Bewertung

Review: #10.15 Prinzessin

Foto: Paola Lazaro, The Walking Dead - Copyright: Jace Downs/AMC
Paola Lazaro, The Walking Dead
© Jace Downs/AMC

Ich weiß gar nicht so richtig, wo ich anfangen soll bei dieser Episode, die versehentlich so eine Art Staffelfinale geworden ist, weil die Corona-Krise die Post Production der eigentlich letzten Episode verhindert hat und daher eine unbestimmte Wartezeit bevor steht. So ziemlich alles führt irgendwie auf diese eigentlich letzte Episode hin. Insofern ist diese Episode wirklich fies, weil die Spannung zum Schluss auf dem Siedepunkt ist.

"Sie gehen nach Oceanside, wie erwartet."

Diese Episode steht eigentlich ganz im Zeichen von Beta, der seine nun wieder größere Herde zu einem Rachefeldzug führen will. Nur läuft er erst mal ziellos umher, weil er seine Gegner nicht findet. Irgendwie hätte ich doch etwas mehr von Aaron und Co. erwartet. Wenn sich Beta schon erst mal genau so verhält, wie sie es erwartet haben, dann hätte man in Alexandria vielleicht wenigstens eine Art Falle stellen können und mit einer Explosion vielleicht einen Teil der Herde erwischt. Oder will man schon irgendwann wieder dorthin zurück und deswegen nicht alles in die Luft jagen? Auch ein gezielter Angriff auf Beta hätte wohl Sinn gemacht. Vielleicht ein Himmelfahrtskommando. Auf der anderen Seite sind die Whisperer bisher nicht als gute Kämpfer aufgefallen und vollkommen führungslos wären sie vielleicht auch zusammengebrochen. Ich hatte mir von Aaron und Alden also mehr erhofft, denn dass die riesige Herde sie irgendwann schnappen wird, war eigentlich klar.

Ein weiterer Gedanke, der mir noch gekommen ist, ist die Frage, warum Beta erst auf die Stimmen der Beißer hören musste, um die Unterkunft von Gabriel und Co. zu finden. Sind sie nicht schon eine Weile in dieser Gegend und kundschaften es auch immer mal wieder aus? So viele Möglichkeiten, große Gruppen zu verstecken, wird es ja nicht geben. Das ist also auch nicht ganz nachvollziehbar. Ansonsten ist Beta mit den Stimmen der Beißer eindeutig ein Fall für den Therapeuten. Jetzt steht er aber vor den Toren und wie so oft erscheint die Lage erst mal aussichtslos.

"Die meisten wünschten sich, du wärst auch tot."

Bevor de Kampf aber los geht, gibt es noch ein paar emotionale Kämpfe auszufechten, die uns in dieser Episode näher gebracht werden. Zunächst wären da Negan und Lydia. Negan will sich entschuldigen, spricht davon, dass Alpha auch gute Seiten hatte und dass Lydia ihre Wut an ihm auslassen solle. Lydia wirft Negan dabei zurecht Egoismus vor, und zwar in jeder seiner Handlungen in dieser Staffel. Das ist auf der einen Seite absolut zutreffend, auf der anderen Seite hat sich Negan schon zu einem besseren Menschen entwickelt, der redet, der Gefühle hat und der es meiner Meinung nach schon auch immer wieder gut meint. Ob ihn Lydias Worte so sehr treffen, dass er noch eine wirklich selbstlose Aktion bringen wird und sich mit Beta anlegt?

Eine kleine unerwartete Szene bekommen auch Carol und Kelly. Carol will sich bei ihr für alles entschuldigen, auch weil Kelly natürlich den Verlust von Connie zu verschmerzen hat, doch Kelly ist ihr gar nicht wirklich böse. Vielmehr findet sie aufmunternde Worte für Carol. Kelly ist überzeugt, dass Connie noch lebt (ich hoffe das übrigens sehr) und erklärt sogar, dass Carol eine Art Superkraft habe. Das waren wirklich nette Worte, die man, wenn man die gesamte Serie Revue passieren lässt, auch durchaus bestätigen kann. Auch wenn Carol in diesem zweiten Teil der Staffel alles andere als intelligent gehandelt hat, muss man den gesamten Charakter doch immer noch wertschätzen.

"Achte auf alles, was hier nicht hingehört."

Ein paar wichtige und emotionale Szenen hatten noch Judith und Daryl zusammen. Judith schleicht sich davon und überzeugt Daryl, ihr ein bisschen was von seinen Fähigkeiten beizubringen. Was erst wie eine nette Unterrichtsstunde wirkt, wird hochemotional. Erst überwältigen sie einen Whisperer beim Erweitern der Herde, dann erledigt Daryl ihn und lässt ihn einfach liegen. Judith kann das nur schwer verarbeiten, dass Daryl einen Menschen wie einen Beißer behandelt, doch ihr Kummer ist tatsächlich noch tiefer verankert. Nach dem Verlust von Michonne, die Judith auf jeden Fall eine sehr lange Zeit nicht wiedersehen wird, hat sie Angst auch Daryl zu verlieren. Dieser hat darauf zwar keine beruhigenden, aber ehrliche Worte, in denen er gleich noch deutlich macht, welche Rolle Judith jetzt spielt und in Zukunft spielen wird für die Gemeinschaft. Man hat mal wieder gesehen, dass Judith immer noch ein Mädchen ist, das in dieser Welt zwar unglaublich stark ist, aber Bindungen und Beziehungen braucht.

"Ich frage mich langsam, ob du recht hattest."

Nicht spannend aber ungemein erheiternd ist die Geschichte um Yumiko, Ezekiel und Eugene, die gar nicht auf Stephanie sondern einen weiblichen "I am Legend" - Will Smith getroffen sind, was sich in der letzten Episode ja schon angedeutet hatte. Die selbst ernannte Prinzessin ist seit einem Jahr alleine und inzwischen regelrecht durchgedreht, in erster Linie aber liebenswürdig. Es bleiben zwar viele Fragen offen, zum Beispiel, was war, bevor sie alleine war usw. aber dafür wird es ja noch Zeit geben. Ich bin jedenfalls sehr froh gewesen, dass Yumikos Sorge nicht eingetreten ist und sie dann sogar bereit war, sie in die Gruppe aufzunehmen. Hoffentlich nimmt man hier einen neuen, witzigen Charakter in die Serie auf und wechselt nicht in der nächsten Episode wieder die Richtung. Die Szene mit dem Mienenfeld war allerdings etwas seltsam. Bis zu dem Punkt, wo sie davon erfahren haben, sind sie vollkommen unkontrolliert gelaufen. Wenn es dort noch keine Mienen gab, wäre es einfach gewesen, umzudrehen. Und auch, dass es nach all den Jahren überhaupt noch Mienen gibt, kann man diskutieren. Theoretisch müsste ja irgendwann mal ein Beißer eine ausgelöst und dadurch mehr angezogen haben usw. Naja. Nicht entscheidend für die Storyline und als Ärgernis zu vernachlässigen. Interessant ist hier eigentlich nur noch, dass der deutsche Titel der Episode diese Story ins Zentrum rückt, während der englische Titel auf das Versteck der Gruppe Bezug nimmt. Ich finde es immer seltsam, wenn zwischen deutsch und englisch so große Diskrepanzen sind, aber das ist auch nicht das erste Mal.

Fazit

Inhaltlich gibt es ein paar diskussionswürdige Aspekte, die Charakterarbeit ist aber durchaus gelungen und so bereitet man eine womöglich große Schlacht vor, die man nur nicht so bald sehen kann. Als ursprünglich gedachtes Vorstaffelfinale hat diese Episode vieles richtig gemacht, vor allem aber Spannung für das Finale aufgebaut. Dass die Wartezeit nun groß ist und so vieles unvollendet stehen bleibt, kann man der Episode nicht vorwerfen. So, wie die Episode gedacht war, hätte sie funktioniert.

Emil Groth - myFanbase

Die Serie "The Walking Dead" ansehen:


Vorherige Review:
#10.14 Abschiede
Alle ReviewsNächste Review:
#10.16 Unter Feinden

Diskussion zu dieser Episode

Du kannst hier oder in unserem Forum mit anderen Fans von "The Walking Dead" über die Folge #10.15 Prinzessin diskutieren.