Bewertung

Review: #4.10 Der Prognostiker (Nr. 163)

Es ist schon eigenartig. Da befindet man sich mitten in der 4. Staffel und bekommt eine eigentliche 08/15-Episode vor die Nase gesetzt und doch ist es eine der besten Episoden seit langem. Warum? Weil ein wenig das Gefühl von früher aufkommt. Das FBI kümmert sich um einen durchaus interessanten Fall, während Reddington in seiner typischen Manier eine alte Rechnung begleicht und sich daraus sofort einen Vorteil verschafft. Und anders als erwartet ist beides für sich genommen richtig interessant.

"I don't believe in premonitions"

Liz ist zurück und vielleicht ist es auch diese Tatsache, dass sich hier langsam ein bisschen das Gefühl von früher einschleicht. Ich kann mich gar nicht mehr erinnern, wann Liz das letzte Mal als Field-Agent agierte. Es muss das Finale von Staffel 2 gewesen sein, als Liz Tom Connolly getötet hatte. Nun ist sie dank Reddingtons Einmischung wieder mitten im Geschehen, was die Ermittlungen des Teams um einiges interessanter macht, weil einfach der Zuschauer das Team nicht mehr nur aus der Vogelperspektive betrachtet, sondern wieder mitten im Geschehen ist.

Der Fall erinnerte mich zu Beginn ein kleinwenig an den Miniature-Killer bei CSI, wobei eigentlich schnell klar wurde, dass man sich eine andere, durchaus interessante Geschichte um die kleinen Dioramas hat einfallen lassen. Das Gerede von paranormalen Eingebungen und Vorahnungen wich erfrischenderweise schnell einem wissenschaftlichen Ansatz, ohne dabei an Faszination zu verlieren. Und es zeigte, dass das Team immernoch als Team funktioniert. Natürlich, wenn man ehrlich ist, dann sind gerade Ressler und Navabi zwei austauschbare Charaktere ohne viele Ecken und Kanten, doch das Zusammenspiel des gesamten Teams war zur Abwechslung mal wieder schön anzusehen.

Der Fall blieb lange recht verworren und entfaltete sich mit einer angenehmen Geschwindigkeit. Und dass am Ende der eigentliche Strippenzieher, der "Forecaster", wie Reddington ihn nannte, nicht geschnappt werden konnte, lässt vermuten, dass wir ihn eventuell noch einmal wiedersehen werden.

Ich fand es sehr angenehm, dass Liz sich so nahtlos in das Team eingefügt hatte, die klare Protagonistin geblieben ist und dennoch nicht groß in Szene gesetzt wurde. Die Aufklärung des Falls war eine Gemeinschaftsleistung, in der jeder Agent einen kleinen Baustein liefern konnte, bis am Ende immerhin zwei von drei Bösewichtern in Gewahrsam genommen werden konnten. Kurzum, der Fall um das Mädchen und den Forecaster war spannend und interessant.

"I had bullets. He had words. But by the time he was done talking, I truly understood which was more powerful."

Reddington hat dieses Mal kaum etwas mit dem Fall zu tun und verfolgt eine eigene Agenda. Er spielt mit einem alten Konkurrenten Katz und Maus, spielt ihn und dessen Leibwächter gegeneinander aus und kann so beide aus dem Weg räumen. Mit dem Tod von Iniko kann er außerdem eine alte Rechnung begleichen, da anscheinend Iniko einen von Reds Männern einst hat töten lassen.

Red kühle Art und Weise, sich an seinen Gegenspielern zu rächen, erinnert an alte Zeiten. Mir gefällt, wie Red seine Erfahrung nutzt, um Menschen gegeneinander aufzubringen. Er bekommt meist das, was er will und es wird klar, warum er einst den Beinamen "concierge of crime" bekommen hatte. Dass es am Ende jedoch um etwas ganz anderes geht, nämlich darum Inikos Aufräumtruppe zu engagieren, war unerwartet. Aber natrürlich, nachdem er Mr. Kaplan losgeworden ist, braucht Red jemand neues, der hinter ihm aufräumt. Und fasziniert von der Gründlichkeit von Inikos Team sind sie logischerweise die richtige Wahl.

Dembe sieht es mit sehr viel Skepsis, dass Red Mr. Kaplan einfach so ersetzt. Ihn hat es sehr mitgenommen, dass Red keine Gnade hat walten lassen und er hat es seinem Chef mehrmals deutlich gemacht, das er nicht gutheißt, wie er entschieden hat. Und so scheint sich hier die nächste größere Storyline anzudeuten: Es entsteht ein immer größer werdender Graben zwischen Dembe und Red.

Noch steht Dembe Red uneingeschränkt zur Seite, doch ich frage mich, wie lange der Frieden hier noch hält. Red scheint der vermeintliche Tod von Mr. Kaplan nicht weiter zu tangieren. Jedenfalls bekommt der Zuschauer nichts davon mit. Im Gegenteil, er nutzt Kaplans Geschichte um seinen Gegnern klar zu machen, wie er gestrickt ist. Dass es Dembe gegen den Strich geht, dass Red den Mord an Mr. Kaplan nutzt, um andere einzuschüchtern, kann man mehr als einmal sehen.

Doch was kann Dembe tun? Ist es wirklich so schlimm wie er es am Ende Liz gegenüber deutlich zu machen versucht? Seine Worte wirken ehrlich besorgt, doch im Moment kann ich nicht erkennen, dass Red tatsächlich so gefühlskalt geworden ist, dass ihm niemand mehr wichtig ist. Doch mal ehrlich, wen kennen wir aus Reds engstem Kreise? Nur Mr. Kaplan, Dembe und vielleicht noch Baz, aber sonst? Wenn Dembe also sagt, Red kümmert es nur noch, dass Liz und Agnes in Sicherheit sind, hat er dann in Wahrheit Angst um sich selbst? Ich verstehe, worauf die Serienmacher hinauswollen, aber so ganz nachvollziehbar ist es nicht. Dennoch bin ich gespannt, was Liz aus der Tatsache machen wird, dass Red den Tod von Mr. Kaplan zu verantworten hat. (Und hier frage ich mich auch, ob wir sie noch einmal wiedersehen werden…)

Randnotiz

Tom als Hausmann und Vater überzeugt mich nicht und auch er selbst scheint mit seiner Rolle nicht allzu viel anfangen zu können, jedenfalls dann nicht, wenn Liz stattdessen nach Bösewichten sucht, während er sich mit Agnes beschäftigen soll.

Tom scheint ein bisschen hin und her gerissen zu sein. Einerseits wünscht er sich für seine Familie eine ruhige Zukunft, andererseits kann er nicht an sich halten und möchte selbst bei der Suche nach Verbrechern helfen. Als er seine kleine Tochter bei offener Türe alleine gelassen hat, um einer verdächtigen Person nachzujagen, da blieb einem schon ganz kurz mal das Herz stehen.

Nein, Tom ist kein geborener Vater und schon gar kein Mensch, der sich Zuhause hinsetzt und auf seine Frau wartet, die jeden Tag ihr Leben riskiert. Auch hier beginnt sich abzuzeichnen, dass es irgendwann einmal einen kleinen Bruch gegeben wird.

Fazit

Eine Episode ohne große staffelübergreifende Handlung (denn die gibt es ja momentan nicht), aber dennoch seit langem mal wieder richtig spannend und unterhaltsam. Unerwartet, und gerade deswegen eine herzlich willkommene Abwechslung. Ich hoffe, so geht es weiter.

Melanie Wolff - myFanbase

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