Bewertung

Review: #1.07 Aderlass

Foto: Claire Holt, Joseph Morgan & Daniel Gillies, The Originals - Copyright: Warner Bros. Entertainment Inc.
Claire Holt, Joseph Morgan & Daniel Gillies, The Originals
© Warner Bros. Entertainment Inc.

Es ist unglaublich faszinierend, wie gut "The Originals" sich darin versteht dem Zuschauer alle Hauptcharaktere nahe zu bringen, die Beweggründe aller nachvollziehbar zu gestalten und dabei doch keinen von ihnen wirklich auf der gleichen Seite stehen zu lassen. Während die Mutterserie "Vampire Diaries" ganz klar zwischen Gut und Böse trennt und jede Staffel einen neuen Antagonisten schafft, den es gemeinsam zu bekämpfen gilt, treten in "The Originals" alle Charaktere gegeneinander in den Ring und man kann sich als Zuschauer nicht entscheiden, wen man als Sieger sehen will.

"I did break you. I took everything from you. And now you're begging me to sweep away the shards of your shattered little life. Death offers more peace than you deserve."

Ich muss ehrlich gestehen, dass ich der Ankunft von Tyler in New Orleans sehr zwiegespalten gegenüber stand. In der zweiten Staffel von "Vampire Diaries" hat er sich zu meinem absoluten Favoriten gemausert, was vor allem an dem charismatischen Auftreten von Michael Trevino und seiner Verkörperung des geläuterten Werwolfs lag. Doch mit Beginn der dritten Staffel haben die Autoren es geschafft diese Pole-Position durch hanebüchene Storylines und vor allem durch absolut inakzeptable Abwesenheit des Charakters zu zerstören. Letztlich musste man sich ernsthaft fragen, warum Michael Trevino überhaupt noch als Hauptdarsteller gelistet wurde, wenn man ihn eh nur gefühlte fünf Minuten in einer kompletten Staffel zu Gesicht bekam.

Entsprechend genervt war ich, als Tyler in #5.05 Monster's Ball (erneut) seinen Abschied feierte und man ihn so entsprechend (zum 100. Mal) aus "Vampire Diaries" raus schrieb. Da "The Originals" für mich einen ganz anderen Ton als die Mutterserie hat, konnte ich mir zunächst keinen Charakter vorstellen, der einfach so das Setting tauscht. Bis wir Tyler Lockwood in dieser Episode zu Gesicht bekamen. Er ist dunkel, rachsüchtig, furchtlos und zu allem bereit! Genau, wie man es von den anderen Charakteren der Serie jetzt schon gewohnt ist. Das alte High-School-Gute-Laune-Image aus "Vampire Diaries" ist vollkommen abgelegt und sogar nachvollziehbar erläutert, da Tyler wegen Klaus' Taten durch die Hölle gehen musste. Seine Liebe zu Caroline mag noch existent sein, doch seine Rachegelüste sind weitaus stärker. Er ist ein Mann, dem alles genommen wurde, sodass er nun nur noch dafür lebt, um sich für all den Schmerz zu rächen, den Klaus ihm angetan hat.

Eine Entwicklung, die mir gerade außerordentlich gut gefällt. So brutal sein Plan Hayleys Kind zu töten auch sein mag, ist es in seiner Situation vollkommen verständlich. Er ist der letzte überlebende Hybride. Er ist der einzige, der weiß, welchen Schmerz dieses Dasein mit sich bringt. Und er ist der einzige, der sich nicht vor Klaus versteckt, sondern gegen ihn ankämpfen will. All die Verluste haben ihm verdeutlicht, dass man sich wehren muss, selbst wenn man dabei selbst sein Leben lässt. Dass er sich am Ende mit Marcel zusammen tut und diesen gleich mal auf den neusten Stand bringt, macht die Sache noch spannender und ich hoffe, dass die Autoren Tyler in dieser Serie nicht so stiefmütterlich behandeln werden!

"Standing beside the noble Elijah, how can I be anything but the lesser brother? A liar, a manipulator, a bastard."

Für Klaus wiederum sieht es derzeit mehr als schlecht aus und wahrscheinlich darf man genau in diesem Moment mehr als glücklich darüber sein, dass der Urhybride unsterblich ist, denn ansonsten würde er von allen Seiten attackiert werden. Und dabei hat Elijah ihm wahrscheinlich zum ersten Mal wirklich Unrecht getan, denn so gerissen und manipulativ Klaus auch sein mag, denke ich, dass er nicht an eine neue Hybriden-Armee gedacht hat, als man ihm verkündete, dass er Vater werden wird. Wie sich das jetzt alles gestalten wird, muss sich noch zeigen, denn sicherlich erscheint Klaus diese Idee nun wieder mehr als attraktiv, da die Hybriden schließlich sein Familienersatz gewesen sind. Seine eigene Familie wendet sich – verständlicherweise – erneut von ihm ab, sodass ihm auf kurz oder lang nur eine erschaffene Familie ein Ersatz sein kann. Denn dass Klaus sich in naher Zukunft ändert und erkennt, dass er durch seine Art immer wieder alle von sich wegstößt, daran glaubt sicherlich keiner und insgeheim wollen wir das doch auch (noch) nicht.

Ich komme an dieser Stelle nicht umhin, nochmals betonen, wie dankbar ich bin, dass man uns in "The Originals" nicht mit leidigen Love-Triangles nervt. Zwar steht hier Hayley gewissermaßen zwischen Klaus und Elijah bzw. ist der Grund für deren erneute Feindseligkeiten, jedoch begründet man dies eben nicht mit der Liebe der Männer zu Hayley. Vielmehr verkörpert sie für beide eine Idee von der Zukunft, von ihren Wünschen und von ihrer Einstellung zum Leben insgesamt. Elijah sieht in Hayley und ihrem ungeborenen Kind die Chance auf eine echte Familie, einen Zusammenhalt, den die Urvampire schon seit Jahrhunderten nicht mehr wirklich hatten und somit die Möglichkeit der Wiedergutmachung für das, was ihre Eltern ihnen einst entrissen haben, als diese ihre Kinder ungefragt zu (fast) unsterblichen Monstern machten. Auch bei Klaus hat man gemerkt, dass sein ungeborenes Kind, neben seinem Verlangen nach Macht, immer wichtiger für ihn geworden ist. Er hat sich nie dazugehörig gefühlt, sich immer selbst als Bastard gesehen, selbst als Rebekah und Elijah nach all seinen Grausamkeiten immer wieder an seiner Seite standen. Ein eigenes Kind wäre seine Chance sich nicht mehr so einsam fühlen zu müssen, doch die Angst vor einer erneuten Abweisung lässt ihn sogleich in alte Muster zurück fallen. Während Klaus immer impulsiv handelt, ist Elijah immer mit Vernunft bedacht und Klaus hat sehr wohl erkannt, dass die Vertrautheit zwischen Hayley und Elijah auch Auswirkungen auf sein eigenes Kind haben kann. Anstatt den Moment zu nutzen und zu versuchen frühzeitig dagegen anzusteuern und zu verdeutlichen, dass er sehr wohl die Rolle des Vaters ausfüllen kann und will, verfällt Klaus in alte Muster, handelt impulsiv und distanziert sich, bevor er verletzt werden kann.

Dass er sich sogleich an Rebekah wendet und diese nun wieder als seinen Protegé einsetzen will, zeigt zumindest für uns Zuschauer deutlich, wie wichtig ihm seine Familie eigentlich ist. Egal wie stark er dies auch leugnen mag. Doch auch bei seiner Schwester hat Klaus schon längst über die Stränge hinaus geschlagen. Er hat ihr nicht nur jede Chance auf Liebe genommen, sondern ihr gleichzeitig auch nie das Gefühl gegeben, dass sie ihm wichtig ist. Rebekah hat immer nur nach jemandem gestrebt, mit dem sie die Ewigkeit verbringen kann und wäre sogar bereit gewesen, diese an der Seite ihrer Brüder anzutreten. Doch Klaus konnte und wollte nie die Leere in ihrem Herzen ausfüllen, sodass sie nun einen (ersten) Schlussstrich gezogen hat. Über 1000 Jahre hat sie zu Klaus gehalten und nichts dafür zurück bekommen. Marcel jedoch bietet ihr eine gemeinsame Zukunft, gibt ihr das Gefühl gewollt zu werden und schenkt ihr den Gedanken an ein besseres Leben. Auch hier kann man verstehen, dass Rebekah nicht mehr länger der Idee hinterher rennen will, dass Klaus eines Tages zur Gesinnung kommt, sondern sich lieber auf ein gefährliches Spiel einlässt, welches dennoch erfolgsversprechender für sie selbst ist.

Momentan steht Klaus also allein auf weiter Flur und man darf gespannt sein, wie sich die Fronten in den kommenden Episoden verhärten werden. Kommen die drei Urvampire noch einmal überein, oder wird jeder von ihnen zunächst sein eigenes Ziel verfolgen. Braucht es einen gemeinsamen Feind, damit die Mikaelsons wieder Seite an Seite kämpfen? Oder kann nur eine Läuterung seitens Klaus wieder Frieden stiften? Spielt hier Camille vielleicht die entscheidende Rolle, indem sie Klaus daran erinnert, wie wichtig die eigene Familie eigentlich ist?

Zusätzlich gibt es noch die Fraktion der Hexen in New Orleans, die ihren ganz eigenen Plan verfolgen, die Fraktion der Menschen rund um Kieran, von denen wir sicherlich auch noch mehr erfahren werden, und die Werwölfe, die mit dieser Episode wieder deutlich in den Fokus gerückt sind. Viele unterschiedliche Parteien, die alle ihre eigenen Ziele haben, bei denen wir derzeit aber noch nicht abschätzen können, inwieweit diese mit den Plänen von Klaus, Elijah und Hayley, Marcel und Rebekah oder Tyler kollidieren.

Fazit

Wieder einmal liefert "The Originals" eine unterhaltsame und spannende Episode ab, die einmal mehr beweist, warum die Serie so viel Spaß bereitet. Man kann die Beweggründe aller Charaktere nachvollziehen und kommt nicht umhin mit allen zu sympathisieren, was es nahezu unmöglich macht, sich für eine Seite zu entscheiden. Und genau das führt zu unvorhersehbaren Wendungen und macht den Spaß an der Serie derzeit aus. Bravo! Sollte es so weitergehen, läuft "The Originals" seiner Mutterserie noch den Rang ab!

Annika Leichner - myFanbase

Die Serie "The Originals" ansehen:


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