Review: #3.01 Die Saat
Die Erwartungen an den Start der dritten Staffel "The Walking Dead" waren hoch. Teils aufgrund der vorherigen Qualität der Staffeln eins und zwei, teils aufgrund der massiven Werbekampagne und Webpräsenz der Serie. Kaum eine andere wurde nämlich auf Facebook und ihrer AMC-eigenen Internetpräsenz so gehyped, wie die neue Staffel von "The Walking Dead". Während es um andere Herbstformate den Sommer über etwas leiser wurde, blieben die Werbemenschen von der Zombie-Serie am Ball. Es gab Veranstaltungen, einige super besuchte Panels bei diversen Conventions und auch auf der Comic-Seite blieb es nicht leise. Der nächste Band erschien und tröstete Fans über die lange Pause hinweg. Schon im Sommer begann man Castingnews bekannt zu geben und eine erste Promo online verfügbar zu machen. Die Erwartungen waren selbst gesteckt, und das hoch. Vielleicht ist gerade deshalb dieser Staffelauftakt mit #3.01 Seed der bisher schlechteste, obwohl die Episode selbst noch immer durchaus überzeugen kann.
Michonne und Andrea
Die Haupthandlung wird mehrfach von kleinen Episoden aufgebrochen, die Andreas Schicksal beleuchten. Sie wurde im Staffelfinale von einer Frau gerettet, die Comic-Kenner sofort als die berüchtigte Michonne identifizierten. Mit ihr ist Andrea nun unterwegs. Ungeklärt bleibt an dieser Stelle die zeitliche Dimension. Es ist nicht erkennbar, ob die beiden seit Monaten auf der Flucht sind, oder ob an dieser Stelle die Geschichte zwischen der Flucht von der Farm und den Monate später stattfindenden Ereignissen um Ricks Gruppe erzählt wird. Ich persönlich vermute ja, dass hier zwar einige Zeit übersprungen wurde, aber noch keine Monate vergangen sind. Jedenfalls hoffe ich das, denn anderweitig wäre es schon ein gewaltiger Sprung, den ich als Zuschauer nicht nachvollziehen könnte. Außerdem glaube ich, dass an dieser Stelle sonst sehr viel Potenzial verloren gegangen ist.
Man merkt schon jetzt, dass die beiden Frauen zueinander eine enge Beziehung etabliert haben. Denn Michonne besorgt für die offensichtlich kranke und stark geschwächte Andrea Medikamente. Andrea will hingegen nicht, dass Michonne sich ihretwegen in Gefahr begibt und schlägt ihr sogar vor, ohne sie weiter zu ziehen. Das hingegen will Michonne nicht und schlussendlich ziehen sie auch zusammen weiter. Ihre Beziehung ist also schon recht eng, was aber einen kompletten Horizont von Möglichkeiten eröffnet. Das Bonding an sich zu zeigen und die Entwicklung ihrer Beziehung auszudröseln, wäre nur eine Wiederholung der Ereignisse der Gruppenfindung in der ersten Staffel, nachdem Rick zur bereits bestehenden Camp-Truppe stößt. Es ist also ein guter und von mir absolut bevorzugter Kniff, der hier Anwendung findet. Ein nicht näher definierter, jedoch hoffentlich nicht all zu langer, Zeitsprung, der direkt eine etablierte Beziehung zu Grunde legt und damit arbeitet. So wird Zeit gespart, in der man eh nur eine bereits in der Serie mehrfach gezeigte Handlung wiederholt hätte, lediglich mit anderen Personen.
Über Michonne selbst wird in dieser Episode nicht viel offenbart. Sie scheint entschlossen und loyal, doch sonst bleibt diese neue Figur sehr im Hintergrund, was sie mysteriös und unerreichbar erscheinen lässt. So kreiert man Spannung beim Zuschauer, der nun unbedingt mehr über Michonne erfahren will. Ich freue mich auf ihre kommenden Auftritte und ihre Interaktion mit Andrea, die nun hoffentlich endlich eine Storyline bekommt, die ich für mich faszinierend finde.
Alles in allem aber bleiben die kleinen Einschübe mit Andrea und Michonne eher störend. Sie unterbrechen den Erzählfluss und steigern so zwar die Spannung im eigentlichen Handlungsstrang, lassen den eigenen aber verblassen. Der Zuschauer hatte jedes Mal das Gefühl, dass er jetzt etwas bei Rick verpasse, obwohl das natürlich Quatsch ist. Die Einschübe wirken sehr deplatziert und passen einfach nicht recht in den Erzählfluss, was sie vielleicht sogar zu dieser frühen Zeit überflüssig erscheinen lässt. Wahrscheinlich wäre man besser gefahren, hätten sich die Autoren Andreas Schicksal für die nächste Episode aufgespart; vielleicht empfinde ich auch nur so, weil man in den Einschüben im Grunde nichts Wesentliches über Andrea, Michonne und ihr Schicksal erfährt.
Der Zeitsprung
Rein optisch ist der Zeitsprung schon alleine nötig gewesen, da Chandler Riggs (Carl Grimes) über die Drehpause hinweg so an Körpergröße zugelegt hat, dass eine direkte Anknüpfung unlogisch erschienen wäre. Obwohl er schon zwischen erster und zweiter Staffel einen Wachstumsschub erfahren hatte, fiel das da kaum auf, da er seine kindlichen Gesichtszüge behielt. Nun aber sind diese viel strengeren gewichen. Es ist offensichtlich, dass aus dem elfjährigen Darsteller aus Staffel eins ein Teenager geworden ist. Somit ist der Sprung über mehrere Monate schon optisch absolut nachvollziehbar.
Auch nimmt der Zeitsprung einiges an Hektik aus der Serie, wohl gemerkt Hektik, nicht Spannung. Hier wird man vor vollendete Tatsachen, Rick und seinen Status in der Gruppe betreffend, gestellt. Da gibt es keine Diskussionen darüber, wer das Sagen hat. Wie schon von ihm selbst proklamiert, ist er es, der die Gruppe anführt. Mittlerweile hat sich ein jeder an diesen Stil gewöhnt. Vor allem aber auch, weil Rick andere Meinungen zulässt. Jeder kann seine Meinung frei äußern und es werden Möglichkeiten besprochen. Trotzdem ist es Rick, der die Entscheidungen fällt. Da aber jeder eine Stimme hat, entsteht beim einzelnen keine Frustration, sondern das Gefühl, dass Rick auf jeden hört und die beste Lösung findet. Dass sie bisher überlebt haben, spricht an dieser Stelle sehr für ihn und seinen Führungsstil. Daryl hat den Platz als rechte Hand Ricks eingenommen und scheint mit dem Posten sehr zufrieden. Hershel ist zu einer Art Seelenklemptner geworden, was gut zu ihm passt. Alles in allem gibt es aber zwei Beziehungen, die besonders aus der Masse stechen. Da ist zum einen natürlich die zwischen Rick und Lori, aber auch die zwischen Daryl und Carol scheint sehr interessant.
Lori & Rick und Carol & Daryl
Lori ist nun sehr weit in ihrer Schwangerschaft. Ihre Beziehung zu Rick ist recht erkaltet und beide giften sich häufig an. Rick weiß nicht so recht, wohin er schauen soll und meidet den Blick seiner Frau. Er beschäftigt sich mit den Angelegenheiten der Gruppe. Sie reden kaum miteinander, trotzdem ist die Kommunikation zwischen ihnen sehr heftig. Es stehen eine menge unausgesprochener Dinge zwischen ihnen, die Lori gerne besprechen würde, welche Rick aber gar nicht hören will. Lori überkommen Zweifel und vor allem Ängste. Der Winter ist vorüber und die Geburt steht kurz bevor. Hershel vertraut sie sich an, der versucht sie zu beruhigen. Die Beziehung zwischen den beiden einst eng verbundenen und sich innig liebenden Figuren hat einen gewaltigen Riss bekommen, der sehr gut in die Handlung miteingebaut wurde.
Ebenso klug platziert war auch die Richtigstellung der Beziehung zwischen Daryl und Carol. Haben viele vermutet, und teilweise sicher auch gehofft, dass die beiden ein Paar werden würden, wird hier in einer Szene klargestellt, dass die beiden eine sehr vertraute Freundschaft entwickelt haben. Carol macht gar einen Witz darüber, dass es in einem sehr persönlichen Moment romantisch angehaucht ist und schlägt vor, dass sie nun rummachen könnten. Darauf lachen beide und man merkt, wie locker sie miteinander umgehen. Gerade für Daryl ist das ein gewaltiger Schritt, der hier über den Winter gemacht wurde. Der völlige Außenseiter findet nicht nur Anschluss und Anerkennung in der Gruppe, sondern in Carol auch eine Freundin. Außerdem scheint Carol über den Verlust ihrer Tochter hinweg zu sein. Eine sehr schöne Entwicklung, über die ich mich sehr freue. Schlussendlich ist an der Carol-Daryl-Front sicherlich noch nicht jedes Wort gesprochen, denn wie oft wurde aus Freundschaft am Ende doch Liebe?
Das Gefängnis
Ich musste ja schon etwas lächeln, als Daryl und Rick das Gefängnis entdecken, da sie bereits seit Monaten durch die Gegend zogen und ich als Zuschauer soll nun glauben, dass sie die Einrichtung dabei nie gefunden haben oder auf einer Karte verzeichnet fanden? Das ist der eine Erzählpunkt, wo man als Zuschauer einfach einmal beide Augen verschließen muss. Einmal abgesehen davon, ging mir die Reinigung des Gefängnisaußenbereichs etwas zu schnell vonstatten. Da hatte ich mir mehr erhofft, vor allem in Anbetracht der vorher schon veröffentlichten Promo-Bilder die Szene betreffend. Dafür wurde man als Zuschauer durchaus von einem Detail überrascht, nämlich den gepanzerten Wachen, die als Zombies durch die Gegend wankten und zunächst unzerstörbar schienen. Und hier finden wir auch die beste Szene in der Episode. Rick, der einem der Zombies den Helm abzieht und dabei sein gesamtes Gesicht mit entfernt. Eine unglaublich gute Szene, die mich wirklich traf. Natürlich verwesen die Zombies ja und unter dem Helm sicherlich noch besser als an der frischen Luft. Das ist meine Maske der Episode, großartig!
Dass am Ende noch einmal alle durch die Gänge eilen mussten, Zombies kommen und Rick Hershels Bein mit einem Beil amputiert, ist schon harter Toback, den ich gerne erst in der kommenden Episode gesehen hätte. Ein Finale nach dem Biss hätte gereicht. Doch nun sehen wir schon ganz früh, wozu Rick fähig ist und vor allem, dass es in dem Gefängnis Überlebende gibt. So gibt es auch in dem hermetisch abgeriegelten Gefängnis neue Charaktere, die die funktionierende Gruppendynamik aufbrechen werden.
Fazit
Am Ende der ersten Episode gibt es viel Positives zu berichten, aber auch Entwicklungen, die nicht so ganz nachvollziehbar sind oder dem Zuschauer einiges abverlangen. Die Kulissen und Masken sind nach wie vor genial, trotzdem ist das Erzähltempo ziemlich schnell, was einiges an Spannung kreiert, gleichzeitig aber viel Stimmung killt. Der Einstand in die dritte Staffel ist gelungen, da viele Grundsteine für kommende Storylines gesetzt wurden. Eine sehr solide erste Folge.
Jamie Lisa Hebisch - myFanbase
Die Serie "The Walking Dead" ansehen:
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Diskussion zu dieser Episode
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Informationen zur Episode
Englischer Titel: SeedErstausstrahlung (US): 14.10.2012
Erstausstrahlung (DE): 31.10.2013
Regie: Ernest R. Dickerson
Drehbuch: Glen Mazzara
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