Bewertung

Review: #6.05 Hier und Jetzt

Foto: Ross Marquand, The Walking Dead - Copyright: Gene Page/AMC
Ross Marquand, The Walking Dead
© Gene Page/AMC

Das Tempo ist erst einmal raus. Die Ereignisse in Alexandria haben Spuren bei den Bewohnern hinterlassen, die sich nicht so einfach wegwischen lassen. Es ist das erste Mal, das Alexandria von einer Katastrophe eines solchen Ausmaßes betroffen war und die Spur der Verwüstung und des Todes, den die Wölfe hinterlassen haben, zwingt die Menschen in der kleinen Enklave dazu, einen neuen Blick auf ihr Leben zu werfen. Manche verzweifeln daran. Andere wiederum, beginnen die Welt als das zu sehen, was sie ist. Wieder andere wachsen an der neuen Realität über sich hinaus. Das alles führt jedoch zu einer starken Entschleunigung im Erzählfluss.

"I can’t watch more names go up on that wall."

Das wichtigste (oder nervigste) zuerst – wir wissen noch immer nicht, ob Glenn vielleicht doch überlebt hat. Die Chancen schwinden von Folge zu Folge und da die Siedlung nun von Beißern umzäunt ist, muss man wohl darauf warten, dass irgendwann Daryl, Abraham und Sasha auftauchen und diese weglocken, so dass man sich auf die Suche nach Glenn begeben kann. Vielleicht finden auch eben diese drei Charaktere Glenn, in welcher Art und Weise auch immer. Zu befürchten ist jedoch, dass sich die ganze Sache nun noch bis zum den Midseason-Finale Ende November ziehen wird und wir dann entweder eine Situation wie damals mit Sophia erleben werden oder Glenn wird erschöpft, aber überglücklich in Maggies Arme fallen.

Apropos Maggie. Die interessanteste Nachricht kommt in dieser Woche von ihr. Sie ist schwanger. Deswegen war sie in Alexandria zurückgeblieben und hat die Gruppe nicht auf ihrer Mission, die Beißer aus der Grube wegzulocken, begleitet. Es überrascht mich nicht wirklich auch wenn ich nicht so bald damit gerechnet hätte. Es bringt auf jeden Fall noch eine weitere, sehr emotionale Seite in die ganze Geschichte.

Maggies und Aarons Versuch, an den Beißer vorbei nach draußen zu gelangen, war das spannendste Segment dieser Episode. Die Szenen in den Abwasserkanälen der alten Siedlung waren gut gemacht und die Maske hat mit den beiden Beißern wirklich hervorragende Arbeit geleistet und mal wieder richtig tief in die Ekelkiste gegriffen. Doch auch wenn die spannenden Momente sicherlich der Folge gut getan haben, so war es doch auch schön mitanzusehen, dass sich in Maggie und Aaron zwei Menschen gefunden haben, die einander Halt geben können in einer Zeit der Unsicherheit. Schön, dass es noch so etwas wie aufkeimende Freundschaften gibt, die inmitten des Chaos überzeugen können.

"This is what life looks like now."

Aaron ist und bleibt leider der einzige "Alexandriner", der die Zuschauer wirklich packen kann. Der Rest bleibt noch immer recht blass. Spencer verhindert zwar einen Raubzug durch die Vorratskammer Alexandrias, kommt mit der neuen Situation jedoch weit weniger klar, als es den Anschein hat und betrinkt sich erst einmal selbst. Die einst so souverän aufgetretene Deanna ist vollkommen hilflos und übergibt am Ende die Führung der Siedlung an Rick, wohl wissend, dass sie sich zusammenreißen muss, wenn sie ihre Utopie einer sicheren Zuflucht für die Menschen bieten will.

Auch der Rest Alexandrias ist starr vor Angst oder hat mit dem Leben bereits abgeschlossen. Nur wenige kriegen hier in dieser Episode die Kurve. Jessie beispielsweise. Sie erkennt, dass es keinen Sinn hat, vergangenen Situationen nachzutrauern und akzeptiert, dass das Leben sich verändert hat. Und sie hat auch keinen Scheu davor, den anderen klar zu machen, dass sie keine Wahl haben, als das neue Leben zu akzeptieren, wenn sie alle Überleben wollen. Ihre kleine Ansprache vor dem Haus einer jungen Frau, die sich aus Panik selbst das Leben genommen hat, nur um dann als Zombie wiederaufzustehen, ist vielleicht nicht so kraftvoll wie Ricks Reden es sonst sind, aber immerhin bringt sie einige Menschen dazu, über ihre Einstellung nachzudenken. So bringt sie die junge Medizinerin Denise nicht nur dazu, endlich ihre Angst zu besiegen, Menschen umzubringen, sondern sie schafft es sogar, dass sie sich Tara öffnet und neues Vertrauen in die Zukunft fasst.

Randnotizen

    Carl gerät mal wieder mit Jessies Sohn aneinander, da er vor hat, sich auf die Suche nach Enid zu machen, die ja noch vor Ricks Eintreffen mit den Beißern die Stadt verlassen hat. Ich bin gespannt, ob er tatsächlich noch losgeht, um sie zu finden.
  • Carol war in dieser Episode nirgends zu sehen. Auch Morgan durfte nur kurz in die Kamera nicken. Der Cast ist einfach zu groß, um jeden gerecht zu werden.
  • Rick und Jessie – es hatte sich ja bereits abgezeichnet und dennoch ist es eigentlich etwas, was ich nicht bräuchte. Solange die aufkeimende Beziehung nicht richtig prominent in die Episoden eingearbeitet wird, dürfen die beiden sich gerne miteinander vergnügen
  • Wie ist Rick eigentlich aus dem RV entkommen? Hätte ich wirklich gerne gesehen. Er muss auf jeden Fall top in Form sein, wenn er den ganzen Weg vor der Herde her gerannt ist.

Fazit

Es ist eine sehr ruhige, dialoglastige Episode geworden ohne richtig große Höhepunkte oder Antworten auf Fragen, die die Zuschauer so brennend interessieren. Es ist vielleicht die Ruhe nach oder auch vor dem Sturm und sicherlich auch in Ordnung im Verlauf der Staffel. Man war nur so gewöhnt, dass es schnell, laut und brutal vorwärts geht, dass Episoden wie diese ein wenig deplatziert wirken, denn wenn "The Walking Dead" überzeugen kann (abgesehen von den großartigen bottle-episodes wie letzter Woche), dann es durch harte Action und dramatische Wendungen. Und die fehlte hier doch über weite Strecken, so dass man sich auf die Präsenz der vielen Darsteller verlassen musste. Und mit der Abwesenheit der Key Player (Daryl, Glenn, Michonne, Morgan und auch zu großen Teilen Rick) war das alles einfach ein wenig fad.

Melanie Wolff - myFanbase

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