Review: #10.06 Neue Verbindungen

Die sechste Episode der zehnten Staffel von "The Walking Dead" bietet uns einen Alleingang, eine Krankenwelle, einen neuen Kontakt und Negan in Bestform und man wird den Eindruck nicht los, dass man mit all dem auf etwas Größeres hinarbeitet. In Anbetracht des baldigen Midseasonfinales ist das aber auch nicht überraschend.

"Verrätst du mir, wonach wir wirklich suchen?"

Fangen wir mit der seltsamsten Storyline an. Carol und Daryl wollen im Alleingang Alpha angreifen/ausspionieren und dringen dafür in feindliches Gebiet ein. Dass das nicht gut ausgehen kann, ist eigentlich klar. Was haben sie sich dabei gedacht? Dass die Herde recht groß ist, war klar. Dass man sich auch nicht so einfach vor den Whisperern verstecken kann, ist ebenso logisch. Was sollte die Aktion dann also? Es grenzt an ein Wunder, dass sie da wieder rausgekommen sind und dann sogar noch einen Gefangenen machen konnten. Was das bringen wird, ist zwar auch noch nicht wirklich klar, aber es verändert zumindest ein Stück weit die Grundkonstellation und vielleicht bekommen Carol und Daryl ja Informationen aus ihm heraus, die noch nützen können. Insbesondere im Hinblick auf die Zufriedenheit der Gruppe könnte ich mir Potenzial vorstellen. Ansonsten ist es immer schön, Daryl und Carol zusammen im Einsatz zu sehen und gerade die kurzen Momente des Small Talks wissen zu gefallen, weil da so viel Selbstverständlichkeit und Normalität mitschwingt, die es eigentlich nicht gibt.

"Deine Stimme zu hören ist verdammt schön"

Es läuft so ein bisschen nebenher mit, aber es ist wohl keine Banalität, dass in Alexandria eine regelrechte Krankenwelle ausbricht und sich einige Bewohner doch ziemlich mies fühlen, darunter auch Rosita. Es ist noch nicht so ganz klar, was das nun genau ist, aber es wirkt nicht wie eine normale Grippe. Dante macht zwar einen recht entspannten Eindruck, aber es sieht nicht so aus, als hätte er alles im Griff. Dass Siddiq da ziemlich sauer ist, nicht informiert zu werden, kann ich gut verstehen. Eigentlicher Fokus ist allerdings Rosita, die ein kurzes Funkgespräch mit Eugene hat, welches deutlich zeigt, wie viel Zuneigung zwischen den beiden existiert und wie verheerend Rositas Zurückweisung von Eugene eigentlich war. Beide leiden darunter, ich behaupte aber, dass es für Rosita noch schmerzhafter ist, weil sie ihre Gefühle unterdrückt und nun spürt, was sie dadurch aufgegeben hat. Ich bin ziemlich überzeugt, dass sich die beiden noch finden und irgendwann ein Paar werden.

"Bist du wirklich da draußen?"

Vorerst ist Eugene allerdings abgelenkt, denn sein Funkspruch in die weite Welt wird tatsächlich gehört und so entwickelt sich ein spannendes Gespräch mit einer Fremden, die offenbar ähnliche Sehnsucht nach Normalität und neuen Menschen hat wie Eugene. Dieser ist auf seine ganz typische Weise unglaublich niedlich in der Gesprächsführung. Es könnte einfach ganz schön sein, wenn nicht immer im Hinterkopf stecken würde, dass jeder Kontakt zu neuen Menschen in erster Linie eine Gefahr mit sich bringt. Eugene lässt sich am Ende überwältigen und geht ins Risiko. Ich finde das eigentlich großartig, denn dieses ständige Misstrauen macht einfach krank. Ich werde auch nie richtig verstehen können, warum die Gruppen trotz der offensichtlichen Gefahr durch die Beißer immer auch gegeneinander arbeiten. Ressourcenknappheit ist meist das Argument, aber das ist mir eigentlich zu einfach, weil man das durch Teamwork mit Sicherheit besser regeln könnte. Auf der anderen Seite ist das eben genau das Problem, welches die Menschen schon immer mit sich herumtragen. Misstrauen, Missgunst und Existenzangst hemmen jeden Gemeinschaftssinn über die eigene Gruppe hinaus. Da wird einem wieder schmerzlich bewusst, wie sehr Carl als Figur fehlt. Er hatte das verstanden.

"Gebt mir endlich ein scheiß Eintrittsformular"

Je länger ich Negan kenne, desto beeindruckter bin ich von dieser Figur. Seine Klarheit und vor allem seine große Klappe sind einfach immer ein Gewinn in den Episoden. Er legt den Finger in die Wunde, ist furchtlos und sorgt so für Heiterkeit. Mir gefällt es sehr, dass er endlich wieder einen viel aktiveren Part bekommt und damit wieder Kontrolle erhält. Negan begibt sich zu den Whisperern und will Teil der Gruppe werden. Dabei wirkt er enorm entschlossen, was mich fast beunruhigt. Ich hoffe immer noch, dass er die Whisperer von innen heraus zerstören will. Zuzutrauen ist es ihm, die Stärke dazu hat er auch, aber ist das wirklich seine Motivation nach all den Zurückweisungen in Alexandria? Entweder spielt er seine Rolle sehr, sehr gut oder er meint es wirklich ernst. Das werden wir erst in den nächsten Episoden wissen. Für diese Episode war es erst mal großartig und ungeheuer witzig, ihn mal wieder richtig in seinem Element zu sehen. Wie er Beta die ganze Zeit gegenüber auftritt und redet und redet und redet, hat mir so unheimlich viel Spaß bereitet. Seine obszöne Sprache als Stilmittel ist eigentlich unmöglich, aber man nimmt es Negan als Person ab, dass er auf diese Weise gerne provoziert, statt um den heißen Brei herumzureden. Es war einfach erfrischend, ihm zuzusehen. Dass er im Alleingang die Beißer erledigt hat, ist zwar unrealistisch, aber wenn es jemand schaffen könnte, dann wohl er. Jetzt biedert er sich erst mal Alpha an und ich bin sehr gespannt, wohin das führen wird. Redet er dann mit ihr über Lydia? Treibt er einen Keil zwischen sie und Beta? Ist sein Verhalten eigennützig oder eben doch anders motiviert? Hier steckt derzeit das größte Potenzial der Staffel.

Fazit

Insbesondere Negan und Eugene wissen in dieser Episode zu überzeugen. Die Krankheitswelle wirkt noch etwas ziel- und zusammenhangslos und der Alleingang von Carol und Daryl ist in erster Linie unsinnig, bringt aber durch den Gefangenen vielleicht neue Möglichkeiten mit sich. In Summe überwiegen die positiven Aspekte.

Emil Groth - myFanbase

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