Bewertung

Review: #5.20 Der Abschlusskampf

Foto: Tyler Posey, Teen Wolf - Copyright: MTV/Jaimie Trueblood
Tyler Posey, Teen Wolf
© MTV/Jaimie Trueblood

Was für eine rasante, vollgestopfte, abgefahrene, völlig verrückte Episode! Aller Wahrscheinlichkeit nach die irrsinnigste Stunde meines gesamten TV-Jahres, und wie hätte das Finale zu dieser aberwitzigen Staffel, diesem großen Monsterfilm, anders sein können? Wie die gesamte Staffel hatte diese Finalepisode ihre Aufs und Abs. Viele Kreise haben sich geschlossen, es gab gelungene Überraschungen, gleichzeitig aber auch ernüchternde Momente. Unterm Strich ist die Botschaft jedoch ganz klar: Friends will be Friends! Und mit diesen Charakteren würde ich jederzeit wieder durch die Hölle gehen, selbst wenn – wie bisweilen in dieser Staffel – Jeff Davis' Entscheidungen selbst die Hölle sind.

Showdown

Zugegeben, ich bin immer davon ausgegangen, dass uns im Staffelfinale das größtmögliche zwischenmenschliche Drama und die mindestens ebensogroße emotionale Belohnung, also ein Dauerzustand irgendwo zwischen Lachen und Weinen erwarten sollte. "Teen Wolf" hatte dieses Jahr aber eine andere Idee. Das größtmögliche Drama wurde uns über die lange Staffel verteilt an verschiedenen Stellen präsentiert: beim Bruch zwischen Scott und Stiles, bei Stiles Todesangst um seinen Vater, bei Lydias Rettung aus dem Eichen House. Und weiß Gott, diese Momente haben ihre Wirkung nicht verfehlt! Für das Finale hingegen war größtmögliche Action gespickt mit schwindelerregenden Twists und Turns geplant. Und war das atemberaubend inszeniert? Kann man wohl sagen! Gibt es irgendwen, der in diesem Finale nicht in Lebensgefahr geschwebt hat? Lydia mit zerfetzter Kehle, Stiles mit einer Scherbe in der Brust, Malia mit unzähligen Kugeln im Bauch, Theo mit gebrochenem Genick. Das war jedoch alles nichts, was nicht mit einer Spitze Cortison geheilt werden konnte! (Melissa, wo kann ich eine Wagenladung von dem Zeug bestellen?) Lydia hat also Recht behalten, ihre Vorahnungen lassen sich von verschiedenen Seiten betrachten. Es schwebten tatsächlich alle in Lebensgefahr, aber wen traf es? Die Big Bads! Und das hatten wir bei "Teen Wolf" noch nie, zumindest nicht dauerhaft.

Die Enthüllung, die mich wirklich überrascht hat, brachte auch gleich die Motivation der Doktoren, die mir letzte Woche noch fehlte, und gleichzeitig einen denkwürdigen Ausblick! Die familiär wirkende Verbindung zwischen den Docs und dem Biest besteht aus genau der Liebe, die in "Teen Wolf" mit familiärer Liebe gleichzusetzen ist: Freundschaft. Mein Lieblingsdoc war Sebastien Valets Freund Marcel, der in grenzenloser Freundschaft bereits im 18. Jahrhundert die Schuld für Sebastiens Taten übernehmen wollte. "For you. All for you." haucht Marcel in der Gegenwart, kurz bevor er stirbt. Bis jetzt hatten wir nur Valacks Erklärung, die Docs wollten den perfekten Killer erschaffen. Dass dies nur die verzerrte Version desjenigen ist, der von den Docs zunichte gemacht wurde, hätte zu denken geben müssen. Sie wollten nicht "einfach nur" einen perfekten Killer erschaffen, sie wollten Marcels besten Freund zurückholen. Um jeden Preis, selbst wenn es sich dabei um einen Killer handelt! Das erinnert so sehr an VoidStiles und Staffel 3B, dass mir das Herz aus der Brust fließt!

Sebastien Valet berührt der jahrhundertelange, unermüdliche Einsatz seines ehemals besten Freundes jedoch herzlich wenig. Er ist zu weit entfernt von dem Menschen, der er einmal war. Auch Scott und Stiles sind weit entfernt von den Menschen, die sie einmal waren, und so mag diese Parallele einen leisen düsteren Schatten werfen, aber die Ereignisse dieser Staffel, besonders die Sciles-Freundschaft betreffend, bekräftigten hoffentlich, dass es nie so weit kommen wird.

Damnatio Memoriae

Bei der Rettung Masons stand gar nicht mal so sehr Mason im Vordergrund. Es ging vielmehr darum zu erkennen, welchen Beitrag jeder leisten kann. Scott, der niemals aufgibt; Stiles, der als Scotts rechte Hand dort ist, wo Scott selbst nicht sein kann; Allison, deren Bild in Scotts Erinnerung Sebastien an Marie Jeanne erinnert und ins Stocken bringt; Liam, der all seine Wut in Mut kanalisiert und Scott, komme was wolle, zur Seite steht; Kira, die sich opfert, um zur rechten Zeit am rechten Ort zu sein; Lydia, die gelernt hat, ihre Fähigkeiten gezielt zu nutzen; Parrish, der sich mit seinem Höllenhund geeinigt hat zusammenzuarbeiten; Dr. Deaton, der den Irrtum aufklärt, Mason existiere nicht mehr (Leben ist Energie und Energie kann nicht einfach verschwinden); Mama McCall, die jederzeit bereit ist die Regeln zu brechen; und zu guter Letzt die Verbündeten Chris Argent und Deucalion, die ein Auge auf Gerard bzw. Theo gehalten haben. Alle haben den Weg geebntet, damit Lydia und Parrish das Biest schließlich gemeinsam zur Strecke bringen konnten. Lydia erinnerte Mason durch ihren Schrei seines Namens an seine Identität, und Parrish machte danach den noch übrig gebliebenen "shape pretending to be real" mit Marie Jeannes im 18. Jahrhundert gefertigter und von Dread Doc Marcel als Gehstock benutzter Mordwaffe den Garaus. Teamarbeit 1a!

"Your sister wants to see you."

Theos Schwester kam doch noch ins Spiel, wenn auch anders als von mir erwartet. Das größtmögliche Drama für ihn konnte jedoch nur mit seiner Schwester verflochten sein, denn mit ihr hat alles begonnen. Seine Hinwendung zum Bösen war ihr Todesurteil. Und dass er nichts dazugelernt hat, sondern erneut aus Machtgier genau die eine Person tötet, die zu ihm hält, Tracy, zeigt, dass es keine Umkehr mehr für ihn gibt. Allerdings nimmt "Teen Wolf" hier wieder einen Ausweg, der zum Augenrollen einlädt, denn selbst wenn die Dread Doctors und das Biest anders als andere Big Bads endgültig tot sein dürften, so hat man sich mit Theo das berühmte Hintertürchen offengelassen. Kira bringt nämlich von den Gestaltwandlern aus der Wüste die Fähigkeit mit, einen Übergang zur Hölle zu öffnen, aus der Theos Schwester herauskriecht und ihn hinunterzieht. Alles klar! Als "Supernatural"-Fan hat mich das zunächst ja nichtmal erstaunt, aber beim genaueren Hinsehen ist das für "Teen Wolf" doch ein wirklich arg großer Schritt! Ob Rückkehr aus der Hölle letztlich eine Büchse ist, die "Teen Wolf" öffnen möchte, sei dahingestellt, aber Theos welpenartige Hilfeschreie ließen zumindest mich nicht unberührt.

Full Circle

Viele Kreise schließen sich in diesem Staffelfinale, die ein wohliges Gefühl von Zufriedenheit verbreiten. In #3.23 wollte Allison Scott kurz vor ihrem Tod noch von ihrer lebenswichtigen Entdeckung (den Silberpfeilen) berichten, um ihre Freunde zu retten. Die fünfte Staffel begann wiederum damit, dass Scott Allisons Initialen mit auf das Bibliotheksregal schrieb, als seien sie untrennbar miteinander verbunden. Und die Staffel schließt mit Scotts glücklicher Feststellung, dass es auch so ist! Allison bzw. die Bilder von ihr in seinem Gedächtnis haben sein Leben gerettet. Ebenso begann die Staffel mit Stiles' Sorge, seine Freunde nach der Schulzeit zu verlieren, für ihn schließt sich zum Ende der Staffel der Kreis mit der Gewissheit "We all seem to find each other anyway". Diese beiden Punkten wärmen das Herz wie nichts anderes! Und nicht nur diese, denn während Scott zu Beginn der vierten Staffel versehentlich bzw. gezwungenermaßen seinen ersten Beta erschaffen hat, tut er es hier zum ersten Mal bewusst. Und während er es in #5.10 noch nicht guten Gewissens tun konnte, erfüllt er Hayden ihren Wunsch in #5.20 nun gerne, damit Liam seine erste Liebe nicht wie er verliert. Und auch zwischen Chris Argent und Parrish schließt sich ein Kreis, denn genau an der Stelle, wo Parrish Argent in Staffel 4 das Leben rettete, indem er ihn daran erinnerte, wie Allison für ihre Freunde kämpfte, erinnert Chris Parrish nun an das Gemälde und seine Bestimmung, für seine Freunde zu kämpfen.

All diesen herrlichen Herzensmomente jedoch stehen die Handlungspunkte gegenüber, die ich lieber ausgiebig in Szene gesetzt gesehen hätte, als sie nur als Twists und Turns innerhalb des ohnehin vollgestopften Finales vorgesetzt zu bekommen. Scotts und Stiles' Austüfteln, wie man mit Deucalion zusammenarbeiten könnte, und vor allem, wie sie ihm den Vorschlag unterbreiten, hätte ich liebend gerne gesehen. Nicht nur um die etwas holprige Versöhnung ("I know what self-defense is." #5.13) auszubügeln und für gute Sciles-Szenen zu sorgen, sondern auch weil das sicher ein Austausch mit phantastischen Sprüchen zwischen Stiles und Deucalion geworden wäre! Zudem wäre dann auch vielleicht das Ziel der Absprache genauer klargeworden, denn dass Scott befürwortet hat, dass Deucalion Theo darin unterrichtet, seine Chimären zu töten, klingt doch eher unwahrscheinlich. So lässt sich nur vermuten, dass Deucalion herausbekommen sollte, welche Chimären auf Theos Seite sind und welche nicht, und dabei Theo beobachten. Da jedoch auch nicht glasklar ist, was Theo genau von Deucalion wollte, wären hier definitiv mehr Szenen nötig gewesen. Auch hätte ich die Absprache zwischen Scott und Chris lieber gesehen, als davon überrscht zu werden, einfach um die großartige Entwicklung zu zeigen, die sich zwischen diesen beiden Figuren seit Anfang der Serie vollzogen hat.

Apotheosis

Apotheose ist nicht nur die Vergötterung, die offensichtlich zwischen Marcel und Sebastien stattgefunden hat, es ist beim Theater das wirkungsvolle Schlussbild. Und wenn man sich in dieser Staffel endgültig auf "Teen Wolfs" Wandel vom Romantik-Mystery-Drama zum Horror-Action-Abenteuer eingelassen hat, dann zeigt sich das wirkungsvolle Schlussbild fraglos in der Entwicklung der drei Hauptfiguren Scott, Lydia und Stiles. Alle drei haben ihr persönliches Tief durchwandert und sich am eigenen Schopfe hinausgezogen: Scott hat seine wahre Stärke, die Fähigkeit durchzuhalten und nicht aufzugeben, verloren und sie sich zurück erkämpft. Lydia hat gelernt, ihre Fähigkeiten zu verstehen, einzusetzen und gegebenenfalls sogar als Waffe zu benutzen. Und Stiles hat gelernt, sich selbst zu vergeben, indem er ein anderes Leben rettet, und darin seine Stärke und vielleicht sogar seine Bestimmung entdeckt. Trotz aller größeren und kleineren Enttäuschungen in Staffel 5 ist diese gelungene Umsetzung des Erwachsenwerdens dieser Herzensfiguren der Grund, warum ich mich schon jetzt auf Staffel 6 freue.

Randnotizen

  • Bei so vielen Vorgängen, die übersprungen wurden, war der Wüstenwolf nichts anders als verschenkte Zeit, vor allem im Finale. Ich hätte mir für Malia andere Szenen gewünscht.
  • Wo ist denn eigentlich Araya Calaveras, wenn ihr Schwiegersohn Amok läuft? Gilles Marini, der in "Switched at Birth" Ivonne Colls Schwiegersohn spielt, hat als Schurke hier im Finale ordentlich Eindruck hinterlassen. Die Tatsache, dass wir als Endgegner jedoch ein Gesicht hatten, das wir erst aus zwei Episoden kannten, verstärkt einmal mehr die Tatsache, dass es hier anders als in vorherigen Staffelfinalen weder um Mason noch um Sebastien ging, sondern einzig und allein um die erfolgreiche Interaktion unserer Wolfspopulation.
  • Stiles ist nicht mehr derjenige, der in Ohnmacht fällt! Er hat den Stab an Liam weitergereicht. Dieser Generationswechsel gefällt mir außerordentlich gut! Ich habe Stiles in Gedanken stolz auf die Schulter geklopft!
  • Mason und Corey haben beide keine einzige Textzeile, obwohl Mason das Biest war. Die Emotionen lagen in diesem Finale fraglos nicht bei dem Paar, das sich am Ende erlöst in die Arme fällt.
  • Liam hingegen darf glücklich Hayden mit ihren neuen goldenen Augen in die Arme nehmen. Und wenn ich immer schlussfolgere, dass die Romantik auf den Rücksitz verwiesen wurde, hat das nicht zuletzt die Ursache, dass ich mit den beiden als Paar nicht warm werde.
  • Tracey hat wirklich geglaubt, Theo und sie wären Bonnie und Clyde, oder? "Bei Höhepunkt Mord" hat nun jedenfalls ein ganz neues Gesicht bekommen!
  • Deucalion bricht Theo das Genick, und obwohl dieser das trotz seiner menschlichen Form überlebt, war das der Moment der puren und herrlichen Schadenfreude! Sein Ende war wegen des Hintertürchens und des Welpengebettels im Vergleich zu konfliktgeladen.
  • Kira ist nun also wieder weg. Ein Wort darüber, wie die Gestaltenwandler nun also helfen konnten, wäre hier nicht falsch gewesen. Der CGI-Hintergrund beim Abschied von Scott und Kira war ebenso gruselig wie beim Sciles-Roadtrip. Und da die Bilder von Allison in Scotts Gedächtnis so tief berührt haben, ungeheuer viel mehr als das Wiedersehen mit Crystal Reed in einer anderen Rolle, war für Scira-Romantik hier leider keine Chance mehr.

Fazit

Als Episode hat #5.20 mir minimal besser gefallen als die Tiefpunkte dieser Staffel. Als Staffelfinale hat diese Folge die meisten Fragen beantwortet, die Geschichte beendet und Kreise geschlossen. Scott, Stiles und Lydia sitzen am Ende zusammen und auf dem freien Stuhl spürt man förmlich Allisons Anwesenheit. Das Herz der Serie funktioniert, das Drumherum eher weniger. Genauer werden wir das jedoch wie letztes Jahr in den Top-Listen zur Staffelreview ab Ende der Woche betrachten. Ich hoffe, ihr seid dabei!

Nicole Oebel - myFanbase

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