischer Treffpunkt für Krisengespräche – nicht wittern? Tyler Posey ist jetzt Produzent, wie er es nannte: Verbindungsmann zwischen Schauspielern und kreativem Team. Fällt ihm sowas nicht wenigstens auf?
  • Die Wüstenwolfgeschichte kann mich leider nicht mitreißen. Alles, was wir davon sehen, sind Kampfszenen, die kostbare Zeit fressen. Braeden hat Malia und ihre Mutter nun zusammen im Haus eingesperrt. War das Malias Wunsch, um in Ruhe mit ihrer Mutter abrechnen zu können? Stiles fehlte am Ende der letzten Episode, aber sie hatte ihn gar nicht entführt. Nur beobachtet. Und warum tauchte sie nun erneut vor dem Vollmond auf? Ist das wirklich die brandgefährliche Killerin, die Braeden schon so lange verfolgt?
  • Auch Kiras tapferes Ansinnen, bei den Gestaltwandlern erneut nach Hilfe zu suchen, packt mich leider nicht, da es sie wieder aus dem Geschehen herauszieht. Und darüber hinaus stellt sich auch hier wieder eine neue Frage: Welchen Preis muss sie zahlen, um ihren Freunden helfen zu können?
  • Chris Argent hat noch hilfreiche Infos, die er bisher aus unerfindlichen Gründen vor Scott zurückgehalten hat. Was kann es denn jetzt noch bringen, irgendwas geheim zu halten?
  • Die Romantik wurde in "Teen Wolf" fraglos auf den Rücksitz verbannt. Aber nach "Stiles saved me!" hätte der Stydia-Moment auf dem Sofa im Büro des Sheriffs etwas vertrauter ausfallen dürfen, oder?
  • Durch die Engmaschigkeit der Erzählweise kommt die Serie hier gerade noch drum herum, sich mit den Auswirkungen vom Auftritt des Biests beim Lacrosse-Spiel beschäftigen zu müssen. Durch Danny, Mrs. Martin und Sheriff Stilinski wurde die Thematik, wie viel Beacon Hills vom übernatürlichen Geschehen weiß oder wissen darf, jedoch immer mal wieder angerissen. Hier ist Potenzial für zwischenmenschliches Drama, selbst wenn die Existenz zahlreicher Monster wohl kaum zum Allgemeinwissen gemacht wird. Dieses Potenzial wird jedoch genau wie die Romantik zugunsten der Action beiseitegeschoben, und ich bin nicht sicher, wie glücklich die Fans darüber sind.
  • Zu guter Letzt: Auch wenn ich Theos Generation längst entwachsen bin, so gebe ich zu, ich habe auch "the entitlement and narcissism typical of your generation", denn nach diesem Halbfinale finde ich meine Theorien zu dem Biest, Theo und den Dread Doctors besser als die Ideen der Autoren. Ein ungewohntes, unwillkommenes Gefühl! Hoffentlich lässt sich im Finale noch einiges richten.

Fazit

Der große Monsterfilm nähert sich seinem Ende und es werden schwere Geschütze aufgefahren. Das Zwischenmenschliche, das am Anfang dieser Staffelhälfte so phantastisch und mitreißend im Vordergrund stand, musste in der Haupthandlung der letzten drei Episoden weitestgehend der Action weichen. Meine Erwartungen wurden dabei nicht erfüllt, aber Erwartungen sind nunmal etwas sehr persönliches und deshalb erleben wir schon allein in unserer eigenen Episodendiskussion, wie sehr die Meinungen zu den letzten drei Episoden auseinandergehen. Eine Bewertung zu finden, ist entsprechend beinahe unmöglich, weshalb die Punktzahl einerseits die Enttäuschung des Fans in mir widerspiegelt, andererseits aber auch zugesteht, dass die Episode ihre Momente hatte und uns weitergebracht hat.

Nicole Oebel - myFanbase

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